Seit TV-Serien mit Rechtsmedizinern als Stars das Publikum allabendlich vor den Bildschirm locken, hat die Arbeit der Ärzte, die sich um die unnatürlicherweise zu Tode gekommenen kümmern, enorm an Renommee gewonnen. Selbst junge Frauen drängen in die einschlägigen Studiengänge. Und Franziska von Aspern und Bodo Marks haben sich mal in eines der modernsten Institute in Deutschland gewagt.
Sie haben das rechtsmedizinische Institut der Universität Hamburg besucht und Bodo Marks hat dabei nicht nur die von Kacheln und Metall geprägte Inneneinrichtung fotografiert. Sie haben einmal genauer hingeschaut und die Rechtsmediziner porträtiert, die sich hier tagtäglich mit den unverhofften Todesfällen des Nordens beschäftigen. Auch die Sektionsassistenten, die sich zuweilen – wie Olaf Choinowski – auch mal mit kniffligen Schädel-Puzzle-Fragen abgeben, um einen möglichen Tathergang zu rekonstruieren.
Man braucht auch Toxikologen und ein ordentliches DNA-Labor. Zuweilen werden die Rechtsmediziner mit schockierenden Fällen konfrontiert, die ihr ganzes Können in Anspruch nehmen. Einige dieser Geschichten lässt Franziska von Aspern erzählen. Aber erst, nachdem sie die Mitarbeiter des Institutes kurz vorgestellt hat, ihren Werdegang und ihre Einstellung zum Beruf. Der ja nicht unbedingt etwas für Zartbesaitete ist. Wer es nicht schafft, die Toten auf dem OP-Tisch als Forschungsobjekt zu verstehen, wird in diesem Berufsfeld wohl immer seine Probleme haben.
Was nicht heißt, dass nun ausgerechnet gefühllose Menschen mit Mundschutz und Schürze zu Gange sind. Auch von Familie und Mitgefühl ist die Rede. Und andererseits vom Reiz des Forschens, wie ihn Eilen Jopp empfindet, die über ihre Arbeit mit Mumien zur forensischen Anthropologin wurde. Bodo Marks schafft es, die Porträtierten mit Fingerspitzengefühl ins Bild zu rücken – und trotzdem eindrucksvoll, etwa wenn er Eilen Jopp mit ihrer Forschungsmaterie fotografiert: menschlichen Knochen eben.Viele Fotos sind während einer Sektion mit angehenden Rechtsmedizinern entstanden, die – grünbekittelt – um den Sektionstisch herumstehen, auf dem man den Körper des Untersuchten nur vage erkennt. Beiläufig erfährt man, dass es sich wohl um einen Sportler handelt, der auf dem Tennisplatz tot zusammengebrochen ist. Auch das ein Todesfall, der rechtsmedizinische Fragen aufwirft.
Es ist ein Buch geworden wie eine große Reportage. Die wichtigsten Arbeitsfelder der Rechtsmedizin werden beleuchtet. Auch ein Hamburger Kriminalkommissar kommt ins Bild. Denn mit niemandem arbeitet die Rechtsmedizin ja enger zusammen als mit der Kripo. Und viele Fälle werden gerade deshalb aufgeklärt, weil die Rechtsmedizin längst ein hochmodernes Forschungsgebiet ist. Auch wenn das, was den Alltag in so einem rechtsmedizinischen Institut bestimmt, meistens eher nichts mit dem zu tun hat, was man im Fernsehen so sieht, zeigt dieser Besuch in der Praxis, wie vielfältig und anspruchsvoll das Gebiet ist.
Spurensuche
Franziska von Aspern, Militzke Verlag 2012, 19,99 Euro
Und man ahnt, dass die jungen Leute, die da mit Latexhandschuhen und Mundschutz um den Tisch herum stehen, auch ohne das hektische Tamtam der Vorabendserien von diesem Metier und seinen Ansprüchen fasziniert sind.
Ein eindrucksvoller Text-Bild-Band, der die Publikationen zu all den geklärten und ungeklärten Fällen der deutschen Rechtsmedizin eindrucksvoll ergänzt.
Keine Kommentare bisher