Vom Titel des Büchleins darf man sich nicht erschrecken lassen. Hier geht es nicht um diverse Kraftmischungen für Bodybuilder und Leistungssportler. Mit „Powerfood“ erinnert Marianne Harms-Nicolai daran, dass es in unserer Welt zahlreiche gesunde Früchte gibt, die gesünder sind als das Meiste, was es als Fertigprodukt zu kaufen gibt. Aber wer weiß das schon?

Gehört haben es alle schon mal – von Mama, Oma, in der Schule: Obst und Gemüse sind gesund. Sie sind voller Vitamine und anderer Spurenelemente, die unser Körper braucht – auch zum Gesundbleiben. Und dass das so ist, hat natürlich mit unserer langen, langen Vorgeschichte zu tun, in der wir Menschen uns zum größten Teil von den Früchten der Natur ernährten. Unser Stoffwechsel ist darauf eingestellt, dass wir in den Früchten von Wald und Wiese genau die Stoffe finden, die wir für ein gesundes Leben brauchen. Eigentlich greifen wir sogar von ganz allein zu, wenn wir den Früchten in freier Wildbahn begegnen. Wenn wir ihnen noch begegnen, denn Wälder und Felder sind zu gigantischen Monokulturen geworden, Wiesen, Raine und Heckengehölze sind verschwunden. Selbst die geschützten Streuobstwiesen in der großen Stadt Leipzig werden kahl rasiert, weil einige Leute unbedingt Eigenheime hinbauen wollen.

Natürlich werden das eine Menge Leute bedauern. Denn die Zeiten ändern sich schon längst. Es wird keine Zukunft mehr geben, in der unsere Supermärkte mit Früchten aus Übersee gefüllt sind, die dort unter umweltschädlichen Bedingungen in Masse hergestellt und billig nach Europa verfrachtet werden. Es gibt ja Leute, die erschrecken nicht mal mehr, wenn man das Wort umweltschädlich hinschreibt. Aber das bedeutet in diesem Fall praktisch immer: Raubbau an Wäldern, an Böden, an Wasservorräten. Die natürlichen Ressourcen der Erde werden so übernutzt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann die regionalen ökologischen Systeme kollabieren, die Wasservorräte versiegen, die Böden unfruchtbar werden.

Wir zerstören unsere Welt.

Und dieses Bewusstsein kann wirklich nur wachsen, wenn wir wieder lernen, das wertzuschätzen, was uns heute noch gegeben wird. Und zwar in einem Reichtum, um den uns künftige Generationen beneiden werden, wenn wir so weitermachen. Und eigentlich dürfen wir so nicht mehr weitermachen. So dumm, unwissend und ignorant.

Deswegen ist es richtig schön, wenn Marianne Harms-Nicolai hier einfach mal kompakt – mit einigen eingestreuten Rezepten – schildert, welche „Power“-Früchte uns zur Verfügung stehen und wie wir sie in unseren täglichen Speiseplan einbauen können. Das kostet natürlich Zeit. Aber wer ehrlich ist zu sich, weiß, dass diese Zeit da ist – dass man nur ein, zwei der so vielgepriesenen „Unterhaltungsmedien“ entsorgen muss, und auf einmal hat man wieder haufenweise Zeit für seine Lieben, fürs Kochen, Backen, Sammeln, Pflanzen, Ernten. Jeder gut gehegte Garten ist wertvoller als das gesamte Sabbelprogramm der Öffentlich-Rechtlichen Volksbelustiger.

Und dann hat man auch Zeit, immer wieder mal nachzuschlagen, was hier zu den einzelnen Gaben der Natur zu lesen steht. Denn man schaut sie natürlich alle anders an, wenn man weiß, in welcher Weise sie der Durchblutung, den Knochen und Zähnen, den Abwehrkräften und der Verdauung gut tun. Oft genug beinhalten sie genau die Bestandteile, die unser Stoffwechsel braucht, um gut zu funktionieren. Und wenn der Stoffwechsel funktioniert, dann geht es in der Regel auch unserem Körper gut, sind seine Funktionen im Gleichgewicht und wir werden nicht krank.

Die meisten modernen „Zivilisationskrankheiten“ sind Stoffwechselkrankheiten – Ergebnis einer völlig falschen Lebensweise und einer völlig sinnfreien Ernährung.

Und das Überraschende für manche Leserinnen und Leser wird sein, dass sie hier lauter alten Bekannten begegnen. Oma hatte vollauf Recht, wenn sie Knoblauch und Buchweizen pries, Spinat und Radieschen, Erdbeeren, Haferflocken und Grünkohl. Man hört schon das leise  „Bäh!“ der Kinder aus der Ecke. Aber das macht nichts. Denn eine Menge „Powerfood“ – wie Äpfel und Erdbeeren – sind auch bei Kindern beliebt. Und warum das Andere alles gesund ist, das kann und sollte man den Kleinen frühzeitig erklären. Denn nur, wenn man weiß, warum Dinge wichtig sind, nimmt man sie ernst  und beschäftigt sich auch mutig damit.

Und man lernt auch, dass man sich nicht „gesund essen“ kann. Denn wenn man erst einmal krank und der Stoffwechsel aus dem Lot ist, ist es meistens zu spät. Man schützt sich aber vor vielen Krankheiten, wenn man sich von Kindheit an gesund ernährt und „Powerfood“ einfach als selbstverständlich zur täglichen Ernährung gehört. Von Möhren bis Tomaten, von Brokkoli bis Spinat und Rote Beete.

Das Büchlein hat auch ein paar Exoten im Angebot – wie die Aronia-Beere oder Cranberries und Grapefruits. Es ermutigt dazu, sich einfach einmal mit der „Kraft“ all dieser Früchte zu beschäftigen, sich mit ihnen vertraut zu machen und alles, was einen auch reizt, einfach ins eigene Leben zu integrieren. Bis es so selbstverständlich ist, dass man über die „Kraft der Gemüse“ nicht mehr nachdenken muss, sondern eher beginnt, nach immer neuen Rezepten zu suchen und sich einen Kalender mit der regionalen Erntesaison an die Wand hängt. Denn die wenigen Rezepte in dem Büchlein sind nur eine kleine Anregung, so eine Art Anstupsen: Probier’s einfach aus. Es schmeckt wirklich.

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Eine Zeitung wieder offen für alle Leser ist das Ziel. Im ersten Schritt ein freier „Melder“. Stand November 2016. Bild: L-IZ.de

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Wir Menschen sind wohl die einzigen Lebewesen, die genau wissen, was wir brauchen und was uns warum schadet, und das ganz bewusst ignorieren. Komische Sache mit der Intelligenz.

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