Am Freitag, 8. November, fiel die Entscheidung: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert ab 1. April 2014 das am Institut für Linguistik der Universität Leipzig angesiedelte Graduiertenkolleg "Interaktion Grammatischer Bausteine". Ausgewählte Forscher aus aller Welt können nun in Leipzig grammatische Systeme untersuchen und erforschen.
“Wir freuen uns sehr”, sagt der Sprecher des künftigen Kollegs, Prof. Dr. Gereon Müller vom Institut für Linguistik der Universität Leipzig. Am vergangenen Freitag hatte er von der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Zusage für das Graduiertenkolleg “Interaktion Grammatischer Bausteine” erhalten. Die Förderperiode geht über viereinhalb Jahre und kann noch einmal um denselben Zeitraum verlängert werden. Gemeinsam mit Kollegen von der Universität Leipzig und dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie hatte Müller dieses große Forschungsvorhaben ins Leben gerufen. Das Graduiertenkolleg legt den Schwerpunkt auf die Phonologie, Morphologie und Syntax natürlicher Sprachen.
Die Erforschung dieser Komponenten der Grammatik, also der Verteilung und Kombination von Sprachlauten, der inneren Struktur von Wörtern und des Aufbaus von Sätzen, ist in der vergangenen Zeit tendenziell vernachlässigt worden. “Im letzten Jahrzehnt gab es wenig herausragende, international erfolgreiche Dissertationen in den Bereichen Phonologie, Morphologie und Syntax, die an deutschen Universitäten entstanden sind”, sagt Müller. In den existierenden Sonderforschungsbereichen mit sprachwissenschaftlichem Schwerpunkt wird der Fokus meist auf die Semantik, als die Bedeutungsebene von Sprache, gelegt.
Das Graduiertenkolleg “Interaktion Grammatischer Bausteine” wird sich mit dem algorithmischen Teil der Grammatik beschäftigen. Wissenschaftler aus aller Welt sollen die möglichen Interaktionen grammatischer Bausteine aus verschiedenen theoretischen Perspektiven untersuchen. Welche Bausteine, also Regeln, Beschränkungen und Schemata der Sprache gibt es und wie interagieren sie miteinander? Welche Regel hilft der anderen? Wie wirken sie gemeinsam oder nacheinander? Dieser spezielle Zugang zur Sprache betrifft den direkten Kern der Grammatik.”Wie funktioniert Sprache und warum funktioniert sie so, wie sie funktioniert? Das ist die Grundfrage, die allem voraus geht”, sagt der Sprachwissenschaftler. “Die menschliche Sprachfähigkeit ist ein Wunder. Wir alle haben sie, aber den wenigsten ist eigentlich klar, dass vollkommen offen und erklärungsbedürftig ist, wie dieses System funktioniert”, fügt Müller hinzu. Das Graduiertenkolleg, an dem insgesamt zehn Wissenschaftler und drei assoziierte Wissenschaftler beteiligt sind, will sich dieser Grundfrage nähern. Dabei soll die Ausprägung der allgemeinen menschlichen Sprachfähigkeit in verschiedenen Einzelsprachen betrachtet werden. Es werden also einerseits Detailphänomene einer Einzelsprache aber auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Sprachen untersucht. Je mehr Informationen über jede Sprache vorliegen, umso genauer kann geforscht werden. Auch deswegen sei es wichtig, die vom Aussterben bedrohten Sprachen so genau wie möglich zu dokumentieren, sagt Müller.
Im Graduiertenkolleg wird auch die kognitive psycholinguistische Perspektive eine Rolle spielen. In Zukunft sollen zwölf Doktoranden und Postdoktoranden am Kolleg forschen, hinzu kommen zehn weitere Nachwuchswissenschaftler aus anderen Projekten oder mit individuellen Stipendien. Sie alle erhalten eine individuelle Betreuung durch die beteiligten Wissenschaftler. Es werden regelmäßig Gastdozenten eingeladen, Klausurtagungen abgehalten, zudem sind mehrmonatige Gastaufenthalte in London, Massachusetts, Cambridge und Baltimore geplant. Die Ausbildung am Graduiertenkolleg, welches als Graduiertenzentrum in die Research Academy Leipzig eingegliedert ist, wird in englischer Sprache erfolgen.
Quelle: Uni Leipzig, Claudia Euen
www.uni-leipzig.de/~asw
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