Fünf Jahre sind eine lange Zeit für einen Ausflugsratgeber. Auch und gerade in der Braunkohleregion um Leipzig und Halle. Ständig ändert sich was, werden neue Ausflugsziele attraktiv oder Radrouten überhaupt erst einmal erfahrbar. Denn was Harald Lachmann für den nun in dritter Auflage vorliegenden Ausflugsratgeber versammelt, sind lauter Tipps für schöne Radausflüge mitten im Herzen von Mitteldeutschland.

Und wie vor fünf Jahren, als der radelnde Journalist seinen Ratgeber schon einmal gründlich überarbeitete, stecken wieder attraktive Radelrouten drin, auch wenn der Umschlag nur 41 „Ausflugsziele“ verspricht. Wenn man die Ziele zählen wollte, käme man locker auf 200, denn jeder, der wirklich weiß, wie man am schönsten unterwegs ist, der weiß, dass der Weg das Erlebnis ist. Und dass der Weg aus lauter spannenden Etappenzielen besteht.

Und war das Aufblühen der neuen Seenlandschaften 2014 der sehenswerte Schwerpunkt, so bietet auch der neue Ratgeber wieder 41 mit Karten, Bildern und Bahnanbindung gespickte Vorschläge, ganze Tage da draußen im Grünen zu verbringen. Denn das Herzerwärmende an diesem Büchlein war von Anfang an, dass es mit Auto nichts am Hut hat. Die vorgeschlagenen Rad- und Wanderrouten (sie sind wirklich kurz genug, dass man sie auch wandernd an einem Tag absolvieren kann) beginnen und enden allesamt an einer Bahnstation, im besten Fall direkt an einer S-Bahn-Station, sodass man mit dem Rad direkt zum Startpunkt fahren kann und abends, voller neuer Eindrücke, wieder mit dem Zug nach Hause kommt.

Es sind wieder die Klassiker dabei – etwa zwei Touren nach Grimma, die zu den Saaleburgen oder die ins Kohrener Land. Alles so klassische Ausflugsziele, dass die Leipziger auch schon vor 100 Jahren gern dort hinfuhren und mal einen Tag lang so taten, als hätten sie Urlaub. Schon 2014 war mit dem Büchlein greifbar, was für ein mit Attraktionen reich gespicktes Stück Land das ist, egal, wofür man sich als Ausflügler ganz speziell begeistert. Allein die vielen Rund-Touren um die neu entstandenen Seen vom Cospudener über den Schladitzer bis zum Geiseltalsee zeigten damals, kurz nach Eröffnung des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes, wie erholsam allein schon solche Ausflüge ins neue Seenland sein können.

Diese Touren sind auch alle dringeblieben im Buch. Genauso, wie man die von Lachmann besonders empfohlenen Touren nach Zeitz, in die Hohburger Berge oder zur Arche Nebra wieder drin findet. Wobei gerade die Arche-Nebra-Tour relativ kompakt zeigt, wie so eine Erlebniskette an einer einzigen 35 Kilometer langen Rad- und Wanderroute aussehen kann. Zuerst geht’s nämlich mit dem Zug nach Nebra, wo man auf den berühmten Mittelberg klettern und die faszinierende Arche besuchen kann, bevor es auf dem Unstrut-Radweg Richtung Naumburg geht, wo natürlich die schöne Uta lockt. (Mal so am Rande: Ich zweifle nach wie vor daran, dass die blasse Schöne, die da als Uta angepriesen wird, wirklich Uta ist, und nicht tatsächlich die polnische Königstochter Reglindis, erkennbar an der Krone, die sie trägt …).

An der Strecke aber laden das Renaissanceschloss Vitzenburg, das Schloss Burgscheidungen, das Glockenmuseum und die Schifferklause in Laucha zum kurzen Innehalten ein. Die Mühle Zeddenbach darf man dabei genauso wenig übersehen wie den Naumburger Blütengrund und den Max-Klinger-Weinberg bei Großjena. Sage keiner, man kann nichts erleben in dieser Gegend. Eher ist es so, dass eine Route aus dem Büchlein fliegt, wenn eine neue spannende dazukommt.

Burg Querfurt, der „Dicke Heinrich“ von oben.

Und dazugekommen ist die 50-Kilometer-Tour von Querfurt nach Mücheln. Da muss man nicht lange überlegen. Allein schon die mächtige alte Burg Querfurt lädt ein zum Staunen, bevor man sich kühnen Mutes aufs Rad schwingt und auf dem Dolmenradweg Richtung Osten fährt. Hier fährt man in die ganz, ganz alte Geschichte Mitteldeutschlands (ganz ähnlich wie bei Nebra), und begegnet einem jungsteinzeitlichen Steinkammergrab, bevor man über Niederwünsch (wo man das Strohnallenhaus unbedingt sehen muss) zum Geiseltalsee kommt und in Bad Lauchstädt den berühmten Kurpark besuchen kann, den auch Goethe besuchte dereinst. Was dann eben auch bedeutet, dass man wenig später auf den Goetheradweg kommt, auch wenn Goethe nie mit Rad reiste, dafür gern mit Pferd.

Man merkt schon, dass Lachmann weiter erkundet, was sich in der Gegend rund um die beiden Großstädte alles problemlos zu Fuß oder mit Rad erkunden lässt.

Da fällt der Verzicht auf einzelne Routen aus Platzgründen natürlich schwer. Herausgefallen ist die Parthenaue, die man direkt aus dem Herzen Leipzigs leicht erkunden kann. Vielleicht auch, weil sie mittlerweile vergleichsweise zu viele Fehlstellen und Ungemütlichkeiten hat. Es reicht nicht, wenn immer nur einzelne Wegstücke für viel Geld auf Luxusstandard gebracht werden, dann aber doch wieder ungemütliche und unübersichtliche Abschnitte folgen, bei denen man sich als Radler sagt: Mit Kind und Kegel kommst du hier lieber nicht lang. Das ist viel zu gefährlich.

Und ein besonderes Engagement der beiden Nachbarstädte Leipzig und Taucha, die Route auf Vordermann zu bringen, ist auch nicht zu sehen. Irgendwie macht der Grüne Ring, wo beide Mitglied sind, ja irgendwas. Aber das fließt gerade an den wichtigsten Stellen nicht zusammen zu wirklichen Fortschritten im Radnetz der Region. Die Leute sind halt mehr damit beschäftigt, irgendwelche Motorbootkanäle zu planen, als die Region einfach mit dem simpelsten Ansatz in Schwung zu bringen, mit dem Tagestourismus befeuert werden kann: guten Radwegenetzen in die Region.

Da fährt man wohl doch lieber mit dem Zug ein Stück raus in die Landschaft und fährt auf Radrouten, die schon besser ausgebaut sind und auch mal erlauben, nicht alle sieben Sinne auf ungehobelten Straßenverkehr konzentrieren zu müssen. Sonst wird es ja doch wieder nur Stress.

Harald Lachmann Ab ins Grüne, 3. überarbeitete Auflage, Via Reise Verlag, Berlin 2019, 14,95 Euro.

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