Auf einmal fühlt man sich an die vielen jungen Menschen erinnert, die seit Wochen gegen die Klimapolitik in Europa demonstrieren und von alten, ignoranten Säcken öffentlich und heftig angegangen werden, weil die um ihre Pfründen und ihre Profite fürchten. Und Dana und Julia kann man sich sehr gut vorstellen unter den demonstrierenden Jugendlichen, genauso wie ihre fünf Heldinnen, die nun zum zweiten Mal gegen einen bösen Umweltfrevel kämpfen.

Das erste Mal haben sich die beiden jungen Autorinnen ja vor einem Jahr zusammengetan, als sie mit „Die Botanicas. Waldgeflüster“ ihren ersten gemeinsamen Roman schrieben. Beide hatten vorher schon mit eigenen Büchern erstaunliche Erfolge beim jungen Lesepublikum erreicht. Und dann lernten sie sich auf der Buchmesse auch noch kennen und beschlossen, sich jetzt zusammenzutun.

Dazu haben sie fünf clevere und tapfere Mädchen erfunden, so eine richtige Mädchenclique, vor der sich Eltern zu Recht fürchten, weil die Mädchen in so eine Bande nervig sind und trotzdem so herrlich lebendig, dass man ihnen einfach nichts abschlagen kann – keine Fernsehorgie, keine Party, kein nächtliches Abenteuer … Naja, das verheimlichen die fünf Mädchen lieber, weil sie ja wissen, wie bangbüxig ihre Eltern sind (so wie alle Eltern), und dass sie selbst dann, wenn sie sich trotzdem einverstanden erklären, aus lauter Sorge die ganze Nacht wachliegen.

Dana und Julia kennen ihre Eltern genau. Und hinter der Flapsigkeit in vielen Passagen liest man auch jede Menge frechen Mitgefühls. Und es gibt Grund zum Bangen. Junge Leser werden die Bücher wahrscheinlich mit Spaß am Abenteuer und aller Aufregung lesen, Erwachsene, die auf diese wilden Biester achten müssen, damit ihnen nichts passiert, werden Angstschweiß bekommen und versuchen, die Bücher von ihren lebenslustigen Nachkömmlingen fernzuhalten. Es könnte ja passieren, sie machen das nach …

Klimademos sind ein Kinderspiel dagegen …

Schon im ersten Buch, dem „Waldgeflüster“, haben sich die fünf Heldinnen von Dana Menzel und Julia Fraczek mit einem echten Umweltverbrecher angelegt, der einfach lauter Gift in den Wald gekippt hat …

Nein, Leipzig ist es diesmal nicht. Aber man merkt schon, woher die Mädchen ihre Ideen nehmen. Und warum junge Leute heute so zunehmend sauer auf die unbelehrbaren Alten sind, die mit unserer Umwelt umgehen, als sei es einfach nur eine Müllhalde, wo man seinen ganzen Dreck loswird.

Das erste Abenteuer hätte schon schiefgehen können, denn der Giftablader war ein durchaus rücksichtsloser Typ, der im Moment der Entdeckung auch vor Gewalt nicht zurückschreckte. Kennt man auch irgendwie. Vorher sind sie alle brave Saubermänner und haben alle Gesetze hinter sich, wenn sie dann aber im Wald erwischt werden bei heimlichen Verklappungen, werden sie zur Bestie …

Gut: Man erkennt nicht wirklich, um welche Stadt und welchen Wald es sich handelt. Es könnte ein beliebiges Städtchen sein – vielleicht im schönen Westen, wo die Welt noch in Ordnung ist, vielleicht bei Frankfurt irgendwo. Wo es sich lohnt, auch mal unverhofft einen neuen Friseursalon aufzumachen und gleich mal alle Bewohnerinnen der Umgebung zu neuen Kundinnen bekommt.

Dass der Salon eine Rolle spielt, bekommen die Mädchen sehr schnell mit, nachdem ein etwas krilliges neues Mädchen namens Evelyn in ihrer Klasse aufgetaucht ist, sich gleich mal als zickig und gemein erwies und eine neue Bande namens Stachelbeeren gegründet hat. Da kann der Krieg in der Klasse so richtig losgehen, könnte es jetzt um Markenklamotten, böse Sprüche und ein richtiges Einander-Fertigmachen gehen, wie es augenscheinlich auch Dana und Julia nicht fremd ist, deren Erfahrungen aus dem deutschen Schulsystem ja noch frisch sind.

Und auch Mädchen können richtig gemein sein. Man möchte eigentlich kein Mädchen sein, wenn das immer so zugeht zwischen den kleinen Prinzessinnen. Und sicher hätte schon das das Zeug zu einer großen, heftigen Geschichte, hätte Trixie (das ist die mit der wilden roten Haarpracht) im Frisiersalon nicht eine geheimnisvolle Tür mit der Aufschrift „Laboratorium“ gefunden. Ein Ort, der in den nun folgenden zumeist nächtlichen Aktionen der fünf Mädchen eine zentrale Rolle spielt – mitsamt der verbitterten Schwiegermutter von Evelyn. Denn auch Evelyns Verhalten hat Ursachen. Es gibt also auch noch eine Geschichte in der Geschichte, in der die Mädchen lernen, dass das, was man so als Fassade erlebt, oft nur ein Schutzschild ist.

Aber im Zentrum geht es mal wieder um einen rücksichtslosen Umweltfrevel – in diesem Fall die Plünderung des streng geschützen, aber hochgiftigen Blauen Fingerhuts. Das hat mit dem „Laboratorium“ zu tun, mit der bösen Schwiegermutter und mit dem – ja – nächtlichen Versuch der fünf Botanicas, herauszufinden, was da im Labor passiert. Unterstützt nicht nur von Evelyn und ihrer Bande, die zusehends eine andere Rolle spielen in der Geschichte. Und von den Pflanzen des Waldes natürlich, mit denen sich die Mädchen ja unterhalten können, echte Charakterpflanzen. Am Ende wird es wieder echte Team-Arbeit, die Polizei weiß diesmal schon, dass die Mädchen ernst zu nehmen sind auf ihrer Verbrecherjagd. Und Fernsehverbot gibt es am Ende auch nicht.

Eltern, die Mädchen in diesem Alter haben (also um die 14 herum), sollten sich aber lieber anschnallen im Sessel. Oder kalte Umschläge machen, damit sie sich beim Lesen nicht gar zu sehr aufregen. Denn eins weiß man ja schon aus dem ersten Buch: Im Wald kann den Mädchen nicht viel passieren – aber sie legen sich immer mit den größten Ganov/-innen an, die sie finden können.

Dana Menzel, Julia Fraczek „Die Botanicas. Giftiges Blau“, Lychatz Verlag, Leipzig 2019, 9,95 Euro

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