Sie agieren im Verborgenen und sind doch öffentlich präsent. Hells Angels und Bandidos haben sich im vergangenen Jahrzehnt in Deutschland explosionsartig ausgebreitet. Ihre Konflikte verlaufen oft äußerst brutal. Sie drohen, erpressen und morden, kämpfen um Macht, gegeneinander und gegen den Staat. So zumindest zeichnen drei Spiegel-Journalisten in ihrem Reportage-Band "Rockerkrieg" ein in dieser Form bisher einmaliges Gesamtbild einer gefährlichen Subkultur.
Überall in der Bundesrepublik ringen Rocker um Einfluss – von Flensburg bis nach Konstanz. Die Deutschland-Karte haben Hells Angels und Bandidos längst unter sich aufgeteilt. In Leipzig haben die “Höllenengel” das Sagen. Wer in der Messestadt ein Bordell eröffnen möchte, braucht nicht nur die Genehmigung der Behörden. Ein ungeschriebenes Gesetz der Branche.
Vielerorts wird das Rotlicht-Gewerbe vom organisierten Verbrechen beherrscht. Hells Angels, Bandidos und ihre Unterstützer sind der wohl prominenteste Teil dieses ansonsten im Verborgenen agierenden Phänomens. Sie scheuen nicht das Licht der Öffentlichkeit, sondern inszenieren sich gerne als mächtige Straßengangs. Ihre Revierkämpfe enden oft blutig. So wie der Disko-Krieg, der Leipzig 2007 und 2008 erschütterte. Türsteher, die den Hells Angels nahe gestanden haben sollen, wurden wiederholt von einer Migrantengang um Artur T., damals Anfang 20, angegriffen.
Die “Artur-Bande”, wie sie die “Süddeutsche Zeitung” nannte, stand wiederum den rivalisierenden Bandidos nahe. Ein blutiger Stellvertreter-Krieg, der 2008 letztlich in der Ermordung eines unbeteilgten Russland-Deutschen endete. Der Mann hatte das Pech, zur falschen Zeit an der falschen Tür zu stehen. Die Tat ist bis heute nicht aufgeklärt.
Auf die Leipziger Rocker kommen die Autoren Jörg Diehl, Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer ansonsten nicht zu sprechen. Warum auch? Die blutigen Grabenkämpfe zwischen den beiden großen Rockergangs finden andernorts statt. Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen entwickelten sich Ende der 2000er zu regelrechten Kampfzonen. Wer als Rocker einen falschen Schritt wagte, musste damit rechnen, im schlimmsten Fall sein Leben zu verlieren. Die Autoren zeichnen ein dezidiertes Bild von Hells Angels und Bandidos.
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“Rockerkrieg” ist Ergebnis jahrelanger Recherchen in einem Milieu, in dem Journalisten so willkommen sind wie Blaualgen im Baggersee. Zum ersten Mal erhält der Leser eine flüssig geschriebene Chronik über blutige Auseinandersetzungen, die die vergangenen Jahre so manchem Innenminister den Schlaf raubten. Die Autoren enthüllen die Verstrickungen von Politik und Polizei im Umfeld der Rocker-Clubs und zeigen Schritt für Schritt, warum die Biker auch künftig eine ernstzunehmende Gefahr für den Rechtsstaat sind.
Mittlerweile wurden einige “Chapter” verboten, andere haben sich selbst aufgelöst. Wieder andere sind nach Verbot unter neuem Namen aktiv. Verändert hat dies alles bislang am Grund für die Existenz der Gangs wenig. In einer Mischung aus Bruderschaft und dem Ruch von Außenseitertum ziehen sie immer wieder neue Mitglieder an. Das Rocker-Problem dürfte Kriminalisten noch über Jahre beschäftigen. Oder bis zum jüngsten Tag. Im Buch finden die Beamten zumindest fundierte Hintergrundliteratur für das nötige Basiswissen dafür.
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