Notorische Störenfriede oder Rückgrat der Fanszenen? Gewalttäter oder treue Supporter ihres Clubs? Treffen die Etiketten, mit denen die Extremfans vor allem von Polizei, Politik und Medien belastet wurden, tatsächlich zu? Sportjournalist Christoph Ruf ist dieser Frage nachgegangen. Sein Buch "Kurvenrebellen" zeichnet das differenzierte Bild einer widersprüchlichen Jugendkultur.
Christoph Ruf ist niemand, der seine Recherchen allein am Schreibtisch mit ein paar Telefonaten, Google und Facebook erledigt. Der Fanexperte hat sich auf die Reise begeben. Monatelang. Quer durch die Republik.
Der Autor, der für renommierte Magazine und Zeitungen schreibt, ist bei engagierten Fußballanhängern wegen seiner differenziert-kritischen Auseinandersetzung mit Fanthemen weithin anerkannt. Fünf Bücher hat er bislang geschrieben. Unter anderem über den FC St. Pauli, Reisen in die Fußballprovinz, die NPD und Fans in der Midlife-Crisis.Christoph Ruf kennt die sozialen Milieus, über die er schreibt, wie seine Westentasche. In “Kurvenrebellen” stellt der Karlsruher 11 Ultra-Szenen vor. Der Leser registriert schnell, wie stark in der Fußball-Landschaft regionale Unterschiede ausgeprägt sind. Die eine Gruppe ist links, die andere politisch rechts, die nächste “unpolitisch, aber doch irgendwie antirassistisch”.
Ruf hinterfragt gezielt die Widersprüchlichkeiten der deutschen Ultra-Ideologie. Fahnenklau ist cool. Aber nur während des Spieltags. Mancherorts begegnen sich rivalisierende Gruppen mit Respekt, andernorts bekämpfen sie sich bis auf’s letzte Hemd. Gemeinsames Feindbild ist die Polizei. Die Fronten sind verhärtet. Ruf weiß, warum.
Kurvenrebellen
Christoph Ruf, Die Werkstatt 2013, 12,90 Euro
Der Journalist beschreibt die Kampagnenfähigkeit der Ultras, wenn fanpolitische Themen auf der Agenda stehen. Etwa die Diskussion um Pyrotechnik im Stadion oder das Sicherheitspaket der DFL. Er zeigt aber auch, wie rechtsextreme Alt-Hools die Ultras mancherorts des Platzes verweisen, weil sie die von ihnen einst geschaffene rechtsoffene Hegemonie gefährdet sehen.
“Kurvenrebellen” ist ein Muss für Freunde des runden Leders. Jedenfalls für diejenigen, die sich nicht mit medialen Plattitüden abspeisen lassen, sondern sich ein differenziertes Gesamtbild der deutschen Ultra-Szenen verschaffen möchten. Für sie führt an Ruf so schnell kein Weg mehr vorbei.
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