Es geht den Afrikanern wie den Sachsen: Sie haben ihre Sprachen nicht allein erfunden. Selbst eine scheinbar so typische Sprachgruppe wie die der "Khoisan-Sprachen" entstand nicht in abgeschotteten Gruppen, die nichts miteinander zu tun hatten. Auch sie ist eine Sprache, die in direktem Austausch mit anderen Menschengruppen entstand. Die Genetik beweist es.

In Fachkreisen war bislang umstritten, ob im östlichen und südlichen Afrika lebende Völker, die sogenannte “Khoisan-Sprachen” mit Schnalzkonsonanten sprechen, von gemeinsamen Vorfahren abstammen. Die bislang umfangreichste von einem internationalen Forscherteam unter der Leitung von Brigitte Pakendorf erstellte Studie zur genetischen Diversität dieser Populationen liefert nun aussagekräftige Nachweise dafür, dass eine biologisch-genetische Verbindung zwischen dem östlichen und südlichen Afrika tatsächlich besteht. Darüber hinaus dokumentiert die Studie, dass Jäger- und Sammlerpopulationen im nordwestlichen und südöstlichen Kalahari-Gebiet im südlichen Afrika innerhalb der letzten 30.000 Jahre teilweise genetisch voneinander getrennt waren. Außerdem konnten die Forscher ermitteln, dass vor etwa 1.200 Jahren eine Vermischung dieser Populationen mit Einwanderern aus dem Norden begonnen hat.

Die Populationen, die die “Khoisan-Sprachen” mit Schnalzlauten sprechen und die ältesten genetischen Abstammungslinien bergen, lebten ursprünglich hauptsächlich als Jäger und Sammler, haben aber jetzt teilweise begonnen, diese Lebensweise aufzugeben.

Bei der Untersuchung von Unterschieden in der DNA fand das internationale Forscherteam heraus, dass die Khoisan-Populationen im südlichen Afrika zwei großen Gruppen zugeordnet werden können, die wiederum eine gewisse genetische Verbindung mit Populationen aus dem östlichen Afrika aufweisen.

“Seit Jahren wurden die Jäger- und Sammlerpopulationen im südlichen Afrika als genetisch einheitlich betrachtet”, sagt Brigitte Pakendorf, Wissenschaftlerin am französischen CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique) in Lyon, die die Studie koordinierte. “Unsere Arbeit zeigt jedoch, dass diese Populationen ihre jeweils eigene komplexe Geschichte haben.””Es ist sehr interessant, dass die genetische Daten die zunehmenden linguistischen Hinweise zu bestätigen scheinen, dass Khoisan aus linguistischer Sicht nicht als Familie miteinander verwandter Sprachen betrachtet werden kann, sondern als ein in erster Linie durch Kontaktprozesse entstandener Sprachbund”, ergänzt Tom Güldemann, Co-Autor der Studie und Professor am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin.

In der bislang umfangreichsten Studie zur genetischen Diversität der Khoisan-Völker erhoben die Forscher Daten von 21 Gruppen aus dem südlichen und zwei Gruppen aus dem östlichen Afrika. Sie untersuchten mehr als 500.000 spezifische DNA-Varianten und analysierten die Muster genetischer Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen.

Die ersten Ergebnisse betreffen die im südlichen Afrika lebenden Khoisan. Die Studie zeigt, dass sich in den letzten 30.000 Jahren zwei große genetische Gruppen der Khoisan zeitweise getrennt voneinander weiterentwickelt hatten. Die Analyse zeigt aber auch, dass vor 1.200 Jahren eine Vermischung beider Gruppen mit anderen afrikanischen Populationen, die ins südliche Afrika einwanderten, begonnen hat.

“Alle Khoisan weisen einen bestimmten Vermischungsgrad auf”, sagt Joseph Pickrell, der an der Harvard Medical School forscht und Erstautor der Studie ist. “Bei einigen Populationen ist dieser nur sehr klein, da sie größtenteils isoliert lebten. Andere Khoisan weisen einen sehr hohen Vermischungsgrad auf.”

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“Diese Studie war nur durch das Zusammenkommen ausgezeichneter Ressourcen möglich, darunter eine umfangreiche Probensammlung sowie neue statistische und genetische Werkzeuge. Mit deren Hilfe konnten wir über die jüngste Geschichte der Vermischung hinausblicken um etwas über die Verwandtschaften von Khoisan-Populationen zu erfahren, die vor tausenden von Jahren lebten”, sagt Co-Autor Mark Stoneking, Professor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

David Reich, ein weiterer Co-Autor und Professor für Genetik an der Harvard Medical School ergänzt: “Die genetische Verbindung, die wir zwischen Jägern und Sammlern aus dem südlichen und östlichen Afrika gefunden haben, ist äußerst spannend. Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass vor Beginn der Migrationen aus dem Norden diese Populationen über ein riesiges Gebiet – einschließlich Tansania und das südliche Afrika – verbreitet gewesen sein könnten.”

Quelle: Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, SJ/HR

www.eva.mpg.de

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