"Schon probiert?" steht noch listig auf dem Titel. Vegane Küche ist ja tatsächlich noch für Viele ein Fremdwort, für andere ein Rotes Tuch. Und für eine wachsende Mehrheit eine Überzeugungstat. Man setzt Zeichen. Und klinkt sich aus einem großen Teil dessen aus, was derzeit als industrielle Nahrungsgüterproduktion mit all ihren Folgen und Skandalen zu erleben ist. Ein Lebensmittelskandal jagt den anderen.
Das ist nicht neu. Carola Ruff sieht den anwachsenden Zuspruch zur veganen Ernährung in Deutschland eng verquickt mit dem BSE-Skandal. Das ist noch gar nicht lange her: 2001. Ein Jahr, das freilich auch von zwei anderen Ereignissen überschattet war – dem Anschlag auf das World Trade Center und dem Platzen der Dotcom-Blase 2000, die sich 2001 zu einer weltweiten Wirtschaftskrise auswuchs. In Argentinien übrigens zur ersten Finanzkrise nach dem aktuellen Muster, wie es jetzt auch europäische Länder erleben.
Das hängt alles miteinander zusammen. Es ist der große Reibach, der die international agierenden Unternehmen auch in der Nahrungsmittelbranche dazu bringt, zu Panschen, zu Pfuschen, Schutzregeln außer Kraft zu setzen. BSE ist übrigens längst nicht erledigt. Die Sächsische Landesuntersuchungsanstalt untersucht jährlich rund 12.000 Rinder auf BSE. Die letzten beiden Fälle wurden 2009 festgestellt. Aber der jüngste Pferdefleischskandal hat es wieder recht deutlich gezeigt: Wer sich auf die bunten Verpackungen im Supermarkt verlässt, ist verlassen.
2001 gaben bei einer Umfrage schon 15 Prozent der Deutschen an, sie würden kein Fleisch mehr essen. Das ist problemlos möglich. Und tut auch dem Gewissen gut, denn dann muss in der Regel kein Lebewesen mehr leiden und sterben, damit wir unsere Proteine bekommen. Im Grunde ist fast alles, was der menschliche Körper braucht, auch in pflanzlicher Nahrung enthalten.
Die vegane Ernährung geht freilich noch ein ganzes Stück weiter und verzichtet auch auf alle anderen Produkte, die vom Tier kommen – wozu dann auch Eier und Milchprodukte gehören. Das freilich sollte man nicht einfach so wagen, weil man nun gerade innerlich so weit ist. Da sollte man schon ein paar Regeln beachten – auch wissen, wie man die wichtigen Vitamine, die man sonst mit Eiern und Milchprodukten zu sich nimmt, ersetzen kann. Auch ist eine vorherige Beratung mit dem Arzt oder Heilpraktiker angeraten, so Ruff. Erst recht bei Schwangerschaften. Zwar waren auch etliche unserer fernen Vorfahren wohl ausgesprochene Vegetarier. Aber sie ergänzten das Angebot von Blättern, Wurzeln, Früchten eben auch oft durch leckere Eiweißbeilagen aus der Insektenwelt.
Macht man ja heute eher selten. Deswegen sind die Tipps, die Carola Ruff gibt, wichtig. Da die vegane Szene nicht so ganz jung ist, haben sich auch schon etliche Firmen auf die Bereitstellung der nötigen Zutaten spezialisiert, mit denen Kochen und Backen wieder möglich werden und wohl auch genießenswerte Ergebnisse bringen. Mal ist es Erbsmehl, mal Soja, mal Pflanzenmilch, die zum Einsatz kommen. Wobei die Gier der modernen Nahrungsmittelkonzerne auch den Veganern schon zu schaffen macht. Denn um die Märkte mit Soja zu versorgen, werden ganze Urwälder gerodet. Aber auch die Gentechnik macht vor den benötigten Kulturen nicht halt.
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Andererseits findet man Vieles auch in heimischen Breiten. Neuere Erhebungen bestätigen, dass in Deutschland der Bedarf an Bio-Produkten, die eben auch für die vegane Ernährung wichtig sind, wesentlich größer ist als die Produktion. Was eben auch daran liegt, dass Bio-Produktion nur im Schneckentempo Land gewinnt gegen die konventionelle Landwirtschaft.
Carola Ruff erklärt auch kurz, wie man sich für die vegane Ernährung etliche Grundzutaten auch selbst herstellen kann. Was man auf jeden Fall lernt dabei, ist die Zutatenliste der bunten Verpackungen im Supermarkt zu lesen. Da kommt man dann recht schnell dahin, das Meiste wieder hinzustellen, weil von natürlichen Zutaten nicht mehr viel drin ist. Und selbst in Produkten, wo man vernünftigerweise keine tierischen Beimengungen erwartet, sind sie dennoch zu finden. Der vegane Weg ist auf jeden Fall einer, der zur intensiven Beschäftigung mit dem zwingt, was wir täglich essen. Aber selbst wer auf Milch, Butter und Eier geeicht ist, findet augenscheinlich vollwertigen Ersatz. Auch wenn das Frühstücksei an sich wohl nicht zu ersetzen sein wird.
Ein kleines Kapitel verrät, wo man sich die notwendigen Vitamine besorgt. Sie sind fast alle in den Früchten der Jahreszeiten zu finden. Man wird also auch angeregt, sich wieder mit dem saisonalen Früchteangebot zu beschäftigen. Ein kleiner Kriminalfall bleibt das B12, das man früher mal mit Fleischprodukten zu sich nahm. Aber die Massentierhaltung scheint dazu geführt zu haben, dass man im handelsüblichen Fleisch auch kein B12 mehr findet. Auch Fleischesser bekommen so ein ganz unerwartetes Vitaminproblem, wenn sie nicht B12-angereichtetrte Produkte zu sich nehmen oder auf echte Bio-Kost umsteigen.
Vegane Küche
Carola Ruff, Buchverlag für die Frau 2013, 5,00 Euro
Das Büchlein enthält aufgrund der Materie recht viele Angaben zum Grundlagenwissen. Die Hälfte ist dann freilich wieder Rezepten vorbehalten – von den Basics bis hin zu einigen herzhaften, süßen, abwechslungsreichen Gerichten. Gewöhnungsbedürftig auch beim Anblick, weil die üblichen nicht-vegetarischen Hingucker fehlen. Aber es steht ja das Wörtchen “probiert” auf dem Cover. Jeder kann selbst versuchen, wie gut er mit dieser Küche zurecht kommt. Carola Ruff führt auch einige berühmte Leute als Vorbilder an. Aber das muss man nicht immer glauben. Über berühmte Leute wird viel erzählt, was am Ende keiner beweisen kann.
Worum es tatsächlich geht, das ist die eigene, ganz persönliche Einstellung zum Essen. Und man geht auf jeden Fall einige Besorgungswege anders, wenn man sich einmal näher mit dem beschäftigt hat, was die modernen Nahrungskonzerne mit unserem Essen alles anstellen.
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