Als gestandener Texaner mit dem zugehörigen Akzent stellt der Klett-Cotta Verlag Joe R. Lansdale den Übersetzer des Buches zur Lesung an die Seite. So wie schon die liberale Geisteshaltung zwischen den Zeilen seines Romans durchscheint, ist er dann auch im Gespräch. Eine reflektierte Haltung zum Heimatland offenbart er, die den Roman zu einem unterhaltsamen Stück Landeskunde macht. Wenn es schon wenige Leute mit touristischer Gesinnung ins ländliche Osttexas verschlägt, so ebnet Joe Lansdale wenigstens den literarischen Weg dorthin.

Mr. Lansdale, wie anstrengend war für Sie die Buchmesse bisher, Leipziger Autoren erzählen oft, der Samstag stresse schon sehr?

Das Anstrengende war für mich nicht die Buchmesse, sondern der Umstand, dass ich wegen Verspätungen von Flügen so lange unterwegs war und fast zwei Tage nicht geschlafen habe. Gleich nach der Ankunft in Berlin am Freitag hatte ich schon einen Termin zur Vorstellung des Buches und bin erst heute am Samstag in Leipzig angekommen. Hier hatte ich heute eine Signierstunde auf dem Messegelände und habe mich dabei kurz mit wundervollen Leuten unterhalten können. Ich war erstaunt, wie viele schon im Buch gelesen haben, es ist doch in Deutschland erst ein paar Tage veröffentlicht.

Sie beschreiben in “Dunkle Gewässer” sehr ernste und einschneidende Erlebnisse im Leben junger Menschen sehr augenzwinkernd und humorvoll. Wie schmal ist dabei der Grat, nicht die Stimmung ins Lächerliche zu ziehen?

Oh, das ist wie der Tanz auf einer Rasierklinge. Fängt man einmal damit an, muss man diesen Stil durchhalten, darf aber nie den Ton verfehlen, sonst klingt alles idiotisch. Deswegen habe ich auch zuvor schon Bücher mit anderen Stimmungen geschrieben, wie “Bubba Ho-Tep”, das ganz und gar unernst ist.

Zwei der Hauptpersonen pflegen zur Zeit der Handlung eine ungewöhnliche Freundschaft. Sue Ellen als Erzählerin ist weiß, einer ihrer Freunde – Terry – ist schwarz. Wie wichtig sind Ihnen solche Beispiele von Toleranz?
Ich möchte sehr gerne Geschichten erzählen, die auch eine Bedeutung haben. Und ja, eine Freundschaft wie diese war in den 1930ern in Texas sehr selten, aber es gab sie. Es ist wichtig, sich darauf zu besinnen und zu merken, dass wir auch heute keinen Platz für Rassismus lassen sollten. Texas ist weniger rassistisch als man es in einem mehrheitlich konservativen Staat annehmen sollte. Allerdings war ich noch an keinem Platz auf dieser Erde, an dem es keinen Rassismus gegeben hätte. Wenn ich etwas dazu beitragen kann zu vermitteln, dass alle Menschen einfach nur Menschen sind, würde mich das sehr freuen.

Sie sind selbst Vater, wie wichtig war es Ihnen, Ihren Kindern Geschichten zu erzählen?

Ganz klar, dass war sehr wichtig. Ich wollte, dass meine Kinder einen Sinn für die Kontinuität der Geschichte bekommen. Damit sie wissen, wer ihre Vorfahren waren, woher sie kommen und wer sie sind.

Kommen wir zu einer schwierigen Frage: Für welche Altersgruppe ist Ihr Buch gedacht? Alle Hauptpersonen sind nach heutiger Auffassung Jugendliche, gleichzeitig gibt es sehr drastische Momente.

Darüber habe ich mir beim Schreiben gar keine Gedanken gemacht, ich denke es ist ein Buch für junge Erwachsene und Erwachsene gleichermaßen. Es fließen Erzählungen meiner Eltern aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise und vieler historischer Quellen aus dem amerikanischen Bürgerkrieg mit ein, daher kommt zum Beispiel die Schilderung über die Amputation von Terrys Hand. Einen Wundbrand wie den, den ich beschreibe, hätte er sonst nicht überlebt.

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Dunkle Gewässer
Joe R. Lansdale, Tropen-Verlag 2013, 19,95 Euro

Das ist ein im wahrsten Sinne des Wortes einschneidendes Ereignis, gerade im Leben eines jungen Menschen. Inwieweit treibt es Terry auch dazu, sein Geheimnis gegenüber Sue Ellen einzugestehen?

Für mich sind es andere Faktoren, die Tatsache, dass er im Texas der 30er Jahre schwul ist, auch wenn man das damals nicht so nannte, wiegt schwer auf seinen Schultern. Wie schon beim Thema Rassismus geht es mir hier darum, relevante soziale Verhältnisse zu erzählen. Er hat keine Chance, gesellschaftlich akzeptiert zu werden. Dazu kommt noch die Last des Geheimnisses, die ihm schließlich zu viel wird, so dass er es jemandem verraten muss.

Vielen Dank, ich wünsche Ihnen noch einen spannenden Messesonntag.

Dankeschön, den werde ich haben.

Ausführliche Leseprobe des Buches:
www.klett-cotta.de

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