Warum kriegen es unsere Regierungen einfach nicht hin, das Land klimaneutral zu machen? Warum werden sie dabei auch noch von so vielen Menschen unterstĂźtzt, die wissen, wie schlimm der Klimawandel wird, und die trotzdem nichts ändern wollen? Warum wird stattdessen gegen die paar Hanseln von der âLetzten Generationâ gemobbt, was das Zeug hält? Ist das wirklich nur pure menschliche Dummheit? Sind wir nicht lernfähig? Oder kĂśnnen wir gar nicht anders mit unserer vorsintflutlichen Gehirnausstattung?
So spitz stellt Henning Beck die Fragen nicht. Aber er ist Biochemiker und Neurowissenschaftler. Er weià also, wie unser Gehirn funktioniert. Und warum es so funktioniert. Wobei er eines ganz bestimmt nicht infrage stellt: dass es ein faszinierendes Organ ist, das wir oft gar nicht genug zu schätzen wissen.
Aber es hat seine TĂźcken, die man kennen sollte, wenn man Politik macht und Dinge verändern will. TĂźcken, die eigentlich âMechanismenâ sind, mit denen sich das menschliche Gehirn jede Menge Energie erspart. Denn es ist schon von Natur aus ein energieaufwendiges Organ. Nur war das in der wilden Natur, in der der Mensch erst einmal zum Homo sapiens werden musste, auch immer ein Problem: Wenn es nicht genug energiereiche Nahrung gibt, ist es von evolutionärer Notwendigkeit, dass auch dieses revolutionäre Denkorgan Prozesse entwickelt, mit denen es sich seine Arbeit vereinfacht, Routinen entwickelt und stets bestrebt ist, in einen sparsamen Modus Ăźberzugehen. Probleme, Konflikte und anstrengende Situationen mag es gar nicht, um es einmal so lax zu formulieren.
Unvorstellbare Zukunft
Auch Henning Beck bevorzugt eine manchmal sehr bildhafte Sprache, um seinen Leserinnen und Lesern klarer zu machen, was da eigentlich in unserem Gehirn passiert, wenn wir wirklich harten Herausforderungen und Problemen begegnen. Was ja augenblicklich in voller Packung zu erleben ist: Klimakrise, Energiekrise, Krise der Demokratie, Finanzkrise, Artensterben, Krieg in der Ukraine, Flßchtlingskrise, Fachkräftekrise ⌠Man findet ja gar kein Ende. Und landet ziemlich schnell an dem Punkt, an dem man sich fragt: Warum haben das unsere Regierungen nicht alles schon vor Jahren angepackt? Dass Klima- und Energiekrise anrollen, wissen wir doch schon seit ßber 50 Jahren.
Aber so tickt â leider â das menschliche Gehirn. AuĂer bei ein paar wenigen Menschen, die wie Wissenschaftler denken oder sich engagieren, weil sie sich tatsächlich ausmalen kĂśnnen, wie die Zukunft wird, wenn man einfach so weitermacht. Aber das ist, wie Beck feststellen kann, eine Minderheit. Was auch durch psychologische Studien untermauert wird. Die meisten Menschen beschäftigen sich nicht mit der Zukunft, schon gar nicht, wenn diese scheinbar nur noch von bedrohlichen Bildern geprägt wird.
Was Henning Beck unter Problem Nr. 6 abhandelt: âWarum uns die Zukunft egal istâ. Eigentliche Ăberschrift: âDie Gegenwart schĂźtzenâ. Denn das, was wir haben â auch unseren ganzen so sauer verdienten oder geerbten oder geschenkten â Wohlstand, wollen wir nicht verlieren. Denn wie es frĂźher war und wie wenig die Leute da hatten, das wissen wir oft noch von unseren GroĂeltern. Man ist ja nicht umsonst dahin gekommen, wo man jetzt ist. Mancher hat dafĂźr gerackert rund um die Uhr, sich in Bullshit-Jobs verschlissen und auf jede Menge Freizeit verzichtet.
Aber wenn das erst mal alles da ist â Strom aus der Wand, trinkbares Wasser, Auto vorm Haus, gedämmtes Eigenheim, voller Kleiderschrank, intelligenter KĂźhlschrank â dann will der Mensch das nicht mehr verlieren. Jeden Verlust an Haben hakt er unter â ja â Verzicht ab.
Warum Verzicht-Debatten so erfolgreich sind
Deswegen gibt es so viele Verzicht-Debatten, wenn sich Regierungen mal etwas Vernßnftiges und Sinnvolles ausgedacht haben. Mit Verzicht-Debatten rßhrt man beim Wähler ans Eingemachte. Und das Thema ist erst mal tot und nicht mehr umsetzbar.
Und aufbauen kĂśnnen solche Kampagnen immer auf einer weit verbreiteten GemĂźtslage, die kennzeichnend ist fĂźr die âpost-wissenschaftliche Gesellschaftâ, wie sie Beck nennt. Untertitel: âBildung schĂźtzt vor Dummheit nichtâ. Ein Kapitel, in dem er auch die Ăberforderung einer Gesellschaft beschreibt, die heute Ăźber so viel wissenschaftlich fundiertes Wissen Ăźber die Welt verfĂźgt, dass immer mehr Menschen glauben, alles zu wissen â aber von der reinen Wissensmenge vĂśllig Ăźberfordert sind.
Und siehe da: Unser Gehirn hat ein Rezept. Wenn uns das zu viele Wissen bedrängt, schalten wir um auf GefĂźhl. Neo-Religionen greifen um sich, âWissenâ wird emotional aufgeladen. Und nicht einmal hochgebildete Menschen sind gefeit davor, sich in die grĂśĂten Dummheiten hineinzusteigern. Denn wer jahrelang ordentlich gelernt hat, Doktorgrade erworben und sich hinaufgearbeitet hat in die HĂśhen der Gesellschaft, der wĂźrde sich nie eine BlĂśĂe geben und zugeben, dass er zweifelt oder gar geirrt hat. Da oben irrt man sich nicht mehr.
âHybrisâ, nennt es Beck: âMan erfindet Wissen, auch wenn gar keins da ist.â Und behauptet dann das frei Erfundene mit der Haltung des Unfehlbaren. Was Ăźbrigens nicht nur Politikern und Managern so geht, die sich in ihren falschen Behauptungen Ăźber die Welt verrannt haben, sondern auch den einfachen Leuten im Supermarkt. Was inzwischen ebenfalls durch ausfĂźhrliche Studien belegt ist, in denen Menschen sagen konnten, ob sie diverse (frei erfundene) Produkte schon mal gekauft haben.
Und siehe da: Eine Menge Leute sagt: âJa.â Wäre ja peinlich zuzugeben, dass man von den Dingern noch nie gehĂśrt hat. Der moderne Mensch in seiner bemitleidenswerten Rolle in einer Wissensgesellschaft, in der Nicht-Wissen, Zweifel und Unsicherheit geradezu mit Scham beladen sind. Keine gute Mischung.
Die falsche Sehnsucht nach Experten
Und mit wissenschaftlichem Denken hat das auch nichts zu tun, stellt Beck fest. Denn der Wissenschaftler zweifelt immer. Der Zweifel ist die groĂe Triebkraft der Wissenschaft. Und der hĂśrt auch dann nicht auf, wenn eine Pandemie um die Welt rollt und ratlose Moderatoren diversen Experten ihr Mikro unter die Nase halten, weil sie jetzt knallhartes Wissen zum Umfang mit dem Virus hĂśren mĂśchten.
Das es natĂźrlich nicht gibt.
Was auch mit âDummheitâ Nr. 2 zu tun hat: der Sehnsucht nach Einfachheit.
Menschen mĂśgen keine komplizierten Erklärungen fĂźr das, was passiert. Die meisten hĂśren weg, wenn z.B. Virologen anfangen, die Wirkungsweise eines Virus im Immunsystem zu erklären. Sie mĂśgen lieber einfache BegrĂźndungen. MĂśglichst knapp in einem Satz. Dann werden auch Politiker gewählt, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben â aber schĂśne griffige BegrĂźndungen fĂźr alles parat haben: Die Ausländer sind schuld. Oder die Chinesen. Oder die Amerikaner.
BegrĂźndungen, bei denen man sich an den Kopf fasst, denn mit der realen Welt hat das alles nichts zu tun. Und es erklärt vor allem nichts. Doch dummerweise werden Erklärbären selten gewählt. Oder mit Becks Worten: âNiemand wählt einen Erklärbären, sondern denjenigen, der am Ăźberzeugendsten von seiner Haltung ist und diese am besten begrĂźnden kann. Die Forschung zeigt jedoch: Genau das fĂźhrt dazu, dass sich Fronten verhärten oder Menschen mit radikalen politischen Positionen identifizieren.â
Da spart Energie. Man muss sich keinen Kopf machen. Alles ist klar und einfach: Auf sie mit GebrĂźll.
Obwohl Beck aus seiner Arbeit auch weiĂ: Man Ăźberzeugt (andersdenkende) Menschen nicht mit eigenen (starken) Ăberzeugungen, sondern eher damit, dass man ihnen die Dinge erklärt.
Perfektion und Eitelkeit
Ach ja, und eitel sind wir auch. Wir wollen wahrgenommen und geliebt werden. Und wir wollen etwas Besonderes sein. Weshalb wir von der Eitelkeitsaufmerksamkeit der digitalen Medien so angefixt sind, die uns sogar noch âpersĂśnlich Anspracheâ und ganz persĂśnlich zugeschnittene Werbung versprechen. Mit dem Effekt, dass immer mehr Menschen sich immer stärker in ihrer eigenen Bestätigungsblase gefangen sehen. Und sĂźchtig werden.
Denn drauĂen in der Welt ist es ja viel schwerer, seinen Individualismus zu zeigen und dafĂźr Anerkennung zu ernten. Dummes Ergebnis: auch Meinungen werden so âindividualisiertâ. Man bekommt immerfort Bestärkung fĂźr die eigene Meinung â unterhält sich aber immer weniger mit Menschen, die es anders sehen. Noch ein Mechanismus der Radikalisierung.
Womit man schon glatt beim Thema Freiheit ist, das heute so ziemlich alle Parteien vor sich her tragen, denen die Freiheit der Menschen herzlich egal ist. Hauptsache, die Anmache stimmt. Denn frei wollen wir alle sein. Davon lebt eigentlich die Demokratie. Aber eben nicht nur. Denn wenn Menschen friedlich zusammenleben wollen, brauchen sie auch Regeln, Gesetze und â ach ja – auch Verbote. Und siehe da: Neben den âVerzichtâ-Kampagnen funktionieren auch die âVerbotâ-Kampagnen prima. Denn â auch das ist psychologisch belegt: Menschen wollen sich nichts verbieten lassen. Da rebelliert der Freiheitsgeist. Da gehen sie an die Decke oder demonstrieren. Selbst wenn die Verbote nur in ihrem Kopf existieren.
Hauptsache dagegen
Aber wenn die Verbote nun sinnvoll sind? So wie das Verbot des Rauchens in Innenräumen oder das des Fahrens ohne Gurt?
Die Leute protestieren trotzdem, Medien machen mit, Politiker kĂśnnen â gut begrĂźndet â dagegen wettern. Denn bevor wichtige Verbote nicht umgesetzt sind, weiĂ ja keiner, was sie bringen. Und hinterher herrscht Stille. Weil die bloĂen Fakten und Daten zeigen, wie sinnvoll das Verbot war. Ein vollgequarztes Restaurant â heute unvorstellbar. Und die Totenzahlen im StraĂenverkehr sind drastisch gesunken.
Womit sich ein geradezu alltägliches Phänomen zeigt, das die Demokratie auch belebt: Aus Prinzip sind erst einmal ein Haufen Leute dagegen. Egal, gegen was. Hauptsache dagegen. Wo kämen wir sonst hin?
Meistens kommt man dann in eine wieder ein bisschen bessere Gesellschaft. Und zum Grundirrtum vieler Leute Ăźber die Zukunft.
Aber die Veränderungen passieren eben erst in der Zukunft. Und vorher wirkt âDummheitâ Nr. 3: Klammern am Trend. Wir stellen uns die Zukunft meistens falsch vor, weil wir sie gar nicht kennen und die Vergangenheit einfach fortschreiben. So wie Kaiser Wilhelm Zwo sich eine Zukunft ohne Pferde auf den StraĂen nicht vorstellen konnte. Doch während sich die Mehrheit festklammert am Gewohnten, verändert sich die Welt, machen Erfinder Erfindungen, wächst sogar weltweit ein bisschen Wohlstand, mischen die Chinesen auf einmal mit und die Araber wollen GrĂźnen Wasserstoff herstellen.
Der Nabel der Welt
Was wieder mit Dummheit Nr. 8 zu tun hat: Wir halten uns fĂźr den Nabel der Welt. Wir Deutschen sowieso. Wir sind â da kann man in jede groĂe Zeitung schauen â ganz auf uns und unser mĂśrderisches Wachstum fixiert. Und halten die anderen Länder alle fĂźr zurĂźckgeblieben, lernunfähig und doof. Da muss man nur an den Umgang des deutschen Finanzministers damals mit Griechenland denken. Oder das Gejammer unserer sogenannten Spitzenmanager lesen, die Deutschland gerade zum kranken Mann Europas erklären und den Absturz in die Bedeutungslosigkeit prophezeien. Woran natĂźrlich allein Robert Habeck schuld ist, nicht wahr?
Und nicht âDummheitâ Nr. 7. die nicht nur deutsche Laubenpieper und Eigenheimbesitzer plagt: keine Lust am Risiko.
Denn: Wir sind ein Land im Wohlstand, haben mit den hĂśchsten Wohlstand in der Welt. Da gibt es gewaltig was zu verlieren, wenn man es genau betrachtet. Und die anderen holen auf! Schrecklich. Geben wir also unsere Primus-Rolle als Exportweltmeister auf? Ach nee: Die haben wir ja schon an China verloren. Und dazu kommt: Wir Ăźberaltern auch (wobei ich persĂśnlich glaube, dass die Ăberalterung und die unterirdische Geburtenrate auch mit diesem Nabel-der-Welt-GefĂźhl zu tun haben â wir wollen nichts mehr riskieren. Nicht mal neue Kinder und die Unruhe, die die Biester in unser Leben bringen. Oder gar in unseren so schĂśn smart gemachten Karrierealltag.)
Und eine Gesellschaft, die derart in ihrem Wohlstand schwelgt, fängt natĂźrlich an, anders zu denken â scheut das Risiko. Beginnt regelrecht zu schreien, wenn Veränderungen drohen.
Also erst mal alles auf Nummer sicher. Sicherheit Ăźber allem â in einem Land, in dem die Leute im Schnitt fĂźnf verschiedene Versicherungen haben, sowieso. Ach ja â und die beiden grĂśĂten RĂźckversicherer der Welt. Die meisten Deutschen glauben tatsächlich, dass man sich gegen die Risiken des Lebens versichern kann. Und weil Politiker das wissen, packen sie die groĂen Probleme lieber gar nicht an. KĂśnnte ja schiefgehen. Lieber verwenden sie alle Energie und viel Geld darauf, kleine und eigentlich belanglose Probleme zu lĂśsen. Hauptsache, man tut was. Auch wenn es am Ende gar nichts bringt.
Die Liebe zur BĂźrokratie
Man begegnet sogar einem sehr realistischen Bild des heutigen Deutschland in Becks Buch. Und eigentlich auch einer sehr herzlichen Beschreibung unserer Politik mit ihren Ritualen, AusweichmanĂśvern, falschem LĂśsungen und jahrzehntelangen Feigheiten den richtig groĂen Problemen gegenĂźber. Was ja mittlerweile immer mehr Leuten das GefĂźhl gibt, dass sich sowieso nichts ändert. Dass wir jetzt nur noch die Augen verschlieĂen und mit Tempo 100 in die Klimakatastrophe rasen kĂśnnen. Ist ja keiner da, der bremst.
Auch so ein Trugschluss.
Der aber auch damit zu tun hat, dass unsere Politiker so grottenschlecht im Erklären sind. Und viele davon eigentlich nur damit beschäftigt, sich neue Paragraphen fßr neue Gesetze auszudenken, die alles noch schwerer und unmÜglicher machen. Wie die Genehmigung eines Windrades, die heute fßnf Jahre dauert. Das Bauen geht schnell. Der Weg durch die Mßhlen der Bßrokratie ist das Problem. Wo auch wieder lauter Leute sitzen, die keine Fehler machen wollen. Fßr die es schlimmer ist, bei einem Fehler ertappt zu werden, als das Gesetz einfach mal kulant fßr die Zukunft auszulegen.
Worin sie aber auch bestärkt werden in einer Gesellschaft, in der sowieso nur noch eine Minderheit an die Zukunft zu glauben scheint. Eine Mehrheit aber scheint sich in âDummheitâ Nr. 12 eingeigelt zu haben: der Angst vor jeder Veränderung. Von anderen Nationen längst als âGerman Angstâ bezeichnet. Da hocken wir in unserem schwer erarbeiteten Wohlstand und haben nur noch Angst davor, dass andere uns was wegnehmen. Und während wir uns einmauern, ergreifen andere ihre Chancen und verändern die Welt. Afrikanische Länder, die einfach gleich auf Solaranlagen setzen. Aber selbst die Amerikaner, die lieber Windkraftanlagen bauen, wo eben noch furzende Rinderherden standen.
Denn es ist ja nicht so, dass nur wir hier auf der seligen Insel Deutschland begriffen haben, was die Uhr geschlagen hat. Das wissen die anderen auch. Und verändern sich, weil es das Dßmmste von allem ist, gar nichts zu tun und zu verändern. Irgendwann lachen sie uns natßrlich aus, wenn wir nicht die Kurve kriegen.
Wie gewinnt man die Mehrheit?
Aber was kann man da tun? Am (mĂśglichen) Wissen liegt es ja nicht. Aber es liegt an unserer VerfĂźhrbarkeit, stellt Henning Beck in Auswertung dutzender Studien zum Thema fest. Menschen wollen sehen, welchen Vorteil es ihnen bringt, wenn sie ihr Verhalten ändern. Die einen wollen Profit draus schlagen. Die anderen einfach erfahren, dass ihr Leben reicher wird. Mit schrecklichen Zukunftsbildern schafft man das nicht. Und auch nicht mit Konfrontation, was dann leider die Protestformen der âLetzten Generationâ so unwirksam macht. Statt damit die Mehrheit auf ihre Seite zu bekommen, schaffen sie Frust â bei der heutigen Mehrheit.
Und es liegt ja auf der Hand: Veränderungen kommen dann, wenn sie zur Mehrheitsmeinung werden. Das gilt fĂźr neue Produkte (wie das Automobil, an das Wilhelm II. nicht denken wollte), aber auch fĂźr neue Meinungen â etwa zur Gleichberechtigung. Manchmal dauert es ewig, bis sich etwas ändert. Manchmal passiert es vor unseren Augen â man denke nur an die rasante Normalisierung des Internets (auch wenn wir mit den vielen negativen Folgen nicht gerechnet hatten).
Aber fßr alle Veränderungen gilt: Sie wurden den Menschen nicht als Verzicht gepredigt, sondern als Gewinn. Dann machen selbst die Pessimisten mit, fßr die in der Zukunft immer alles nur schlechter und schlimmer wird. Denn wenn die Dinge sich verbessern, dann will jeder gern dabei sein. Und dann werden auch politische Zumutungen akzeptiert.
Was dann schon eine Menge sagt Ăźber unsere verfehlte politische Berichterstattung und warum die Schwarzmaler, NĂśrgler und Verhinderer die Meinungshoheit haben. Es sind tief im menschlichen Denken verankerte Denkfehler, die es uns unmĂśglich machen, kluge politische Entscheidungen zu treffen. Und Zukunft Ăźberhaupt zu denken. Anders zu denken als eine stupide Fortschreibung der Vergangenheit, gar mit all den Horrorgeschichten des nahenden Untergangs.
Denkfehler, die uns gerade da dumm machen, wo wir die Kapazitäten unseres einmaligen Gehirns klug anwenden kÜnnten. Wenn wir denn nur wollten. Und Henning Becks Buch zeigt, dass es manchmal nur dieser Wunsch ist, es auch zu wollen, der uns hindert. Und uns baden lässt in den Malaisen all unserer gewohnten dummen Denkfehler.
Henning Beck â12 Gesetze der Dummheitâ, Econ Verlag, Berlin 2023, 20 Euro.
Es gibt 3 Kommentare
Verbote kĂśnnen sinnvoll sein, ob man es akzeptiert hängt von der Einstellung des Menschen ab. Nehmen wir mal die Regel ” Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnhäusern von Windrädern”.
Die gerne von den Klimaschßtzern und der Windkraftindustrie gekippt werden mÜchte. Nun hat diese Regel aber auch einen Sinn. Ein mÜglicher Brand (ist leider in Deutschland schon mehrmals vorgekommen) kann damit nicht auf ein Wohnhaus ßberspringen. Denn die Feuerwehr ist technisch nicht in der Lage, diese Brände zu lÜschen. Da aber durch die Regel noch nie ein Wohnhaus in Mitleidenschaft gezogen wurde, argumentieren die Gegner das die Regel ja nicht notwendig wäre.
Zählen die auch zu den dagegen.
Danke fĂźr die gute Rezension, spannendes Thema!
Schon beeindruckend, was in den letzten Jahrzehnten an Wissen ßber die Zusammenhänge zwischen unserer biochemischen Verfasstheit, unserem individuellen psychischen Erleben und dem ganz normalen menschlichen Wahnsinn geschaffen wurde.
Kauf ich mir!
Wenn ich Ihre Rezension so lese, will ich das Dutzend Dummheitsgesetze nicht weiter im Einzelnen nachlesen, lieber Autor. Ist das alles nicht schon seit Ăonen bekannt, was der Buchautor anfĂźhrt?
Wissen Sie, man hat den Leuten vor mehr als 20 Jahren die Riesterrente mit einer Mordswerbeaktion (Maschmeyer et al.) aufgeschwatzt, und heute weiĂ man, daĂ Nobbi BlĂźm vollkommen Recht hatte, aber man ihm trotzdem mit der geballten Werbemacht den richtigen Satz “Die Rente ist sicher!” im Munde rumdrehte. Man hat den Leute “Riestern” als Gewinn gepredigt, und man hat von Anfang an gelogen. Mir fällt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nichts ein, was man als politisch integer ansehen kĂśnnte, was in den letzten 30 Jahren so alles bei uns in die Ăffentlichkeit kam. Zum Beispiel der Euro: der Wegfall der Abwertungs- und AufwertungsmĂśglichkeiten hat ziemlich viel Schaden angerichtet, etwa in Griechenland, aber auch in Deutschland, dem sich Dänemark etwa entziehen konnte. Wieso sollte es jetzt ohne weiteres beträchtliche Mehrheiten fĂźr welche Veränderungen auch immer geben? Ich meine das nicht zynisch. Es gibt allĂźberall Werbung und Kampagnen, fĂźr die jeweils ein Haufen Diplompsychologen agieren, die kĂśnnen gar nicht alle verpuffen. Bei Stuttgart21 war damals die Abstimmung so dreist gedrechselt, daĂ man bei Ablehnung mit Ja stimmen muĂte. Und so weiter.
Jetzt wĂźnschen Sie sich die Bildung von Mehrheitsmeinungen. Ein vermintes Terrain: https://de.wikipedia.org/wiki/Edward_Bernays#Theoretische_Grundlagen