Neben Leipzig, Zwickau, Dรผsseldorf und Bonn gehรถrt auch Dresden zu den Wirkungsstรคtten von Clara und Robert Schumann. Von 1844 bis 1849 lebten und wirkten die beiden in Dresden, bevor Robert den Ruf nach Dรผsseldorf annahm. Doch von ihren Lebensorten ist in Dresden nicht mehr viel zu sehen, sodass diese Lebensstation lange Zeit kaum wahrgenommen wurde. Das รคnderte sich erst im Schumann-Jahr 2010.
Daran hatte damals das Sรคchsische Vocalensemble eine Aktie, als es 2010 ein Schumann-Musikfest auf die Beine stellte, das seither im Dresdner Musikkalender seinen festen Platz hat. Und an der Hochschule fรผr Musik Carl Maria von Weber beauftragte Prof. Dr. Hans-Gรผnther Ottenberg, Inhaber des Lehrstuhls fรผr Musikwissenschaft, seine Studierenden mit einem Forschungsprojekt zu den Spuren von Clara und Robert Schumann in und um Dresden.
Denn beide Kรผnstler waren ja auch schon vor ihrem Umzug 1844 von Leipzig nach Dresden รถfter an der Elbe. Auch Claras Vater Friedrich Wieck verbrachte seinen Lebensabend hier. Und obgleich ihre Lebensstรคtten in Dresden alle in den Zerstรถrungen des Zweiten Weltkrieges verschwanden, gibt es im nรคheren Umfeld etliche Orte, die Clara und Robert gern besuchten, wo sie Freunde hatten und gern gesehen waren.
Ein Gedenkweg fรผr Robert und Clara Schumann
Aus diesen Initiativen von 2010 entstand dann der Gedenkweg fรผr Robert und Clara Schumann, der 2012 mit der Anbringung des ersten Medaillons am Palais Groรer Garten Gestalt annahm. Die Medaillons schuf der Kรผnstler Einhart Grotegut. Sie erinnern an Aufenthalte und Musikvorfรผhrungen von Clara und Robert. Am Palais Groรer Garten verweist das Medaillon Nr. 1 auf die Urauffรผhrung von Schumanns โSzenen aus Goethes Faustโ 1849 genau an dieser Stelle.
Und auch einige andere nachweisbare Auffรผhrungsorte befinden sich im Dresdener Stadtraum โ wie das Coselpalais, wo 2013 ein Medaillon angebracht wurde, einst einer der beliebtesten Auffรผhrungsorte fรผr Musik in Dresden. Das 9. Medaillon wurde 2019 am einstigen Wohnhaus von Friedrich Wieck angebracht, zu dem Clara โ trotz all der รrgernisse um die Hochzeit mit Robert โ dennoch eine innige Beziehung bis zu seinem Lebensende bewahrte.
Den anderen Medaillons begegnet man dann freilich drauรen vor den Toren der alten Residenzstadt, dort, wo Clara und Robert ihre Sommeraufenthalte nahmen oder wo die Ziele ihrer oft ausgreifenden Wanderungen lagen. Thomas Synofzik betont in seinem Buchbeitrag zu โRobert und Clara Schumann in Dresdenโ, was fรผr gewaltige Wandertouren die beiden absolvierten. 20, 30 Kilometer waren dabei keine Seltenheit โ was zumindest aus der Sicht von heutigen Groรstadtbewohnern nach sehr viel klingt, weil fรผr die oft schon Wege von 4 Kilometern eine โWanderungโ sind.
Die Wanderschuhe an
Die Existenz der zehn Erinnerungs-Medaillons regte die Herausgeber natรผrlich dazu an, in einem Buch einmal ausfรผhrlicher zu jedem einzelnen Anbringungsort etwas ausfรผhrlicher zu berichten. Was in diesem Buch auch passiert. Sodass jeder, der einem dieser Medaillons begegnet, in dieses Buch schauen kann, um ausfรผhrlicher zu erfahren, was Robert und Clara mit diesem Ort verband, warum sie herkamen und welche Persรถnlichkeiten dabei eine Rolle spielten.
Aber wo man schon einmal dabei war, quasi virtuell die zehn Stationen abzuwandern, lag natรผrlich der Gedanke nahe, die Liebhaber der Musik von Clara und Robert selbst wieder zum Wandern zu animieren. Und darum geht es im zweiten Teil des Buches. Insgesamt zwรถlf Wanderrouten auf den Spuren von Robert und Clara Schumann hat Rainer Pfannkuchen zusammengestellt. Ausgangs- und Zielort sind dabei immer Orte, die das Musikerehepaar tatsรคchlich besucht hat.
Obwohl sich die Landschaft zwischen den Orten seitdem sicher radikal verwandelt hat, weil Feldwege, Alleen und sowieso die damals kleinteilige Landwirtschaft verschwanden, hat Pfannkuchen Routen gewรคhlt, die den Wanderungen von Clara und Robert mรถglichst nahekommen.
Und auch wenn jetzt in der Gegend um Kreischa und Maxen ebenso riesige Felder dominieren wie auch sonst in sรคchsischen Landen, hat diese Landschaft trotzdem einen gewissen Charme und eine bestimmte Schรถnheit bewahrt. Auf fast jeder Route lohnt es sich, immer wieder stehenzubleiben und die Aussicht zu genieรen. Und die Ziele auf diesen Touren haben in der Regel alle selbst ihren Reiz. Das geht mit Schloss Pillnitz auf Tour Nr. 3 los โ eine โleichte Wanderungโ รผber 8 Kilometer, geht mit Schloss Maxen weiter, wo die Familie Serre lebte, die ein musikalisch-gastfreundliches Haus fรผhrte.
Vor der Revolution geflohen
In Maxen findet man aber auch das Haus von Dr. Riese, der den Schumanns 1849 wรคhrend der Revolution fรผr mehrere Tage Zuflucht bot. Wรคhrend nรคmlich Hofkapellmeister Richard Wagner sich ins revolutionรคre Getรผmmel stรผrzte und deshalb auch seine Kapellmeisterstelle einbรผรte, hielten sich die Schumanns lieber raus. Hernach hoffte Robert ja, zum Nachfolger von Wagner berufen zu werden. Aber das war ihm nicht vergรถnnt. Seine Frau Clara bekam dafรผr ein groรzรผgiges Angebot, als Pianistin in Dienste genommen zu werden. Doch da ging Robert lieber nach Dรผsseldorf und nahm Frau und Kinder mit.
Was nichts am Reiz der Wanderungen รคndert. Auch Schloss Weesenstein ist eins der Wanderziele, genauso wie die tausendjรคhrige Linde in Schmorsdorf.
Und dass Maxen eine so zentrale Rolle bei allen Ausflรผgen spielt, hat mit dem Jahr 1846 zu tun, als die Schumanns fรผr fรผnf Wochen mit Sack und Pack in die stille Landschaft hinter Dresden fuhren, weil Robert sich von โNervenschwรคcheโ und Angstzustรคnden kurieren musste.
Das Gepรคck der Schumanns
Eine Gepรคckliste von diesem Erholungsaufenthalt (bei dem dann trotzdem fleiรig komponiert wurde) hat sich erhalten und gab Thomas Synofzik Gelegenheit, sich ausfรผhrlich Gedanken darรผber zu machen, was das junge Paar da alles mit in die Sommeridylle schleppte (oder bringen lieร) und was die beiden dann in den fรผnf Wochen so trieben. Da Robert sich schonen sollte, hat er wohl emsig Schmetterlinge gefangen und mit den Kindern nach Vogelnestern gesucht.
Eine Landkarte war auch im Gepรคck โ die ausgedehnten Wanderungen um Maxen waren also geplant. Aber auch Notenpapier und Schreibzeug mussten mit, Feuerzeug und Zigarren, ein Gartenstuhl, ein Strohhut, Kartenspiel und โSpazierschuheโ. Dazu noch ein Groรvaterstuhl, Seife, Cervelatwurst und Spielsachen fรผr die Kinder. Schlafrock, Schlafsack, Bettdecken und Pumpernickel. Und mittendrin eine Armbrust.
Ein durchaus amรผsanter Einblick in den Hausrat der Familie Schumann. Den man durchaus im Hinterkopf behalten kann, wenn man sich auf den Weg macht, um die in der Regel allesamt รผberschaubaren Wege auf den Spuren von Clara und Robert zu erkunden.
Anita Brรผckner (Hrsg.) โWege zu Robert und Clara Schumannโ, Sax-Verlag, Beucha und Markkleeberg 2023, 12 Euro.
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