Atmosphärenwissenschaftler der Universität Leipzig sind vor wenigen Tagen von einer Polarexpedition aus Nord-Kanada zurückgekehrt, meldet die Universität Leipzig. Das Team, zu dem ebenso Forscher aus Mainz und Clermont-Ferrand (Frankreich) sowie des Forschungszentrums Jülich, des Karlsruher Instituts für Technologie, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und des Alfred-Wegener-Instituts und des Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung (AWI) gehörten, verbrachte mehr als fünf Wochen bei Minustemperaturen und Schneefall in der Kanadischen Arktis.

Die Wissenschaftler wollten neue Erkenntnisse über das arktische Klima gewinnen. Inuvik, die 200 Kilometer nördlich des Polarkreises am Mackenzie Delta gelegene Kleinstadt, war Basis der internationalen Messkampagne RACEPAC (Radiation-Aerosol-Cloud Experiment in the Arctic Circle). Federführend für die Koordination der Messungen war das Leipziger Institut für Meteorologie (LIM) unter Leitung von Prof. Dr. Manfred Wendisch.

Mit zwei Forschungsflugzeugen des AWI sowie kontinuierlichen Messungen einer Bodenstation versuchten die Wissenschaftler, dem Phänomen der “Arctic Amplification” – dem verstärktem Klimawandel in der Arktis – auf den Grund zu gehen.

“Der globale Klimawandel zeigt sich in der Arktis mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen und einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung noch deutlicher als anderswo auf der Welt”, sagt Dr. André Ehrlich vom LIM, der die wissenschaftlichen Arbeiten vor Ort hauptsächlich koordinierte. Während in der globalen Mitteltemperatur ein Anstieg von knapp einem Grad Celsius seit Beginn des 20. Jahrhunderts beobachtet wurde, liegt die Temperaturänderung nördlich des 67. Breitengrades im Bereich von zwei bis drei Grad Celsius. Wie die Forscher erklären, sind Wolken dabei ein entscheidender, aber bei weitem noch nicht ausreichend gut verstandener Parameter des komplexen Klimasystems. Durch den hellen Untergrund und die niedrige Sonne wirken tiefe Wolken in der Arktis im Gegensatz zu ihren mitteleuropäischen Artgenossen im Mittel erwärmend. Diese Besonderheiten sowie der komplexe Aufbau der arktischen Wolken, die sowohl Eiskristalle als auch flüssige Wassertropfen enthalten können, sind besonders interessant für die Wissenschaftler.Die beiden Forschungsflugzeuge Polar 5 und 6 wurden mit einer Vielzahl hochmoderner Messgeräte ausgestattet, um arktische Wolken und deren Wirkung im arktischen Klimasystem möglichst genau zu charakterisieren. Neben Geräten zur Vermessung der Eiskristalle und Tröpfchen in den Wolken sowie der Aerosolpartikel in- und außerhalb der Wolkenbereiche waren auch zahlreiche Fernerkundungsinstrumente an Bord. Diese ließen Aussagen über die Strahlungseigenschaften und die damit verbundene erwärmende Wirkung der Wolken zu. Mit den beiden ausgerüsteten Flugzeugen wurden in den vergangenen Wochen jeweils 15 Messflüge von drei bis vier Stunden Dauer über der Beaufortsee unternommen und viele hochwertige Messdaten gewonnen.

Das einmalige an den Messungen von RACEPAC ist, dass beide Forschungsflugzeuge so koordiniert werden, dass die Strahlungseigenschaften und der Aufbau der Wolken gleichzeitig vermessen werden. “Mit dieser Strategie wollen wir die verschiedenen Messgrößen besser verknüpfen, um die gewonnenen Ergebnisse künftig einfacher in Wetter- und Klimamodelle einbinden zu können”, erläutert Physiker Dr. Andreas Herber, der am Alfred-Wegener-Institut die Flugkampagnen zur Atmosphärenforschung koordiniert.Zu den Flügen kommen weitere Daten von einer Bodenstation, die nahe der Küste zum Arktischen Ozean in Tuktoyaktuk stationiert war und in einem besonderen Container des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie (unter Beteiligung des Leipziger Leibniz-Institutes für Troposphärenforschung TROPOS sowie des KIT) betrieben wurde. “Mit diesen Messungen soll unter anderem herausgefunden werden, wie die bodennahe Luft zur lokalen Wolkenbildung beiträgt”, erklärt der leitende Wissenschaftler Prof. Dr. Stephan Borrmann (Universität Mainz und MPI für Chemie).

Weitreichende Schlussfolgerungen aus den Messungen erwarten die Wissenschaftler innerhalb der nächsten zwei Jahre, nachdem die Daten im Detail analysiert wurden. Erste direkte Erkenntnisse zeigen sich jedoch schon jetzt: Als Resümee der Polarexpedition stellen die Forscher fest, dass die Wolken weitaus variabler waren, als es nach dem bisherigen Vorstellungen zu erwarten gewesen wäre. So brachte jeder Messflug seine eigenen kleinen Überraschungen mit sich.

Quelle: Universität Leipzig

www.uni-leipzig.de/~racepac/index.html

www.uni-leipzig.de/~meteo

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