Schon in mehreren Veröffentlichungen hat der Energiewirtschaftler und langjährige Leiter des Leipziger Instituts für Energetik und Umwelt versucht, seine Meinung zur weltweit diskutierten Problematik Klimawandel deutlich zu machen. Einige dieser Texte sind auch in der Edition am Gutenberplatz erschienen. Aber irgendwie will ihm aus der Gemeinschaft der Weltklimaforscher niemand so richtig zuhören.

Jedenfalls hat Wolfgang Brune das Gefühl. Deswegen legt der 77-Jährige, der jahrzehntelang in der ostdeutschen Energiewirtschaft arbeitete, jetzt einen etwas ausführlicheren Essay vor, in dem er noch einmal erläutert und vorrechnet, wie das mit dem Wärmehaushalt in der Erdatmosphäre ist und warum er die Rolle der so genannten Treibhausgase für falsch bewertet hält. Diese sammeln sich in der oberen Atmosphäre und bilden eine Grenzschicht, an der die von der Erdoberfläche zurückgestrahlte Wärme ins Weltall abgestrahlt wird – oder eben wieder reflektiert.

Doch Brune bezweifelt, dass diese Gase in der Abstrahlungszone tatsächlich wie das Glas in einem Treibhaus funktionieren, auch nicht das Kohlendioxid (CO2), das sich nachweislich seit Jahrzehnten in den oberen Atmosphäreschichten anreichert. Er hat sein Buch fleißig mit Formeln gespickt, aber auch mit Vergleichen zu anderen Himmelskörpern im Sonnensystem – auch die thermischen Vorgänge in der Sonne betrachtet er genauer, um die Prozesse des Wärmeaustauschs in der Erdatmosphäre verständlicher zu machen. Ein Spruch, der ihn dabei besonders antreibt, steht ganz hinten im Buch: physikalische Prozesse kann man nur mit Physik erklären und nicht anders. Er hätte auch einschränken können: mit Thermophysik.

Es geht ihm um die gar nicht so unwichtige Frage: Wo wird denn nun eigentlich die von Menschen zusätzlich in die Atmosphäre gebrachte Energie zurückgestrahlt? Erst an der Strahlungsgrenze, wo sich die Treibhausgase sammeln? Oder ganz woanders? Gibt es in der Atmosphäre vielleicht andere Schichten, die viel eher als Rückstrahler in Frage kommen? Gibt es, sagt er. Es ist das, was in den meisten Betrachtungen zum Treibhausmodell zu kurz kommt: das in den Haufenwolken gesammelte Flüssigwasser, das wie eine Sperrschicht wirkt. Sie verhindert das Vordringen der infraroten Bodenabstrahlung in die höhere Athmosphäre und damit in den Weltraum. Je mehr Wasser in der Atmosphäre ist, umso mehr Wolken gibt es. Allein schon der Wassertransport in die unteren Atmosphärenschichten transportiert auch Wärme, also Energie. Nicht als Strahlung, sondern konvektiv, wie Brune schreibt. Also als erwärmte Luftmassen, die in der Regel Tonnen von Wasser mit sich führen, die dann in kälteren Höhenschichten kondensieren und riesige Gebilde aus Wasserdampf bilden, eben Wolken.

Von Wasserdampf wird in den meisten Theorien zum Treibhauseffekt auch gesprochen. Aber er taucht dort selten als Träger zusätzlicher Energiemengen auf und damit auch nicht wirklich als Hauptakteur der zunehmenden Erwärmung der Erdatmosphäre. Möglicherweise ein Grundfehler in vielen Betrachtungen zum Treibhauseffekt, die in der Regel von einer quasi trockenen Atmosphäre ausgehen und dabei die wichtige Rolle des Wassers in der unteren Atmosphäre unterschätzen.

Jedenfalls sei das CO2, so Brune, nicht der Schuldige an der Erderwärmung. Selbst wenn es sich in der Abstrahlungszone immer weiter anreichere, sei seine Strahlungsbilanz immer konstant. Überhaupt sei eine Beeinträchtigung des Strahlungsgleichgewichts in der Erdatmosphäre nicht nachweisbar. Der Treibhauseffekt könne die menschgemachte Erwärmung der Erdatmosphäre nicht erklären.

Hat der Mensch überhaupt Einfluss auf die Erdwärmung?

Ja, sagt auch Brune. Und geht bei der Interpretation des menschlichen Einflusses noch viel weiter als die Vertreter der CO2-These: Der Mensch habe seit Beginn seiner Zivilisation begonnen, massiv Einfluss aufs Erdklima zu nehmen, nämlich indem er immer mehr Wasser in die Erdatmosphäre gebracht habe. Und das habe er schon in den frühen Zivilisationen seit ungefähr 10.000 Jahren getan, indem er gewaltige Wälder abgeholzt und verbrannt hat. Die Wissenschaftler würden beim Abbrennen der Wälder zwar immer an das massenhaft entstehende CO2 denken, aber nicht an die gewaltigen Wassermengen, die damit frei wurden.Und da dieser Prozess nun seit Jahrtausenden anhalte, habe man auch die nötige Zeitdauer, die überhaupt derart markante Änderungen im Erdklima erklären würde.

Seine Argumentationsgrundlage sind in diesem Fall die – aus menschlicher Perspektive – gewaltigen Zeitinterwalle der Eiszeiten. Egal, ob eine beginnende Erwärmung (Interglazial) oder eine beginnende Vereisung (Glazial), jedesmal habe der Umschaltprozess in der Atmosphäre einige zehntausend Jahre Vorlauf, in dem er sich erst allmählich bemerkbar machte. Aus dieser Sicht sind natürlich die 150 Jahre der von fossilen Brennstoffen angetriebenen Industrialisierung der Menschheit viel zu kurz, um so ein Umschalten erklären zu können.

Brune ist sich sicher, dass auch schon die Eingriffe der frühen Zivilisationen dazu beigetragen haben, nicht nur den Prozess der allmählichen Erwärmung der Erdatmosphäre in Gang zu bringen, sondern sogar den eigentlich fälligen Übergang in eine neue Eiszeit ausfallen zu lassen. Der Mensch habe durch den Eintrag von Wasserdampf in die Atmosphäre ein Mittel gefunden, um das Klima selbst regulieren zu können.

Wenn er den Mechanismus wirklich begreift. Denn dass der Mensch den Wasserdampf derart massenhaft in die Atmosphäre bläst, tut er ja nicht bewusst. Das passiert in der Regel als bloße Abwärme aus allen möglichen Verbrennungsanlagen und Kraftwerken. Gerade die gewaltigen Kühltürme mit den Dampfschwaden darüber geben ja immer die beeindruckensten Bilder von Kraftwerken ab. Dass dieser Dampf tatsächlich ein wesentlicher Teil der Atmosphärenheizung sein könnte, das ist die gar nicht schlecht begründete These von Wolfgang Brune, die er in diesem Buch besonders vehement vertritt. Auch mit einigen kritischen Seitenhieben auf den IPCC, den sogenannten Weltklimarat. Nur dass Brune kein “Klimawandelleugner” ist – die Messergebnisse zur planetweiten Erwärmung nimmt er durchaus ernst.

Und weil er auch immer wieder auf die jüngere Erdgeschichte eingeht, in der die Abfolge der Eiszeiten ja nichts anderes war als ein immer wieder neuer Klimawandel, wird auch deutlicher, wie stark der Mensch eigentlich eingegriffen hat in den Wärmehaushalt der Atmosphäre. Und Brune betont auch, dass sich der Mensch auf diese Weise eher unbewusst auch ein bislang relativ stabiles Klima geschaffen hat, das die Entwicklung der Zivilisation in dieser Art überhaupt erst möglich gemacht hat.

Doch jetzt kommt die Erwärmung der Atmosphäre an einen Punkt, in der sie diesen Strukturen wieder schädlich zu werden droht. Der Mensch muss gegensteuern. Aber das könne er nicht über den Faktor CO2. Das ist der Hauptkritikpunkt von Brune. Der Mensch müsste lernen, den Wasserhaushalt in der Atmosphäre zu steuern.

Dabei steht er nicht mal im Gegensatz zu den meisten Aktivitäten der Staaten zum Klimaschutz. Denn auch da müsste nicht nur der Waldfraß beendet werden, sondern neue, riesige Wälder müssten entstehen, die Wasser aus der Atmosphäre binden. Die Verbrennung fossiler Brennstoffe müsste ebenso zu Ende gegen, denn die Milliarden Tonnen verbrannte Braunkohle zum Beispiel besteht bis zur Hälfte aus Wasser, das in aufwendigen Trocknungsverfahren erst einmal aus der Kohle geholt werden muss, bevor sie überhaupt einigermaßen brennt. Was übrigens ein Hauptgrund dafür ist, dass Braunkohlekraftwerke eine miserable Energiebilanz haben.

Brunes Buch ist eher ein Appell an die Forschergemeinschaft, seine Vermutung ernst zu nehmen, dass nicht das Kohlendioxid an allem schuld ist, sondern die gewaltige Menge an Wasserdampf, die der Mensch seit Jahrtausenden in die Atmosphäre ablässt.

Wolfgang Brune “Ratgeber Klima. CO2 ist Begleiterscheinung des Klimawandels, nicht Ursache”, Edition am Gutenbergplatz Leipzig, Leipzig 2015, 19,50 Euro

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