Das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie und das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften aus Leipzig forschen gemeinsam daran, frühe Indikatoren für Legasthenie zu finden. Ziel des Projekts Legascreen ist es, Legasthenie bereits im Kleinkindalter zu erkennen und dadurch früher und effektiver zu behandeln. So soll vielen Betroffenen der Start in das Schulleben und somit auch in das spätere Berufsleben erleichtert werden.

Das Projekt befindet sich im ersten Drittel seiner Laufzeit – erste Erkenntnisse konnten bereits gewonnen werden.

Legasthenie ist eine schwere und andauernde Störung im Erwerb und Gebrauch der Schriftsprache. Den Betroffenen fällt es schwer, Gesprochenes in Schrift umzusetzen und umgekehrt. Dabei ist diese Form der Lese-/Rechtschreibschwäche keineswegs mit einer verminderten Intelligenz assoziiert. Da in der heutigen Gesellschaft jedoch ein Großteil des Wissenserwerbs und -austauschs schriftsprachlich erfolgt, gehört die Legasthenie zu den bedeutendsten Entwicklungsstörungen unserer Zeit.

“Etwa fünf Prozent aller Schulkinder sind von Legasthenie betroffen, jedes Jahr kommen allein in Deutschland etwa 30.000 Betroffene hinzu”, erklärt Arndt Wilcke, Arbeitsgruppenleiter am Fraunhofer IZI.

Dabei ist Legasthenie gut therapierbar. Besonders erfolgversprechend erscheint dabei ein frühes Training bereits im Kindergartenalter. Voraussetzung dafür ist jedoch eine frühzeitige Diagnose. Die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Diagnoseverfahren basieren ausschließlich auf schriftlichen und anderen sprachbasierten Tests, die in der Regel erst kurz vor oder nach Schulbeginn möglich sind. Da wesentliche Grundlagen des Schrift- und Spracherwerbs jedoch bereits ab der Geburt erworben werden, geht wertvolle Zeit für die Therapie verloren.

Ein gemeinsames Forschungsprojekt zwischen dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie geht dieses Problem an.

“Ziel ist es, bereits sehr frühe neuropsychologische und genetische Anzeichen von Legasthenie zu identifizieren, die bereits im Kleinkindalter beobachtbar sind, also lange vor dem Erwerb von Lesen und Schreiben”, betont Prof. Dr. Angela Friederici vom Max-Planck-Institut. Zudem soll das Projekt wesentlich zum grundlegenden Verständnis der Legasthenie und ihrer zugrundeliegenden Pathogenese beitragen. Vorangegangene Studien haben gezeigt, dass Legastheniker bereits sehr frühzeitig in der Sprachverarbeitung charakteristische Veränderungen in der Gehirnaktivität zeigen.
Zudem ist bekannt, dass Legasthenie auch genetisch bedingt ist. Somit sind entsprechende neuronale Signaturen und genetische Muster vielversprechende Indikatoren, die zur Diagnose verwendet werden können. Gemeinsam untersuchen die beiden Forschungsinstitute daher Patientengruppen mit modernen hirnphysiologischen und bildgebenden Verfahren (z. B. Elektroenzephalographie (EEG), Magnetresonanztomographie (MRT)) auf solche Veränderungen und identifizieren genetische Risikovarianten anhand von Speichelproben. Aus diesen Erkenntnissen könnte letztlich sogar ein breit einsetzbarer Frühtest entwickelt werden, der zukünftig potenziell gefährdete Kinder identifizieren kann.

Das Projekt befindet sich im ersten Drittel seiner Laufzeit. Es konnte bereits ein beträchtlicher Teil der Studienteilnehmer erfolgreich mit EEG und MRT untersucht werden. Im nächsten Schritt sollen auch die Ergebnisse der genetischen Analysen mit in die Auswertung einfließen. Davon versprechen sich die Wissenschaftler zusätzliche Aufklärung über die zugrundeliegenden Zusammenhänge zwischen Hirnfunktionen und Erbanlagen.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie / Annegret Dorn

www.izi.fraunhofer.de

www.cbs.mpg.de

www.legascreen.de

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