Da denkt man, nur die Briefwechsel von Dichtern, Musikern, Philosophen oder Prof. Gottsched seien für die Nachwelt interessant. Aber denkste, auch königliche und fürstliche Briefwechsel sind von Interesse. Erst recht, wenn sie brisante Zeiten beleuchten - zum Beispiel die Religionspolitik und Staatswerdung in Sachsen. Freude also für die Sächsische Akademie der Wissenschaften: Sie bekam ein Brief-Projekt bewilligt.

Nach der Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) wurde am 22. November die Bewilligung dieses neuen Akademie-Vorhabens der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig bekannt gegeben, das nun in das Akademienprogramm von Bund und Ländern aufgenommen wird. Es trägt den Titel “Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung”. Das neue Forschungsprojekt wird eine Laufzeit von 15 Jahren haben, Projektleiter sind die Akademiemitglieder Prof. Dr. Armin Kohnle und Prof. Dr. Manfred Rudersdorf, beide von der Universität Leipzig.

Das Forschungsvorhaben widmet sich grundlegenden Wandlungsprozessen in der europäischen Kultur, die sich durch die Reformation vollzogen. So kulminieren, zunächst in Mitteleuropa, in der Reformation vielfältige Erneuerungsbestrebungen, unter denen die bedeutendste der Humanismus war. Die Reformation lutherischen Typs ging vom ernestinischen Kursachsen aus. Das war der westliche Landesteil, der in der Leipziger Teilung von 1485 den Ernestinern zugefallen war. Zitat aus Wikipedia: “Die Leipziger Teilung gilt als die folgenschwerste Fehlentscheidung der sächsischen Geschichte.”Denn sie schwächte Sachsen, das gerade zu den wichtigsten Fürstentümern im Heiligen Römischen Reich aufgestiegen war, auf Jahrzehnte hin nachhaltig und stellte die Weichen dafür, dass künftig zwei andere Fürstentümer die Dominanz erlangten und die deutsche Politik mit einer Dauerfehde bestimmten: Österreich und Brandenburg (Preußen). Und die Teilung hemmte auch die Einführung der Reformation, denn die wurde im Albertinischen Sachsen erst nach dem Tod Georg des Bärtigen 1539 eingeführt.

Mit Friedrich dem Weisen und Johann dem Beständigen kommen zwei ernestinische Kurfürsten ins Bild, zwei Brüder. Friedrich war es, der Luther beschützte und die Reformation im ernestinischen Kursachsen einführte.

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Eine dichte Überlieferung von Quellen bietet jetzt den besonderen Glücksfall, dass am Beispiel der Wittenberger Reformation und der sächsisch-ernestinischen Herrscher Prozesse nachvollzogen werden können, die von grundsätzlicher Bedeutung für die europäische Entwicklung sind.

Mit der Edition der Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen soll der Forschung erstmals in einer wissenschaftlichen Ausgabe das Material zur Verfügung gestellt werden, in dem sich kirchenpolitische Handlungen und Motive der sächsischen Reformationsfürsten spiegeln, unter denen die deutschland- und europaweit ausstrahlende reformatorische Bewegung begann. Darüber hinaus kann in der Regierungszeit Johanns des Beständigen nach 1525 der Übergang in die Phase einer geregelten obrigkeitlichen Reformation dokumentiert werden. Die Reihenfolge “Briefe und Akten” ist bewusst gewählt, weil die skizzierte Entwicklung zu einem erheblichen Teil in Korrespondenzen und landesfürstlichen Anordnungen zu fassen ist.

Das Vorhaben ist für die Laufzeit von 15 Jahren (2014 bis 2028) geplant.

www.saw-leipzig.de

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