Es gibt schon ein paar deutsche Städte mit einem Wimmelbuch. Wimmelbilder sind große Bilder mit ganz vielen kleinen Szenen drauf, die es zu entdecken gilt. Besonders Kinder scheinen diesen Bilder-Such-Spaß zu lieben. Für Leipzig gab's bislang noch kein solches Wimmelbuch. Trotz allem Gewimmel. Der Potsdamer Willegoos Verlag hat nun Abhilfe geschaffen.
Er hat schon einige Wimmelbücher zu deutschen Städten im Programm: Karlsruhe, Dresden, Stuttgart und Potsdam zum Beispiel. Auch etliche Inseln sind dabei. Seit dieser Woche ist nun auch Leipzig im Wimmel-Reigen vertreten. Der kleinteiligen Arbeit hat sich die junge Potsdamer Illustratorin Anna Laura Jacobi angenommen. Was das für eine Arbeit ist, ist derzeit in einem Making-of auf der Website des Verlages zu sehen. Denn entstanden ist das Buch nicht mit Tusche und Pinsel, wie man auf den ersten Blick denken könnte, sondern am Computer – von der ersten Zeichnung über das langsame Auffüllen der Farbflächen vom Hintergrund bis zur Szenerie im Vordergrund. Und ganz zum Schluss fanden all die kleinen Figuren ihren Platz im Bild, die jede Szene zu einem Suchbild machen.
Mittendrin immer eine Reisegans namens Guntje, erkennbar an ihrem orangefarbenen Schal. Und obwohl Anna Laura Jacobi in Potsdam lebt, hat sie in ihren Bildern doch eine sehr persönliche Beziehung zu Leipzig entwickelt, so dass nicht nur ein Wimmelbuch für Leipzig-Kennenlerner entstanden ist, sondern auch für die hier Lebenden, die durchaus ihre Stadt und einige nicht ganz so touristen-übliche Schauplätze erleben dürfen. Eher solche, die man mit Kindern entdeckt, wenn man sich mal Zeit für Leipzig nimmt – auch wenn ausgerechnet der Zoo eher eine schöne Phantasie-Landschaft ist. Da wollte Anna Laura Jacobi wohl einfach mehr Tiere mit aufs Bild bringen, als man für gewöhnlich zu sehen bekommt – auch wenn man mit Flügeln übers Gelände schweben würde. Die Flamingos im Buch werden sich über die neue Nachbarschaft zu den Giraffen bestimmt gefreut haben. Und die Affen natürlich über den Nachahmungstrieb der Zweibeiner auf dem Besucherpfad. Dem ein oder anderen Menschlein im Bild passiert das ein oder andere Malheur. Da darf Opa natürlich seine Lesebrille nicht vergessen, wenn er mit seinem Enkel auf Entdeckungsreise ins Wimmelbuch geht. Am Ende sieht er sonst eine Menge Dinge nicht, die der Enkel mit klarem Blick sofort findet. Von der zuweilen gut versteckten Graugans Guntje ganz zu schweigen.
Natürlich gehört ein bisschen Bild-Spaß dazu. Wie auf dem Umschlag: So könnte es aussehen, wenn anstelle der neuen Katholischen Kirche St. Trinitatis gegenüber dem Neuen Rathaus ein neuer Park für turnende Großväter, picknickende Familien, Stadtkaninchen und Musikanten entstanden wäre. Aber den bekommen die Leipziger jetzt vielleicht ein Stückchen weiter auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz.
Auftakt für die Wimmel-Tour ist logischerweise der Leipziger Hauptbahnhof, ein Bild, das schon in wenigen Monaten eine schöne Erinnerung sein wird, wenn der auf Bahnsteig 22 eingefahrene Interconnex aus dem Fahrplan verschwunden sein wird. Die beiden Zwillinge und das kleine rothaarige, lesende Mädchen werden dann wohl mit dem Fernbus fahren müssen. Das Mädchen darf man sich merken. Denn es taucht – wie Guntje – auch in anderen Bildern wieder auf. Zum Beispiel auf der bei Jung und Alt beliebten Thomaswiese oder auf dem Wochenmarkt vor der Gohliser Friedenskirche. Das Buch ist jedes Mal ein anderes. Das Mädchen scheint also wirklich eine Menge zu lesen, egal, wo sich die Gelegenheit dafür bietet. Straßenmusikanten tauchen auf,Omas laufen mit ihre Gehhilfe durchs Bild, Tauben, Krähen und andere hungrige Tiere finden überall was zu futtern und zu picken.
Die Orte, die es zu entdecken gilt, gehören allesamt zu jenen Leipziger Lokalitäten, an denen Kinder sich wohlfühlen – der Sandstrand am Cospudener See gehört dazu genauso wie der Bootsverkehr auf der Weißen Elster in Schleußig. Oder der neu gestaltete Spielplatz am Auensee. So ganz beiläufig ändert sich auch das Wetter, wird die Bilderreise auch zu einem Gang durch die Jahreszeiten. Am Auensee (wo das rothaarige Mädchen natürlich wieder ein neues Buch liest, ist Herbst. Und wer denkt, sie würde ihre Leselust auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt ablegen, wird sich wundern. Und wenn es dann richtig kalt wird und die anderen Kinder im Johannapark rodeln oder Schlittschuhlaufen …
Da kann man nur sagen: Selbersuchen. Kleine und große Wimmelfreunde werden beim Blättern so ihre Entdeckungen machen. Und am Ende haben sie eine recht gute Übersicht über das, was Kindern in Leipzig wirklich wichtig ist. Die Graugans Guntje ist immer mit dabei. Auch noch im letzten Bild, das einen Einblick in die hell erleuchteten Wohnungen eines Wohnblocks am Johannisplatz bietet. Man darf sich nur nicht täuschen lassen: Die braungebratene Gans, auf die es ein fröhlich japsender Hund abgesehen hat, ist nicht Guntje, die muss man woanders suchen. Und wer das Zimmer mit den vielen Büchern findet, der weiß auch, wo das immer lesende Mädchen steckt.
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