Im ersten Kinderbuch über den Reggae-Hasen Boooo thematisierte die 1994 in Dresden gegründete Reggae- und Ska-Band Yellow Umbrella die nie ganz unbegründete Angst, der König könne den Probenraum sperren und die Musik im Wald zum Verstummen bringen. Eine leichte, karibische Geschichte, in der die Band auch ihre lockere Haltung zum Leben in Töne und Bilder fasste. Nun im zweiten Boooo-Buch bedroht eine rosa Monsterkrabbe den Reggae-Wald. Ein mehr als hintersinniges Abenteuer.

Denn gesichtet wurde die Riesen-Monsterkrabbe vom Geheimdienst des Königs, dem GGK, dem Geheimsten Geheimdienst des Königs. Gerüchte laufen durch den Wald auf den flinken Pfoten von Peter Fuchs. Und wenn die Gerüchte erst einmal laufen, geraten die Tiere in Panik. Wer kennt das nicht? Man muss nur tagtäglich den Nachrichtenmulch der großen deutschen Leidmedien über sich ergehen lassen, und man merkt, wie die Gerüchte, Vermutungen, Bedrohungsszenarien über einen hereinstürzen. Wie ganze Wahlvereine und Hinterzimmerkollektive damit beschäftigt sind, immer neue Rosa Monsterkrabben zu erfinden, gesichtet irgendwo am Horizont, vergrößert ins Phantastische, ausgestattet mit allen Schrecken von Armageddon.

Mehr zum Thema:

Yellow Umbrella produziert ein Kinderbuch: Der Reggaehase Boooo

Der Verlag Voland & Quist hat sein …

Der Pantoffelpirat: Kudernatsch hat sich ins Kinderzimmer getraut

André Kudernatsch hat ein Kinderbuch …

Die Flegeljahre: 20 Jahre Schweinevogel jetzt in einem 616-Seiten-Paket

Von so etwas träumen natürlich die Liebhaber …

Der Reggae-Wald hat eine Menge zu tun mit unserer Gegenwart. Was sich die Herren von Yellow Umbrella ausdenken, sind keine Gute-Nacht-Märchen für Kinder, die noch an den Weihnachtsmann glauben. Auch wenn die Szenerie liebevoll ausgedacht ist und bevölkert mit den Tieren der Fabeln – vom König Löwe bis hin zu den grimmigen Nashörnern der Garde, die losstampfen, um den Hasen Boooo ins Schloss zu holen.

Denn die Ratgeber des Königs – der Innenminister Castor Cordalis, der Kriegsminister Kornelius Knochenkracher und Dr. Mabuse, der Wissenschaftsminister, – erweisen sich wie schon im ersten Buch als völlig unfähig, für das anmarschierende Problem eine Lösung aufzubieten. Im Gegenteil – selbst das kennt man ja von den heutigen Laiendarstellern hinterwäldlerischer Politik – sie greifen in ihrer Tumbheit zu Rezeptvorschlägen, die noch schlimmer sind als die vermeintliche Gefahr.Der eine will gleich eine Riesenkanone bauen, um die Monsterkrabbe zu beschießen (frage da mal keiner nach dem Sinn heutiger Wehr-Etats), der nächste will gleich den ganzen Weg mit Gift belegen und dem Innenminister fällt nichts Besseres ein, als eine Riesenmauer um den Wald zu bauen, aus Baumstämmen. Wofür dann natürlich der ganze Wald gefällt werden müsste. Das kommt einem Bewohner des 21. Jahrhunderts doch irgendwie gewaltig vertraut vor.

Mit liebevollem Schabernack erzählt Yellow Umbrella alias Jens Strohschnieder, der Sänger von Yellow Umbrella, so eine kleine, böse Satire auf die politische Wirklichkeit mit ihrer Maßlosigkeit, ihrer Engstirnigkeit, ihrer Ignoranz. Denn natürlich kann auch Boooo keine Lösung anbieten. Wie denn auch? Mehr als die kruden Warnungen des Geheimdienstes gibt es ja nicht. Und der beschränkt sich – auch das kennt man ja von hiesigen Geheimdiensten – nur auf das Mutmaßen aus der Ferne. Den Mumm, die fernher anmarschierende Monsterkrabbe mal zu fragen, was sie will und wo sie hin will, den hatte die ganze Amtsträgerbagage nicht. Der König ahnt es und brüllt die Bande kurzerhand zusammen. Und brüllen kann er gut.

Der Hase Boooo hätte zwar auch ein kleines Problem mit der unbekannten rosa Riesenkrabbe – wenn er im Reggae-Wald nicht lauter Freunde hätte. Und die hat er, weil er sie alle ernst nimmt, den kleinen ängstlichen Fuchs genauso wie den verrückten Skavogel. Der ihm dafür eines verschaffen kann: einen schönen Flug und eine gute Übersicht. Und so machen sie sich auf, die rosa Monsterkrabbe zu suchen und sie mal zu fragen, was sie eigentlich im Reggae-Wald will.

Durch die Illustrationen von Lukas Rusinek (der den Stil von Manon Gauthier aus dem ersten Buch sensibel fortführt) wird die Geschichte auch zu einer farbenfreudigen Bilderflut. Die Bewohner des Reggae-Waldes werden zu kleinen, liebenswerten Persönlichkeiten. Und erzählt ist das Ganze eigentlich auch wie ein schöner, ein wenig schwermütiger Reggae-Song. Wer den Sound beim Lesen nicht heraushört, für den ist dem Buch wieder eine CD beigegeben, auf der die Geschichte von Dr. Ring Ding erzählt wird, unterlegt mit Musik von Yellow Umbrella.

Und am Ende wissen zumindest die Kinder, wie man mit rosa Monsterkrabben (oder Rosa Monsterkrabben) umgehen muss. Und die Freunde des Reggae natürlich.

Yellow Umbrella bei Voland & Quist: www.voland-quist.de/buecher/?filtername=book_author&filtervalue=144

Die Website von Reggaehase Boooo: www.reggaehase-boooo.de

Yellow Umbrella: www.yellowumbrella.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar