Der nächste Krimi aus dem fhl Verlag ist einer aus Frankfurt. Ja, dem Frankfurt mit den hohen Bankentürmen. Der Tote: ein Finanzjongleur. Ganz frivol in einer Kiste mit Geräten in einem Kleingarten abgelegt. - Rächen sich jetzt die geprellten Anleger? Räumen sie auf unter den falschen Beratern? - Frankfurt wäre ein idealer Schauplatz dafür. Und Geld ist ein gutes Motiv.
Es ist der erste Krimi von Olaf Kolbrück, seit 2000 als Redakteur im Ressort Marketing bei der Marketing-Fachzeitschrift “Horizont” in Frankfurt tätig. Er kennt seine Stadt, er kennt auch das Umland, den Taunus zum Beispiel, wo ein Teil seiner Geschichte spielt. Denn die meisten Leute, die in der Frankfurter City ihr Geld verdienen, wohnen ja nicht in der Stadt, sondern draußen in diversen Satelliten- und Villen-Vororten. Nobel, wenn sie es sich leisten können. Und ein paar der Damen und Herren, mit denen es die ehemalige Kriminalkommissarin Eva Ritter hier zu tun bekommt, leben nobel. Und in einer eigenen Welt, die der landläufige Normalbürger meist nur aus diversen Hochglanzmagazinen kennt – mal heißt das dann Elite, mal Highsociety oder Schickeria. Es ist eine Welt mit eigenen Regeln und hohen Hecken.
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Und normalerweise fühlen sich auch Polizisten in dieser Welt wie Außerirdische. Oder wie Bauerntrampel. Denn die Welt des großen Geldes hat ihre Standards, ihre Kleider- und ihre Hackordnung. Und sie ist nicht nur gut vernetzt in all ihren diversen Charity-Clubs, sie ist auch gut abgeschottet. Normalerweise lässt sie sich weder in die Karten noch in die Konten gucken.
Und Eva Ritter kann nur hinter die Kulissen schauen, weil sie in ihrer Zeit als Polizistin auch ein paar Freunde gefunden hat, die sich in dieser Halbwelt auskennen. Ist ja nicht so, dass nur glattgewienerte Fondsmanager wie der tote Herr Lücker in diesen Kreisen leben. Es gibt – zumindest in diesem Krimi – auch noch ein paar Menschen, die auf das Reglement der feinen Gesellschaft zumindest mit Distanz herabsehen können, weil ihnen die Kröten nicht fehlen. Oder die – wie Evas Freund Wim – die schäbigen Seiten des großen Geldes kennen, weil sie selbst einst mitgespielt hatten. Wenn auch nur bis zum Tag der Verhaftung durch Eva Ritter.
Da sie nicht mehr im Polizeidienst ist, sind ihr bei den Ermittlungen natürlich Grenzen gesetzt, auch wenn sie als Sicherheitsbeauftragte eines Beratungsunternehmens einige der Mitspieler bestens kennt. Und im Verlauf ihrer Freizeit-Ermittlungen auch noch besser kennen lernt. Eine wirklich saubere Weste hat da augenscheinlich keiner, der mit Herrn Lücker und seinen windigen Geldgeschäften zu tun hatte.
Auch ein smarter Baudezernent kommt ins Bild. Und ein Teil der üblichen (west-)deutschen Karrieremuster wird sichtbar. Man kennt sich, man protegiert sich und platziert seine Kronprinzen strategisch günstig, dass sie dann, wenn sie gebraucht werden, mit schön gegelter Frisur einfach aus der Versenkung kommen.
Und da sich bei den meisten Gestalten in diesem Fall alles um Geld, Karriere und den “guten Ruf” zu drehen scheint, ist es für die Freizeit-Detektivin nicht wirklich schwer, die beiden Morde, die es dann sind, aufzudröseln. Selbst getrieben von einer mysteriösen Krankheit, die sie den Dienst hatte quittieren lassen und deren Namen sie am Ende der Geschichte auch erfährt. Nachdem auch noch eine sich ankündigende Geburt in Wims Garten den Kreis beschließt.
Auf dem Cover prangen zwar die Bankentürme von Frankfurt, aber auf den ganz großen Krimi aus dem kriminellen Banken-Milieu müssen wir freilich noch warten. Das hier ist ein Präludium, sauber durchkomponiert, ein ordentliches Stück Arbeit, wie Olaf Kolbrück im Nachspann betont, wo er sich für die unendliche Geduld seiner Frau bedankt.
Keine feine Gesellschaft
Olaf Kolbrück, fhl Verlag Leipzig 2012, 12,00 Euro
Eine wirklich liebevolle Danksagung. Und was noch hängen bleibt: Die Verzweiflung des Frankfurters über die bauliche Verschandelung seiner Heimatstadt. Verschandelt nicht, weil Frankfurt mausearm wäre wie etwa Leipzig. Frankfurt ist eine der reichsten Städte der Republik – und dennoch scheint die feine Gesellschaft, die draußen in den Villenorten lebt, ihren Geschmack dieser Stadt aufgedrückt zu haben, so sehr, dass selbst eine rollende Bratwurstbude als zivilisatorischer Magnet im Grau zwischen den Bürohäusern empfunden wird.
Leipzig kann eigentlich froh sein, dass es kein “Mainhattan des Ostens” geworden ist. Die Träume der Reichen sind meistens keine schönen Träume. Und welche Abgründe hinter den feinen Fassaden lauern, weiß nicht mal die Polizei.
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