Der Klett Kinderbuch Verlag hat jetzt auch mal einen Atlas vorgelegt, wie ihn sich zumeist Jungen wünschen, wenn sie mibekommen haben, dass die Welt voller Abenteuer steckt und Bibliotheken voll stehen mit abenteuerlichen Geschichten aus aller Welt. Doch auf die Idee, so einen richtigen Jungen-Atlas zu zeichnen, kam ausgerechnet eine Frau.
Das “ausgerechnet” war jetzt frech. Gerade, wenn es um den Klett Kinderbuch Verlag geht, der die alten rosa-blauen Rollenbilder für Mädchen und Jungen eigentlich mit jedem Titel konterkariert. Da passt Sarah Shepard natürlich ins Programm, auch wenn es diesmal keine kesse Grafikerin aus München oder Berlin ist, sondern aus Stockholm, in zwei Welten aufgewachsen – im schwedischen Stockholm und im amerikanischen Atlanta. Und wahrscheinlich auch mit einer Bibliothek, wie sie klassisch eher in Jungszimmern zu finden war und wohl auch noch ist. Was nicht heißt, dass toughe Mädchen Bücher über Weltreisen, Forschungsexpeditionen, Bergbesteigungen, Piraten, Safari-Touren, wilde Tiere und geheimnisvolle Orte nicht genauso fasziniert lesen. Und sich irgendwann, wenn sie gerade die große Welt der Abenteuer-Literatur für sich entdecken, auch wünschen, dass das alles irgendwo kartiert sein möchte.
Aber wo nur?
Gibt es vielleicht einen Laden, wo man eine Weltkarte mit allen vermissten Schätzen bekommt? Und eine mit den gefährlichsten Raubtieren? Und vielleicht auch eine mit den größten Bergen und schlimmsten Vulkanen?
Sarah Shepard hat das alles mal auf elf große Weltkarten gemalt. Und nicht nur als kleines Bild, das gleich zeigt, wo Christoph Kolumbus schipperte und Magellan die erste Weltumsegelung versuchte. Sondern auch mit vielen kleinen Kästchen, in denen die wichtigsten Hingucker, Fakten und Personen noch einmal extra gewürdigt werden.
Ein Atlas also für alle jungen Leser, die gerade frisch sind in der Materie und noch üben, ein großer Abenteurer zu werden. Einige Themen werden ein bisschen ausführlicher behandelt. Immerhin wendet sich das Buch an Leser ab 8 Jahre. Da haben sie die naturwissenschaftlichen Fächer in der Schule alle noch vor sich und Ereignisse wie der Untergang der Titanic oder der Bau des Panamakanals müssen natürlich in ihren Zusammenhängen erzählt werden, damit man sie begreifen kann. Denn warum sollte man denn auf einer Insel verdursten können- ringsum ist doch lauter Wasser!
Man taucht mit Sarah Shepard in die tiefsten Meeresgräben, man bekommt erklärt, wie ein Vulkan funktioniert und warum die Kontinente über die Erde schwimmen, warum es Erdbeben gibt und wie neue Inseln geboren werden.
Die Welt ist voller Phänomene, die auch dann noch faszinieren, wenn man weiß, wie sie zustande kommen. Oder erst recht. Denn hinter der Neugier, die Sarah Shepard mit ihren Abenteuer-Karten füttert, steckt natürlich das ganz ursprüngliche menschliche Interesse daran zu erfahren, wie die Welt funktioniert. Daraus werden dann in der Regel (wenn die Schule sie nicht völlig demotiviert) kühne Forscherinnen und Forscher. Es muss ja am Ende nicht der Mariannengraben sein, wo es eine völlig andere Welt zu entdecken gibt, oder die eisige Höhe des Mount Everest. Abenteuer lauern überall. Und manche locken auch dann, wenn sie aus nicht viel mehr bestehen als aus einer schönen Legende – wie die vom Yeti, dem Ungeheuer vom Loch Ness oder den Erzählungen über das Bermuda-Dreieck. Manchmal sind es ja gerade die ungelösten Rätsel, die den Forschergeist anspornen.
Und mit 8 Jahren kostet dieser Traum ja noch nicht so viel.
Da kann man auch mit Papas Sonnenhut und Omas Opernglas zur Expedition aufbrechen in die Wiese hinterm Haus. Aber richtig toll ist es natürlich, wenn man weiß, dass man ein ganzes Buch voller Abenteuer-Karten hat, in dem man jeden Tag blättern kann. Die großen Abenteuer beginnen alle im Kopf. Doch zum Forscher und Entdecker wird man nur, wenn man träumen kann. Wer keine Phantasie hat, wird nie etwas entdecken. Müssen ja nicht unbedingt kleine giftige Pfeilgiftfrösche sein oder wütend gewordene Flusspferde.
Ein wenig bewahrt das Buch noch den Abenteuergeist des Zeitalters der großen Entdeckungen, der heute in der Regel verschwunden ist. Der Atlas erschien 2013 erstmals in Schweden und hat dort augenscheinlich eine Menge junger Forscher zum Tagträumen gebracht. Nun gibt’s das Abenteuer auch auf Deutsch. Eine schöne, farbige Einstiegsdroge für künftige Geografen, Biologen, Meereskundler und was der aufregenden Forscherberufe mehr sind.
Bestellen Sie versandkostenfrei in Lehmanns Buchshop: Sarah Shepard “Atlas der Abenteuer“, Klett Kinderbuch Verlag, Leipzig 2015, 14,95 Euro
Keine Kommentare bisher