Ab nächste Woche Montag wird Leipzig wieder mal einem seiner vielen Beinamen gerecht und zur Stadt der Wissenschaft. Dann verwandelt sich die Leipziger BioCity in so was wie eine Castingagentur für Koryphäen der Wissenschaft. Über 40 internationale Spitzenforscher werden dann für acht Tage die BioCity zu einem Think Tank der integrativen Biodiversitätsforschung, der Artenvielfalt verwandeln.
“Mit einem bislang einmaligen länderübergreifenden Berufungssymposium ist es uns gelungen, im Interimsquartier des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, hochkarätige Kandidaten aus aller Welt für ihre Bewerbungsvorträge um die neuen Professuren des iDiv zusammenzubringen”, betont iDiv-Direktor Prof. Dr. Christian Wirth die Einzigartigkeit der Veranstaltung. “Wir erwarten dafür neugierige Gäste aus ganz Deutschland.”
Insgesamt acht neue Professuren für Empiriker (angewandte Forschung) und Theoretiker sollen in iDiv entstehen. Sechs von ihnen werden durch die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) finanziert, die zwei weiteren werden durch das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) finanziell getragen. Forschungsziel und Aufgabe sind die Förderung theoriegetriebener Experimente und Synthese sowie datengetriebener Theoriebildung in der Biodiversitätsforschung. Alle Kandidaten werden in öffentlichen Vorträgen in englischer Sprache ihre wissenschaftlichen Erfolge und Forschungsvisionen vorstellen.
Schon am vergangenen Montag, 6. März, hat der Auftakt des Berufungssymposiums mit sieben Vorträgen deutscher und internationaler Wissenschaftler stattgefunden. Für Anfang April ist ein weiterer Tag für die Berufungsverfahren vorgesehen. Nach der Ausschreibung der insgesamt acht Professuren für Empiriker und Theoretiker, die in iDiv entstehen, hatten sich nach weltweitem Head-Hunting 262 Wissenschaftler, darunter 42 Prozent aus dem Ausland, beworben. Acht Kommissionen mit insgesamt 130 Mitgliedern aus vier Fakultäten der beteiligten mitteldeutschen Universitäten haben die Aufgabe, die mehr als 50 Kandidaten aus aller Welt zu bewerten. Die Professuren von iDiv werden ein breites Fächerspektrum bedienen.
“Denn eine Wissenschaft, die die grundlegenden Fragen der Biodiversitätsforschung beantworten soll, muss selbst vielfältig sein und verschiedene Fachrichtungen verbinden”, erklärt Wirth. “Die acht Professuren decken fast alle Facetten der modernen Biodiversitätsforschung ab – von der Molekularbiologie über die Fernerkundung bis hin zum Biodiversitätsschutz. Von den erfolgreichen Kandidaten wird erwartet, dass sie wesentliche Impulse für die Entwicklung einer Theorie der Biodiversität geben. Hier stehen wir noch ganz am Anfang.”Der künftige Erfolg des Forschungszentrums steht und fällt mit seinen wissenschaftlichen Köpfen. Um die Besten der Besten zu finden, dauern die Berufungsverfahren für jede Professur mehrere Tage an. Alle Vorträge werden in Leipzig stattfinden. Für die Mitglieder der Auswahlkommission und interessierte Zuhörer aus Jena und Halle stehen daher Busse zur Verfügung. Die Kandidaten erkunden in einem Rahmenprogramm nicht nur die Stadt Leipzig, ihre Geschichte und Kultur sowie den Botanischen Garten und potenzielle künftige Wohnquartiere. Sie besuchen auch, je nach Anbindung der Professur, die Universitäten in Halle und Jena, um diese kennenzulernen und dort Auswahlgespräche zu führen. “Alle eingeladenen Forscher sind hochkarätige, international anerkannte Spezialisten. Es ist keine einseitige Auswahl, sondern ein gegenseitiges Werben. Auch wir möchten die Kandidaten überzeugen und für die Region und unsere Vision von iDiv begeistern”, erklärt der iDiv-Direktor.
Ziel ist es, bereits Ende des Jahres 2013 die ersten Professuren besetzen zu können.
Die Professuren im Überblick:
Die Professur für Biodiversitätstheorie wird von der Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen und mit einer daten- und syntheseorientierten Herangehensweise umfassende Theorien zur Entstehung und funktionalen Rolle von Biodiversität entwickeln.
Die Professur für Experimentelle Interaktionsökologie wird von der Universität Leipzig berufen und die Rolle der tropischen Diversität und den Zusammenhang zwischen über- und unterirdischen Interaktionsnetzwerken für Ökosystemfunktionen in Zeiten des Klimawandels analysieren.
Die Professur für Molekulare Interaktionsökologie wird von der Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen und unter der Verwendung von “omic” Werkzeugen die strukturelle und funktionelle Diversität in terrestrischen und aquatischen Interaktionsnetzwerken charakterisieren.
Die Professur für Evolution und Adaptation wird von der Universität Leipzig berufen und sich mit der beschleunigten Evolution und Adaptation in Wirt-Erreger-Systemen und invasiven Arten sowie mit der Evolution von Gemeinschaften unter dem Einfluss des Klimawandels befassen.
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Die Professur für Physiologische Diversität wird von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) berufen und unter Zuhilfenahme neuester analytischer Methoden die physiologischen Dimensionen grundlegender funktioneller Trade-offs (Austausche) im Pflanzenreich untersuchen.
Die Professur für Biodiversitätsschutz wird von der Friedrich-Schiller-Universität Jena gemeinsam mit dem UFZ berufen und tief in der theoretischen und empirischen Ökologie und/oder im Naturschutz verwurzelt sein und die moderne Biodiversitätsforschung in neue Naturschutzkonzepte überführen.
Die Professur für Ökosystemdienstleistungen wird von der Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen und experimentelle sowie Freilanddaten ansammeln und analysieren, um Biodiversitätsmuster mit Ökosystemdienstleistungen auf verschiedenen Skalen zu verbinden.
Die Professur für Biodiversitätssynthese wird von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg berufen und groß-skalige Datensätze der Biodiversität, Ökosystemprozesse, Umweltfaktoren und Landnutzung sowie Daten komplexer lokaler Experimente analysieren, um die Biodiversitätstheorie mit Hilfe modernster Berechnungsmethoden zu testen.
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