Es ist schon erstaunlich: Da denkt man die ganze Zeit, die Sache mit der Relativitätstheorie ist doch noch ganz neu, eben gerade passiert und so hochkomplex, dass sich nur die Spezialisten damit beschäftigen - und dann blättert man dieses kleine Wörterbuch durch und merkt: Sie ist längst überall präsent. Albert Einstein ist es tatsächlich gelungen, unser Weltbild völlig zu verändern.
Wir denken in Lichtjahren, wundern uns nicht mehr über Schwarze Löcher, haben von Raumkrümmungen schon gehört und von der Expansion des Weltraums auch, wir haben mitbekommen, dass das Vakuum im Kosmos nicht so leer ist, wie man vorher glaubte, haben von Hintergrundstrahlung und kosmischem Rauschen gehört. Dabei war Albert Einstein, als er 1905 seine spezielle und 1915 seine allgemeine Relativitätstheorie publizierte, ja kein Astronom, sondern Physiker. Ein begabter Physiker, der beinah an der Universität Leipzig gelandet wäre. Beworben hatte er sich ja. Aber dieses “beinahe” macht nun einmal Geschichte aus. Leider oder zum Glück. Oder um einen dieser Sprüche des 20. Jahrhunderts zu zitieren: “Alles ist relativ”. Womit sich mancher Zeitgenosse noch heute tröstet.
Denn gelernt hat man ja auch das – in der Schule zumeist, wenn die Lehrer gut waren: Dass vor jeder Messung und Beobachtung erst einmal geklärt werden muss, in welchem Bezugssystem sich der Beobachter befindet. Wenn das nicht geklärt ist, kann man Ereignisse nicht wissenschaftlich exakt beschreiben. Der verflixte Beobachter – er spielt eine Rolle. Erst recht, wenn es um Bewegungen und unterschiedliche Systeme geht. Wie war das eigentlich mit diesem Zwillingsparadoxon? Warum ist der eine Zwilling noch immer so jung, obwohl er doch mit Fast-Lichtgeschwindigkeit durchs Weltall gedüst ist, während der andere zu Hause blieb, schön langsam ging und trotzdem ein alter Greis wurde?Und warum ist es trotzdem keine Über-Lichtgeschwindigkeit, wenn sich der Schaffner im Zug, der sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, nach vorn durch die Abteile durchkämpft? Was hat das mit dem Bezugssystem zu tun? Und warum träumen SF-Autoren trotzdem von Raumschiffen mit Tachyonen-Antrieb? (Wer ein Buch hat, in dem so etwas vorkommt, kann es wirklich so wie es ist wegschmeißen: Der Autor hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Sache mit den Tachyonen verstehen zu wollen …)
Viele Paradoxa, die mit den Formeln und Axiomen der klassischen Physik nicht begreifbar waren, haben mit Einsteins Relativitätstheorie eine logische und bestechende Erklärung gefunden – auch wenn die Phänomene dann trotzdem noch das menschliche Vorstellungsvermögen übersteigen. Wir wissen zwar, wie Gravitation funktioniert. Ganz theoretisch. Aber natürlich bleibt es abstrakt – wir sehen es, können es messen. Das große Staunen bleibt. Denn wie kann es sein, dass selbst Lichtstrahlen von großen Sternen gekrümmt werden können? Und wie funktioniert das im ganz Kleinen, denn da setzt es doch wohl an – bei Teilchen, die da als Bosonen, Photonen und Gravitonen durch den Kosmos rauschen?
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Einstein hat mehrfach von Gott gesprochen, nicht nur bei seinem flapsigen Spruch “Gott würfelt nicht.” (Längere Version: “Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt.”) Er hat diverse Forschungsergebnisse und Theorieansätze der modernen Physik so kommentiert. Auch in diesem kleinen Wörterbuch kommen einige dieser Sprüche vor. Was nur zum Teil verwirrt: Wie kann man noch an einen Gott glauben, wenn man die Funktionsweise des Kosmos so tiefgründig durchleuchtet? Aber natürlich spürt man dabei auch, welche Dimension Gott für Einstein hatte. Er ähnelte für Einstein wohl wirklich dem großen, emotionslosen Ur-Prinzip, wie es manche SF-Autoren zu beschreiben versuchen. Und zwar meist dann, wenn sie zu erfassen versuchen, welche Dimensionen unser Kosmos eigentlich hat. Was sind schon 14 Milliarden Jahre seit dem Urknall und den heftigen energetischen Prozessen, die “damals” stattgefunden haben und deren Folgen wir heute noch erleben? Bis hin zu diesem rasenden Auseinanderdriften der Galaxien, das sich durch die Rotverschiebung in den Spektren ferner Sterne beobachten und ausrechnen lässt.
Fast vergessen, dass es die Generation Einsteins war, die den Äther in die Abstellkammer der Theorien verbannte – nun auch mit dem Beweis, dass es keinen Äther gab. Was eng mit dem auf dem Buchcover abgebildeten Einstein-Turm in Potsdam zusammenhängt. Stichwort: Michelson-Experiment.Und was hat das alles eigentlich mit dem Global Positioning System (GPS) zu tun, das jeder Autofahrer heute nutzt, als wäre es selbstverständlich? Wie kann es überhaupt funktionieren, wenn sich die Satelliten und die Erde in unterschiedlichen Bewegungen zueinander befinden und die Messungen eigentlich Abweichungen von mehreren Kilometern ergeben müssten? Und was hat das mit der berühmten Zeitdilatation zu tun, dem Phänomen, dass Uhren in unterschiedlich bewegten Systemen auch unterschiedlich ticken?
Für alle, die immer wieder mal mit solchen Phänomenen zu tun haben, ist dieser kleine Guide natürlich eine hübsche Gedächtnisstütze. Die Auswahl der Stichworte zeigt, wie tief die Einsteinschen Theorien schon in unserem Denken und Handeln verwurzelt sind. Auch einige Forscher und Philosophen vor Einstein – bis hin zu Kant und Newton – sind mit aufgeführt. Denn Einstein schöpfte natürlich nicht aus dem luftleerem Raum. Er setzte da an, wo andere vor ihm entweder an die Grenzen ihrer Möglichkeiten (oder die Möglichkeiten ihrer Zeit) gekommen waren oder wo – ganz beiläufig ein Gedanke auftauchte, von dem der Denker noch gar nicht ahnte, welche Folgen in ihm steckten.
Es wird auch deutlich, dass Menschen wie Einstein keine abgehobenen Denker sind. Sie sind in einem Kosmos der Ideen, Theorien und Gedanken zu Hause, sie haben auch die Denkwelten jenseits ihres Fachstudiums zumindest besucht. Denn von dort kommen in der Regel die Anregungen, alte Axiome und Theorien einfach mal umzukrempeln und ganz neu zu denken und zu sehen.
Relativitätstheorie von A bis Z
Helmut Günther; Volker Müller, Edition am Gutenbergplatz Leipzig 2013, 14,50 Euro
Was Albert Einstein ja mit mathematischer Lust getan hat. Und wer mit seinen Theorien und all dem, was zwangsläufig daraus folgt, noch nichts anfangen kann, der hat hier einen kleinen Einstieg. Da und dort ein wenig formellastig. Denn die beiden Autoren sind selbst Mathematiker, Physiker und im Fall von Volker Müller auch Kosmologe. Da rutscht sowas manchmal durch. Denn in der theoretischen Physik ist es wie in der Mathematik: Um eine Sache wirklich zu beweisen, braucht es eine schlüssige mathematische Formel. Aber an solchen Stellen lohnt sich dann wohl die weitere Suche in ausführlicheren Werken. Insofern passt dann wieder die Bezeichnung “Guide”: Der Guide führt einfach hinein in diese Welt. Mancher besucht sie wie ein Tourist, mancher wie ein Lernender. Und natürlich wird es immer an den Stellen, wo die Fragen auftauchen, erst richtig spannend.
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