In den vergangenen Jahren haben wir an dieser Stelle immer wieder Bücher besprochen, in denen sich Journalisten intensiv mit dem Rechtsextremismus in Deutschland, seinen Erscheinungsformen, seiner Radikalisierung und speziell mit der Terrorzelle NSU beschäftigt haben. Hier konnte jeder lesen, was die offizielle Politik gern ignorierte.

Dabei waren sie längst gründlicher in der Analyse als sämtliche Innenminister und Verfassungsschützer im Land. Denn sie mussten ja keine (Spar-)Politik als das Allheilmittel für eine unter Druck geratene Gesellschaft verkaufen. Sie mussten auch keinen imaginären Mittelstand hätscheln, der sich jahrelang bestens eingerichtet hatte in seinem kleinbürgerlichen Wohlstand und dem traurig-blumigen Bild einer heilen Welt. Ein Bild, das ja bekanntlich gerade die sächsische CDU immer pflegte. Und mit diesem anheimelnden „So geht sächsisch“ wurde auch immer zugedeckt, was sich in sächsischen Kleinstädten immer weiter ausbreitete, vernetzte und Angst verbreitete. Dass die Abwanderung aus der sächsischen Provinz so stark ist, hat natürlich auch damit zu tun, dass nicht nur Andersfarbige oder Andersliebende dort auf Abwehr und boshafte Aggression stießen, sondern auch Andersdenkende.

Und die Behörden, auf die man eigentlich hätte rechnen müssen, um den zum großen Teil gewaltsamen Aktionen, mit denen Rechtsradikale immer mehr Dörfer und Städte für sich okkupierten und ein Klima der latenten Angst schürten, die duckten sich weg. Oder beschönigten die Entwicklung – so wie der sächsische Verfassungsschutz, dessen jährliche Berichte voller Lücken, Löcher und Verharmlosungen waren. Zumindest, was die rechtsextremen Umtriebe im Land betrifft. Das Gespenst der immer gewalttätigeren Linken malte man dafür viel größer, blies selbst die kleinsten Ordnungswidrigkeiten bei linken Protestdemonstrationen zu linksextremistischen Straftaten auf.

Und als der damalige Präsident des sächsischen Verfassungsschutz, Reinhard Boos, 2012 seinen Hut nehmen musste, wurde zwar eine Reform dieser unwilligen Landesbehörde versprochen. Eine Aufklärung, warum dieses Amt bei der Aufklärung rund um den NSU und das rechtsextreme Unterstützernetzwerk Blood & Honour so versagte, gab es bis heute nicht.

Da bleibt dann immer nur die mühsame Arbeit ambitionierter Journalisten, die all das zusammentragen, was es zu rechtsextremen Entwicklungen im Land zu wissen gibt. Und die damit deutlich machen, wie tief das Problem sitzt.

Hier finden Sie einfach mal alle Bücher, die wir zum Thema in letzter Zeit besprochen haben

Die Vorgänge um das Zwickauer NSU-Trio sind bis heute nicht wirklich aufgeklärt
Hajo Funkes „Staatsaffäre NSU. Eine offene Untersuchung“, Teil 1 der Besprechung

Welche Rolle spielt eigentlich der Verfassungsschutz bei der Radikalisierung der rechtsextremen Netzwerke?

Hajo Funkes „Staatsaffäre NSU. Eine offene Untersuchung“, Teil 2 der Besprechung

Geheimsache NSU: Warum deutsche Behörden lieber schreddern als aufklären
Andreas Förster, Klöpfer & Meyers Buch „Geheimsache NSU“

NSU-Dokumentation „Heimatschutz“: Wie drei Nazis mordend durch’s Land ziehen konnten

Das Buch „Heimatschutz. Der Staat und die Mordserie des NSU“ von Stefan Aust und Dirk Laabs

Blut und Ehre: Der „NSU“ hat eine lange und blutige Vorgeschichte

Das Buch „Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland“ von Andrea Röpke und Andreas Speit

Schreddern, Spitzeln, Staatsversagen: Bodo Ramelow veröffentlicht zweites Buch zum NSU-Komplex

Hier mal ein Ausflug ins thüringische Staatsversagen: Bodo Ramelows „Schreddern, Spitzeln, Staatsversagen“

Eine Anatomie des Terrors: Olaf Sundermeyer auf den Spuren rechter Gewalt

Olaf Sundermeyers Buch „Rechter Terror in Deutschland“

Undercover bei singenden Nazis: Blut muss fließen

Thomas Kubans Buch „Blut muss fließen“ über die Musikszene der Nazis und ihr Mobilisierungspotenzial

Terror von rechts: Warum Politik und Ermittler sich beim Neonazismus immer wieder wegduckten

Patrick Gensings Buch „Terror von rechts“

Eine Chronologie zu rechtem Terror und Behördenversagen: Das Zwickauer Terrortrio

Maik Baumgärtner und Marcus Böttcher über “Das Zwickauer Terror-Trio”

Die Zelle: Das erste Buch, das die Geschichte der Zwickauer Terrorzelle akribisch erzählt

Christian Fuch und John Goetz über rechten Terror in Deutschland: „Die Zelle“

Made in Thüringen? Sammelband von Bodo Ramelow begibt sich auf die Spuren der Zwickauer Terrorzelle

Bodo Ramelows erster Versuch, dem Versagen Thüringer Behörden auf den Grund zu gehen

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar