Natürlich konnte auch der Buchverlag für die Frau nicht ahnen, dass im März 2022 ausgerechnet Sonnenblumenöl in den deutschen Supermärkten zum Hamstergut werden würde. So dumm sind ja die deutschen Hamster nicht: Sie wissen genau, dass die Hauptlieferanten für Sonnenblumenkerne und Sonnenblumenöl die Ukraine und Russland sind. Und beides gehört in eine gesunde Küche.

Es ist nicht die erste Pflanze aus Übersee, die in der Mini-Reihe des Buchverlags für die Frau porträtiert wird. Ob nun Mais, Paprika, Tomaten oder Kartoffeln – in unserer Küche sähe es verdammt trist und öde aus, wenn sich die indigenen Bauern in Nord- und Südamerika nicht so intensiv mit der Kultivierung dieser Pflanzen beschäftigt hätten. Wir säßen noch immer bei Hirse, Rüben und Erbsen und würden von einer farbenfroheren Welt des Essens träumen.

Obwohl unsere sogenannten „Entdecker“ meistens überhaupt keinen Blick für gutes Essen hatten und Kartoffeln und Sonnenblumen zuallererst nur als Zierpflanzen nach Europa brachten. Es brauchte ja bekanntlich erst königliche Befehle, damit die Bauern begannen, die Kartoffel flächendeckend anzubauen und damit die regelmäßigen Hungersnöte des Mittelalters zu beenden.

Nicht nur schön, sondern nützlich

Die Sonnenblume brauchte noch viel länger, um zur Nutzpflanze zu werden. Und diesmal waren es keine preußischen Könige, die ihr dazu verhalfen, sondern es waren russische und ukrainische Bauern, die den Wert der Sonnenblume als Ölpflanze entdeckten und sie auch auf dem Feld anbauten.

Das war um 1850, stellt Grit Nitzsche fest, die natürlich nicht nur die Geschichte der Sonnenblume und aller ihrer heutigen Züchtungen erzählt, sondern natürlich auch die guten und vielen nützlichen Eigenschaften der Pflanze, die man auch im heimischen Garten aussäen kann, wenn man weiß, wie man es richtig macht.

Und die Aussaatzeit ist der April. Man kann sich also seine eigenen Sonnenblumen jetzt noch für dieses Jahr sichern, indem man ein richtiges Plätzchen für sie findet und sich zuvor die richtigen Samen dafür besorgt. Denn darauf muss man inzwischen achten.

Es gibt längst so viele spezialisierte Züchtungen, dass man genau darauf schauen muss, was man sich von der Blume eigentlich wünscht, ob sie nur schön sein soll und einen Sommer lang daran erinnern, dass alle unsere Religionen im Grunde Sonnenkulte sind und uns allen das Herz aufgeht, wenn wir eine solche Blume mit Strahlenkranz sehen. Oder ob man doch auch Samen und Öl haben möchte.

Dass es auch in Deutschland – insbesondere in Brandenburg – riesige Sonnenblumenfelder gibt, weil die Blume auch in der Nahrungsmittelindustrie eine unersetzliche Rolle spielt, erzählt Grit Nitzsche natürlich auch, genauso wie den ökologischen Part, den die Sonnenblume übernimmt bzw. übernehmen kann – etwa in Landschaften, in denen Bienen kaum noch Nektar finden, oder als eine Pflanze, die Blei und andere Umweltgifte aus dem Boden aufnehmen kann und damit geeignet ist, auch die Folgen eines Reaktorunfalls wie in Tschernobyl zu mindern.

Womit wir wieder in der Ukraine wären. Denn dort hat man das schon erfolgreich getestet.

Zeit für die eigenen Sonnenblumen im Garten

Ein kleines Kapitel zur Sonnenblume als Heilmittel gibt es genauso wie ein etwas ausführliches zur Sonnenblume – bzw. ihren Kernen und dem Öl – in der Küche. Was für alle wichtig sein dürfte, die jetzt überhaupt erst einmal munter geworden sind, was die Bedeutung der Sonnenblume für unsere Ernährung betrifft.

Da ist es wichtig, wie man mit den Kernen der Sonnenblume umgeht und wie man sie lagert, damit sie nicht ranzig werden. Und ähnliches gilt ja auch für das Sonnenblumenöl, das es raffiniert und kaltgepresst zu kaufen gibt. Den gravierenden Unterschied erklärt Grit Nitzsche natürlich.

Und dann kann es – wie bei all diesen ratgebenden Minis – losgehen mit den Rezepten für all das, was man mit Kernen und Öl tatsächlich so alles herstellen kann, vom selbst gemachten Pesto über Sommersalate, Knäckebrot und Sonnenblumenbrot bis hin zu knusprigen Brownies und Sonnenblumenkuchen.

Dass Grit Nitzsche auch noch so ein kleines Faible für Zahlenmagie hat, zeigt sie im Kapitel „Faszinierender Bauplan“, in dem sie nicht nur staunend erzählt, wie effizient so eine Sonnenblume aufgebaut ist, sondern auch, wie man bis in den Blütenkorb hinein die Zahlen der Fibonacci-Folge und den Goldenen Schnitt findet, der in der Natur nicht nur dafür sorgt, dass die Geschöpfe der Natur optimal gestaltet und angepasst sind, sondern der auch unser ästhetisches Empfinden formt, sodass wir natürliche Perfektion auch selbst als schön empfinden.

Was dann nicht nur Grit Nitzsche lächeln und glücklich sein lässt, wenn sie an einem Feld voller Sonnenblumen vorbeifährt. Kein Wunder also, dass die Sonnenblume zum Symbol so einiger ökologischer Bewegungen geworden ist.

In gewisser Weise verkörpert sie ja auch den Optimismus, dass wir die Schönheit der Welt doch noch bewahren können. Auch mit Sonnenblumen, die viel mehr liefern als Samen und Öl. Die Freude bei ihrem Anblick, wenn sie fröhlich über den Zaun schauen, ist nicht zu unterschätzen.

Grit Nitzsche Sonnenblumen
, Buchverlag für die Frau, Leipzig 2022, 5 Euro.

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