Er gehörte zum Fernsehen der DDR wie Frau Puppendoktor Pille und Taddeus Punkt. Mit Clown Ferdinand eroberte er die Bühne im Friedrichsstadtpalast. Mit "Kunterbunt" begeisterte er die Kinder, mit "Zauber auf Schloss Kuckuckstein" die Erwachsenen. Nun hat er seine Erinnerungen aufgeschrieben: der Doktor der Chemie Peter Kersten, der Zauberpeter.

Das Zeug, einer der besten Chemiker des Landes zu werden, hatte der Bursche wohl, der in Hof aufwuchs und von Jugend an eigentlich nur ein Ziel hatte: zu zaubern. Am besten mit einer großen Show beim Fernsehen. Seinen Doktorvater enttäuschte er noch am Tag der Verteidigung seines Doktortitels, als er seine Zukunftspläne als Zauberer beim Fernsehen benannte. Wohin man – so hatte man es ihm gesagt – mit einem Doktortitel leichter käme. Es war in den 1960er Jahren nicht anders als heute. Auf der Bühne stand Peter Kersten schon vorher. Mit Sprach- und Lebenswitz erzählt Kersten, wie er beharrlich dran blieb, seinen Traum von der Zauberei zu verwirklichen, wie er mit Ämtern und Rahmenbedingungen umging und in den 1970er Jahren sogar zum gefragten Devisenbringer für das ewig klamme Ländchen wurde.
Er reiste durch die Welt, selbst in den USA war er unterwegs, fand Freunde unter den Magiern der Zeit – einer war sogar ein NASA-Boss, der den DDR-Zauberer einfach mal mitnahm ins Johnson Space Center in Houston. Bis heute zeigt er stolz seinen Passagierschein vor – ein Bursche aus dem Ostblock, der einfach durchs amerikanische Weltraumprogramm spazieren durfte. Er schrieb sogar drüber – seine Reportagen nahmen westdeutsche Magazine mit Kusshand. Überhaupt hat er die Möglichkeiten, die ihm sein Leben zwischen den Welten bot, wohl clever genutzt. 1981 freilich erklärten ihn die Amerikaner tatsächlich zur unerwünschten Person. Vielleicht war’s seine Leidenschaft fürs Tauchen und Unterwasserfotografieren, die ihn den Geheimdiensten suspekt machte.

Schon die Nähe zu den U-Boot-Basen in Florida könnte Verdacht genug gewesen sein.

Dass Zauberpeters Karriere 1990 einen ordentlichen Bruch bekam, das Schicksal teilt er mit den meisten Ostdeutschen. Bis hin zur Arroganz der neuen Herren, die ihm – aus der Warte der glücklichen westdeutschen Geburt – seine “Privilegien” vorhielten. Auch bei den neu gegründeten Sendern wurde augenscheinlich kein Zauberpeter mehr gebraucht. Der Unterhaltungschef des MDR stellte sich einfach taub.

Und am Ende war es der Chef fürs Auslandresort, der Peter Kersten mit Aufträgen bestückte – diesmal nicht für neue Zaubershows, sondern als freier Filmemacher, der mit der Kamera in aller Welt unterwegs war, um spannende Geschichten einzusammeln. 150 solcher Reportagen entstanden dabei – in vielen hat Kersten seine Leidenschaft zum Filmen unter Wasser ausgelebt.

Ein Kapitel, dass dann natürlich schlicht aus Altersgründen endete – und sich mit seiner großen Liebe verband. Ein Frauenschwarm war er wohl immer – aber so wenig glücklich dabei, wie manche andere Männer auch. Bis er auf Bali seiner großen Liebe Yosni begegnete, die er heiratete – richtig nach balinesischem Brauch. Er baute sich mit seiner Liebsten ein Haus samt Swimmingpool und Gästehäusern. Man kann ihn also, wenn man Urlaub auf Sumba machen möchte, besuchen.

Als Aussteiger empfindet sich Zauberpeter ganz und gar nicht. Auch wenn er mit den verschiedenen Deutschlands, die es da in den letzten Jahren zu erleben gab, seine nicht immer guten Erfahrungen gemacht hat. Aber zumindest muss er sich über das Kleinklein der deutschen Politik nicht mehr jeden Tag ärgern. Jetzt hat er Zeit, Bücher zu schreiben. Seine Reportagen aus aller Welt verkauft er als DVD. Der Biografie, die ihn hier im Wesentlichen als Zauberpeter zeigt, wird er vielleicht auch noch ein Buch über seine Weltbereisung nachschicken.

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Der Zauberpeter
Peter Kersten, Buchverlag für die Frau 2012, 14,90 Euro

Und selbst wer Zauberpeter in seiner aktiven Zeit auf der Bühne oder im Fernsehen nicht mehr erlebt hat, hat seinen Lesespaß. Kersten ist einer, der was zu erzählen hat, der naturgemäß die Dinge auch mit ganz eigenen Augen sieht und der auch flott und witzig erzählen kann. Immer wieder zeigen ihn Anekdoten als schlagfertigen Burschen, der seinen Humor auch dann nicht verlor, als ihm das Schicksal immer mal zusetzte.

Wenn der Buchverlag diese neue Reihe unter dem Namen “Edition Lebenslinien” eine Weile laufen lässt, kann man sich bestimmt auf etliche solcher überraschenden (Wieder-)Begegnungen einstellen. Man hätte ja zwischenmang fast auf die Idee kommen können, die DDR hätte nur aus Schnitzlers, Mielkes und Honeckers bestanden. Dabei lebten da allerlei Leute, die es durchaus zu kennen lohnt.

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