Die wirklich großen Abenteuer unseres Lebens sind irgendwie doch diese ganzen blöden Turbulenzen in der Pubertät. Und die arme Mira, die wir nun schon mit sechs Comics durch ihr Leben begleiten konnten, kommt nun ganz unerbittlich in diese chaotische Zeit, in der die Gefühle noch viel schlimmer Kobolz schlagen, als das in der Zeit davor schon der Fall war. Und eins ist am Ende klar: Wir haben keine Macht darüber, wo unsere Liebe hinsteuert.
Was auch im späteren Leben noch regelmäßig zu Verwirrungen, Katastrophen und Wirbelstürmen führt. Miras Mama weiß das und kann die Kleine zumindest trösten, als es das Mädchen auf einer Klassenfahrt ins Zeltlager erwischt. Ja, stimmt ja: Man fängt sich sowas ein wie eine Grippe. Und hat dann auch Fieber, Kopfschmerzen, flaue Gefühle im Bauch und – ein schlechtes Gewissen.
Dabei ist Mira ja mit Gunnar befreundet. Und das ist schon eine Menge in diesem Alter, in dem sich die kleinen Heranwachsenden ja immerfort daran messen, was die anderen haben und was nicht. Und einen richtigen Freund zu haben, ist manchmal das Allerwichtigste von der Welt. Erst recht, wenn man sich – wie Miras Freundin Karla – sowieso schon ein bisschen mickrig und übersehen fühlt.
Und wenn man das so hinschreibt, merkt man: Na doll – das geht einem ja auch später so. Wir brauchen Aufmerksamkeit und Anerkennung. Und gerade wenn wir uns klein und grau fühlen, brauchen wir ganz viel davon. Und werden zutiefst traurig, wenn wir davon so gar nichts abkriegen.
Gefühle nehmen keine Rücksicht
Wobei man mit Mira erleben kann, dass das vielleicht auch an uns liegen könnte. Denn manchmal muss man sich die Aufmerksamkeit holen. Auch wenn am Anfang eigentlich nur ein freundliches Lächeln stand, das eigentlich gar nichts bedeutete. Aber das Lächeln von Simon aus der anderen Gruppe, die in der Nachbarschaft zeltet, genügt völlig, um Mira völlig von der Rolle zu kriegen und sie jede Chance nutzen zu lassen, mit Simon irgendwie zusammenzukommen.
Was natürlich nicht nur für den sehr zurückhaltenden Gunnar, sondern erst recht für Klara – sorry: Karla – zu einer Tragödie wird. Die natürlich diesen feschen Simon auch ein bisschen anhimmelt. Ist eben so. Gefühle nehmen keine Rücksicht. Und so wird diese Klassenfahrt ganz klassisch ein bisschen dramatisch und hat viele kleine Nachspiele, denn danach hat gerade Mira einiges zu erklären, wo sie sich doch keiner Schuld bewusst ist.
Und das Leben geht sowieso weiter. Nicht nur mit dem Tod eines viel geliebten Kaninchens, sondern auch mit Miras eigener Erfahrung damit, dass Andere nun weder auf sie, noch auf ihre Gefühle Rücksicht nehmen. In diesem Fall sind es ihr Vater und seine Lebensgefährtin, die keinen Gedanken daran verschwendet haben, dass sie Mira einfach mal so als Babysitterin einspannen, ohne sie vorher zu fragen.
Ihr seid jetzt keine Kinder mehr
Es geht als nicht nur Kindern und Jugendlichen so. Auch wir Erwachsenen bringen es locker fertig, die geliebten Menschen um uns durch lauter Gedankenlosigkeit einfach so mal vor den Kopf zu stoßen und sie dann mit ihrer Enttäuschung allein dastehen zu lassen. Das hat natürlich ähnliche Gründe. Aber manchmal sind es eben auch diese komischen Gefühle, die uns blind machen. Und mit denen wir einfach dachten endlich fertig zu sein, nachdem wir all diese frustrierenden Erlebnisse in der frühen, mittleren und späten Pubertät gehabt haben.
Mit Mira wächst man erst so langsam hinein in diese verflixte Lebensphase. Es ist der siebente Mira-Comic, den der Klett Kinderbuch Verlag aus der Werkstatt der beiden Dänen vorlegt. Eine Serie, die so nebenbei zeigt, dass es auch den Kindern oben im Norden genauso geht wie denen bei uns. Und mancher fühlt sich wie Gunnar, manche wie Mira – und wahrscheinlich schrecklich viele wie Karla.
Und dabei haben die Kinder in dieser Geschichte noch Glück, denn der neue Bio-Lehrer Hugo Hansen hat sehr viel Verständnis für ihre Probleme: „Ihr seid jetzt keine Kinder mehr und macht gerade viele Veränderungen durch, da geht es schon mal drunter und drüber.“
Wer wüsste das nicht? Aber richtig kompliziert wird es ja, wenn man darüber auch noch reden soll. Es geht ja um Gefühle, und zwar jede Menge komische und blöde. Aber wer sich mit den Mira-Comics so ins Leben liest, der schaut gewissermaßen von außen auf all diese Dinge, sieht die Welt mit Miras Augen und wird sich oft genug sagen: Genau so war’s bei mir auch. Oder ein bisschen anders.
Und Erwachsene, die dabei sitzen, werden seufzen: bei mir auch.
Und manche werden auch sagen – wie Miras Mama: Das hört eigentlich nie wirklich auf. Jedenfalls nicht, solange man sich verliebt und flatternde Gefühle im Bauch hat.
Sabine Lemire, Rasmus Bregnhøi „Mira. #sommer #klassenfahrt #herzklopfen“ Klett Kinderbuch Verlag, Leipzig 2024, 16 Euro.
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