Die Welt ist voller nützlicher Pflanzen. Ganze Bibliotheken kann man füllen mit Büchern, die sich jeder einzelnen dieser Pflanzen widmen, die von der Menschheit seit Jahrtausenden kultiviert wurden. Vom angesammelten Wissen profitiert unser Gesundheitssystem noch heute, auch beim Lavendel, über den schon Plinius der Ältere schrieb.
Just jener Plinius, der im Jahr 79 im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Vesuvs in Stabiae starb, dem Nachbarort von Pompeji, über das ja mit Massimo Osannas Buch „Pompeji“ auch eine Menge neue Erkenntnisse vorliegen. Und auch in Pompeji wird Lavendel als Heil- und Küchenpflanze genutzt worden sein. Die Römer brachten die Pflanze ja auch in ihre gallischen und germanischen Provinzen. Und in Kloster- und Bauerngärten war der Lavendel im Mittelalter überall zu Hause. Oder genauer: die Lavendel.Denn es gibt 28 verschiedene Lavendelarten, wie Elvira Grudzielski schreibt, von denen vier besonders bekannt und für die menschliche Anwendung kultiviert wurden: der Echte Lavendel, der besonders wegen seinen heilenden Inhaltsstoffen angebaut wurde, der Speiklavendel, aus dem man vor allem ätherische Öle gewinnt, der Schopflavendel, der neben seiner Schönheit im Garten ebenfalls wegen seiner Heilkraft geschätzt wurde, und der Wolllavendel, der insbesondere bei Atemwegserkrankungen zur Anwendung kam.
Es ist schon nützlich, betont die Autorin, über die unterschiedlichen Wirkungsweisen der vier Lavendelsorten Bescheid zu wissen und beim Kauf von Tees, Ölen und Seifen darauf zu achten, welcher Lavendel da nun in den Inhalt fand. Aber sie verrät natürlich auch, wie die Lavendelpflanze im Garten nicht nur überdauern und sich wohlfühlen, sondern wie sie auch im Konzert der Pflanzen und Insekten wirken. Denn wer das Glück hat, über einen eigenen Garten zu verfügen, der wird bestimmt auch ein Plätzchen mit lockerem Boden für eine leuchtende Lavendelpflanze finden.
Und wer es nicht nur beim schönen Anblick belassen möchte, für den gibt es auch Tipps zum Beschneiden, Sammeln und Trocknen. Denn wenn man weiß, was man mit den Lavendelblüten anfangen kann, lohnt es sich natürlich, sich daraus eigene Teemischungen herzustellen, Beruhigungskissen, damit man besser schlafen kann, oder auch einige Nuancen für die eigene Küche.
Womit man beim Rezeptteil wäre, in dem man erfährt, wie man sich einen wohltuenden Lavendelaufguss bereiten kann, Lavendelöl selbst herstellt oder allerlei Küchengewürze mit Lavendel (zu denen natürlich irgendwie auch die Kräuter der Provence gehören). Und wer die aromatische Note mag, der wird es auch mal mit Lavendel-Knoblauchbutter probieren, Lavendellikör und Lavendelmarmelade. Und vielleicht gelangt dann Lavendel als Gewürz auch mal an Schweinefilet und Fischrezepte.
Irgendwie bekommt man mit solchen Büchlein das Gefühl, dass einem Plinius mit seiner „Naturalis Historia“ noch bewusst war, dass auch dieses (Küchen-)Wissen über die Vielfalt der Kräuter und Pflanzen ganz essenzielles Menschheitswissen ist und genauso wertvoll wie das Wissen der Biologen und Mediziner. Ein echter Wissensschatz, den die Römer da mit über die Alpen brachten. Wir wissen oft gar nicht mehr, wie viele Pflanzen erst mit den Römern Bestandteil unserer Küchen und Apotheken wurden.
Man bekommt zumindest einen Eindruck davon, wenn man sich solche kleinen Pflanzen-Büchlein zulegt und sie nebeneinander stellt. Die „Naturalis Historia“ wird kaum einer in seiner Küche stehen haben. Eher solche kleinen Bücher, die darauf aufmerksam machen, wie reich allein unsere Welt der kultivierten Pflanzen ist.
Und damit eigentlich unsere Küche, wenn wir nicht alles fertig und genormt im Supermarkt kaufen, sondern gar selbst anfangen, ein paar große Töpfe aufs Fensterbrett zu stellen und zum Beispiel Lavendel drin anzupflanzen. Und sei es nur, um an sonnigen Tagen den Bienen zuzuschauen, die von Blüte zu Blüte fliegen. Und wenn man dann noch gute Beziehungen zum nächsten Imker hat, bekommt man vielleicht sogar noch ein Gläschen Lavendelhonig für den Winter.
Elvira Grudzielski Das kleine Lavendelbuch, Rhinoverlag, Ilmenau 2021, 5,95 Euro.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Keine Kommentare bisher