Jetzt wird es ja tatsächlich wieder sonnig, wärmer und nicht ganz so regnerisch. Da drängt es den Menschen hinaus. Ins Freie, ins Grüne oder irgendwohin, wo was los ist und wo es was zu erleben gibt. Und das gibt es überall in Leipzig. Man muss nur wissen, wo und wann. Und dabei kann dieses Buch mit 500 Freizeittipps von Petra Mewes helfen. Auch jenen, die für gewöhnlich aus ihrem Ortsteil nicht herauskommen.

Denn Petra Mewes hat ihre Tipps fein alphabetisch nach Stadtteilen sortiert, sodass man gleich mal in eine Ecke Leipzigs eingeladen wird, die eher selten im Fokus der Aufmerksamkeit steht: den Stadtbezirk Alt-West, wo man es mit Böhlitz-Ehrenberg, Gundorf und Burghausen-Rückmarsdorf zu tun bekommt. Für viele Leipziger eine terra incognita, auch wenn man dort zum Elster-Saale-Kanal kommt, das Schloss Gundorf sehen und ein reizvolles Stück Luppe-Aue erleben kann.

Manchmal braucht es ja tatsächlich nur so kleine Tipps, und die Neugier ist geweckt, sich auch mal in die Straßenbahnlinie 7 zu schwingen und auf Entdeckungsfahrt zu gehen. Dieselben Möglichkeiten tun sich in alle Himmelsrichtungen auf. Sei es der längst legendäre Gasthof „Zur Ratte“ in Hartmannsdorf, von wo man es über die Erikenbrücke gar nicht weit hat zum Zwenkauer und zum Cospudener See, seien es die Windmühlen in Holzhausen und Lindenthal.

Denkmäler aller Art begegnen einem, besonders auf dem einst riesigen Schlachtfeld der Völkerschlacht, auf dem man ja unterwegs ist, wenn man in Probstheida, Meusdorf und Liebertwolkwitz nach Abenteuern sucht.

Chöre, Museen, Feste

Manchmal ist nichts los. Das stimmt. Aber dafür gibt Petra Mewes dann die Termine der wichtigsten (Volks-)Feste an und die der Chöre, Theater, Museen, die man vor Ort finden kann – etwa den des Denkmalchores, der regelmäßig das Völkerschlachtdenkmal zum Klingen bringt. Oder die Adressen der vielen Bürger- und Heimatvereine, die ja regelmäßig auch zu Veranstaltungen einladen, bei denen man Dinge über den Ort und seine Bewohner erfahren kann, die man vorher noch nicht wusste.

Dass man in „Wolks“ auch noch die beiden höchsten Berge von Leipzig findet, dürfte auch die Kenner des Fockeberges in der Südvorstadt überraschen. Aber deswegen macht man sich ja auf die Socken: Man will sich überraschen lassen.

Auch wenn das schiefgehen kann, etwa wenn man das Straßenbahnmuseum in Möckern sucht. Da steht man dann vor verschlossenen Toren. Denn inzwischen befindet es sich in Eutritzsch in der Apelstraße

Das kann auch mit der Taborkirche passieren, die sich in diesem Buch nach Großzschocher verirrt hat. Man sollte sie eher in Kleinzschocher suchen und finden.

Brühl statt Linde

Das sind natürlich Dinge, die nur so ein Kritikus wie unsereiner findet beim Durchblättern. Weil er danach sucht. Aber es sollte zumindest erwähnt werden, sonst landet der Neuling tatsächlich am falschen Ort und sucht vergeblich. Das wäre doch schade.

Genauso, wie es schade ist, dass auch dieses Büchlein das alte Märchen von der Lindenstadt erzählt. Das sitzt so fest im Stadtmarketing, dass die einst hier siedelnden Sorben die Stadt nach der Linde, lipa, benannt haben sollen, dass es wohl noch in 100 Büchern immer wieder wiederholt wird.

Dass es freilich eher der „schwankende“ Grund am recht morastigen Lauf der Parthe war, welcher der einstigen slawischen Siedlung den Namen gab, kann man im ersten Band der großen Stadtgeschichte nachlesen. Der Brühl heißt nicht grundlos Brühl und ist wohl die älteste Leipziger Straße.

Ist das so wichtig? In gewisser Weise ja, weil die Ortsnamen ja auf die ursprüngliche Landschaft verweisen. Leipzig ist heute ein Konglomerat aus vielen ursprünglichen Dörfern und Nestern, die scheinbar ineinander übergehen. Nur der aufmerksame Blick enthüllt, wo heute z. B. noch das alte Bachbett der Rietzschke in Neustadt-Neuschönefeld zu sehen ist. Oder der Standort der alten Burg in Leutzsch.

Blick übern Stadtrand

Die einzelnen Stichpunkte zu jedem Ortsteil verraten nicht nur Kirchen und Museen, sondern auch die Adressen von Sportvereinen, Kleingartenvereinen und Freizeitangeboten, bei denen man andocken kann, wenn einem zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. Es ist also auch eine kompakte Einladung, wieder unter Menschen zu gehen und nicht vor der Glotze zu versauern.

Und etliche Angebote weisen ja auch übers Stadtgebiet hinaus. Denn die Gewässerlandschaft ist ja nicht nur in Plagwitz und Schleußig zu erleben. Wer sich ein Paddelboot ausleiht, kann auch in Richtung südliches Neuseenland aufbrechen. Da gerade das Wasser so zum Ausfliegen einlädt, gibt es im Buch extra Kapitel zur Wasserstadt und zum Leipziger Neuseenland.

Mit Fotos beliebter Badestrände, die auch dann zum Verweilen einladen, wenn der Störmthaler Kanal noch auf Jahre gesperrt bleiben sollte. Was ja durchaus passieren kann, wenn man die Ursache des Wasserausbruchs in der Böschung nicht wirklich finden kann.

Im Ganzen ist das eher mal kein touristischer Tippgeber für Ausflüge, sondern einer für die Stadtbewohner selbst und vor allem all jene, die neu zugezogen sind und sich über eine kompakte Orientierung freuen. Und natürlich die wichtigsten Adressen, wo man seinen Hobbys und Leidenschaften frönen kann – vom Radiomachen im Radio-Verein bis zum Trödelmarkt, vom Besuch der Pferderennbahn bis zu den Musikerhäusern in der Ostvorstadt.

Mit Adresse und Website. An Orientierung soll es nicht mangeln. Und da und dort wird sich auch manch älterer Leipziger, der jahrelang nicht aus seiner Höhle kam, Entdeckungen machen, weil eben auch immer noch was Neues entsteht – wie am Sellerhäuser Bahnbogen oder mit dem Sowjetischen Pavillon auf der Alten Messe, in dem heute das Stadtarchiv zu Hause ist.

Nach drei Jahren Höhlendasein könnte das Buch tatsächlich hilfreich sei, sich wieder mal nach draußen zu trauen. Und wer ein Ziel hat, der lässt sich vom Treiben und Wuseln der Leute da draußen auch nicht beirren. Der schaltet in den Entdeckermodus. Denn es gilt noch immer: Das Überraschende liegt manchmal nur ein paar Straßenbahnminuten entfernt.

Petra Mewes „Leipzig entdecken! 500 Freizeittipps“, Wartberg Verlag, Gudensberg-Gleichen 2023, 16,90 Euro.

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