Dinkel - das klingt nach zweierlei: nach mächtig gesund und Reformhaus - und nach mächtig alt und Archäologie. Beides stimmt. Dinkel gehört zu den ältesten in Europa angebauten Getreidesorten. Seit über 3.700 Jahren ist es hier nachweisbar. Doch später verdrängten ihn andere Getreidesorten aus den Speiseplänen und von den Feldern der Europäer. Dabei ist er tatsächlich gesund.
Leicht bekömmlich sei der Dinkel, stimmungsaufhellend, gut gegen Stoffwechsel- und Verdauungsstörungen, unter anderem auch, weil er gut wasserlöslich ist. Anja Völkel könnte noch seitenlang so weitermachen. Macht sie auch. Warum ist es nur so schwer, ein gesundes Korn wieder populär zu machen? Vielleicht liegt es an ein paar alten Legenden aus den Backstuben und Küchen: “Leider wird das Backen mit Dinkel oft als schwierig angesehen”, schreibt Anja Völkel, “dem Teig werden schlechtere Backeigenschaften nachgesagt.”
Das hat – Anja Völkel verrät es – mit der Wasserzufuhr zu tun. Dinkel ist nicht nur pikant, er hat auch Charakter und will schonend behandelt werden. Wer das weiß, hat keine Probleme beim Backen, der freut sich eher auf ein Gelingen, bei dem der Körper tatsächlich Belohnung bekommt: Vitamine für den gesunden Aufbau von Gehirn, Leber und Muskelzellen. Ein bisschen Mühe beim Kneten gibt’s. Wer sich traut, wird belohnt. Ein Blick in die Küche: Ist alles da? Backofen, elektrisch? Backformen (nicht zu groß)? Alle Zutaten für die Grundrezepte: Mürbeteig, Quarkölteig, Hefeteig, Strudelteig, Brandteig?Dann kann es losgehen. Denn eines ist klar: Wer die Grundteige drauf hat, der packt den Rest spielend. Also lohnt es sich zu üben. Gutes Training macht den Küchenmeister. Oder die Meisterin. Je nachdem, wer im Haus die Schürze anhat. Es darf auch gewechselt werden. Nach den Grunddisziplinen gibt es ab Seite 30 die Kür. Und es sind durchaus Rezepte dabei, die man auch aus der gewohnten Bäckerei kennt. Man wechselt quasi ins Nebenfach, von den Pfannekuchen aus Weizenmehl zu den Holländischen Rosinenkrapfen aus Dinkelmehl.
Mohnstrizel, Milchhörnchen, Törtchen, Brezeln, Beerenkuchen. Alles ist möglich. Zitronenschnitten aus Dinkelmehl? Keine Frage. Auch Baguettes kann man so backen und dann füllen mit Oliven, Champignons, Tomaten, Mozzarella. Amerikaner, Honigkuchen oder Englisches Früchtebrot? Warum nicht. Spätestens bei Marillenringen, Franzbrötchen und Dinkelschnitten sollte der Umgang mit dem Dinkel zur Gewohnheit geworden sein. Der größte Teil des Büchleins besteht aus Rezepten, da und dort auch fotografisch verstärkt, damit auch der Skeptiker sieht: Es geht. Man kann backen mit Dinkel.
Feines Dinkelgebäck
Anja Völkel, Buchverlag für die Frau 2014, 5,00 Euro
Und wer verzweifelt, kann immer wieder nach vorn zurückkehren, die Hinweise zum schonenden Umgang mit Dinkel lesen. Vielleicht ist es das, was jetzt zu lernen ist: Respekt vor dem Material, mit dem man arbeitet. Schnell-schnell und husch-husch sind kein guter Ratschlag in der Küche. Schnell kann man werden, wenn die Königsdisziplin Dinkel geübt ist. Das wird bei Manchem schneller klappen, weil sie oder er das berühmte Händchen dafür haben. Andere werden wieder verzweifelt mit ihrer Unruhe und Ungeduld kämpfen: Das muss doch werden! – Muss es nicht. Darf es. Dann glücken auch die Knabbereien zu den Festen – Süße Lämmchen zu Ostern zum Beispiel oder Weihnachtssterne.- Aber weil es gerade Sommer wird, drängen sich Beerentörtchen oder Haweiibrötchen für den Grillabend geradezu auf. Alles mit Dinkel. Schön pikant.
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