Einige Studierende werden diesen Sommer wohl erneut erstaunt geschaut haben, als der neue Semesterbeitrag fällig wurde. Stolze 243,50 Euro muss man für die kommenden sechs Monate bezahlen, um an der Universität Leipzig lernen zu können. Über die drei vorhergehenden Corona-Semester seit Sommer 2020 stiegen die Gebühren bereits um 15 Euro auf 235 Euro an.

Der Semesterbeitrag setzt sich im kommenden Wintersemester aus einem Anteil für die Studierendenschaft (8,50 Euro), einem für das Studentenwerk (80 Euro) und einem für das Vollticket des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (155 Euro) zusammen.Bei einer komplett digital stattfindenden Hochschul-Lehre, einem geschlossenen Kultursektor und ohnehin der grundsätzlichen Aufforderung, Kontakte und damit also auch Mobilität zu minimieren, stellt sich die Frage, warum Studierenden diese finanzielle Mehrbelastung aufgeladen wurde. Zumal viele ihren Aushilfsjob in Gastronomie oder Einzelhandel aufgeben mussten.

Hinzu kommt, dass das Arbeitsprogramm 2023 der Stadt Leipzig eine Dämpfung der Fahrpreisentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) vorsah. 2019 und 2020 gab es keine Tariferhöhungen für Bus und Bahn in Leipzig und dennoch wurden die Studierenden dazu aufgefordert, mehr für das Vollticket zu bezahlen.

Während der Beitrag für die Studierendenschaft seit fünf Jahren stabil bei 8,50 Euro liegt und auch der Teilbeitrag für das Studentenwerk viele Jahre konstant blieb, verzeichnet der Anteil für den Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) die größten Preissteigerungen. Und das scheinbar ohne Gegenleistung. Wie kommt das?

Ein immer teureres Semesterticket für Studierende in Leipzig ... Foto: Michael Freitag
Ein immer teureres Semesterticket für Studierende in Leipzig … Foto: Michael Freitag

Verkehrsverbund gibt nicht nach

„Das Semesterticket wurde im Jahr 2014 mit einer Laufzeit von fünf Jahren eingeführt“, erklärt Jacob Preuß vom Studierendenrat der Universität Leipzig. Schnell stellten die Verkehrsbetriebe fest, dass die Studierenden die Angebote des ÖPNV deutlich intensiver nutzten, als zur Zeit des Vertragsabschlusses geschätzt wurde.

Im Frühjahr 2019 einigte man sich dann auf eine Vertragsverlängerung für weitere fünf Jahre, der eine langwierige Debatte über die Konditionen vorausging. Der MDV verlangte aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse eine deutliche Preissteigerung um 50 Euro im ersten Vertragsjahr (2019/2020).

„Wir Studierendenvertreter/-innen wogen gemeinsam mit dem Studentenwerk ab und entschieden uns, dass ein etwas teureres Semesterticket besser ist als gar kein Semesterticket“, so Preuß. Dennoch konnte man sich in den Verhandlungen auf eine stufenweise Steigerung um zehn Euro pro Jahr einigen.

Bis Vertragsende wird der Semesterbeitrag also noch mal um insgesamt 20 Euro steigen, sodass Studierende der Universität Leipzig im Sommersemester 2024 über 260 Euro zahlen müssen.

Die Leipziger Zeitung, Ausgabe 95. Seit 1. Oktober 2021 im Handel. Foto: LZ
Die Leipziger Zeitung, Ausgabe 95. Seit 1. Oktober 2021 im Handel. Foto: LZ

Das Studentenwerk Leipzig erklärt, dass aktuelle tarifliche Entwicklungen und damit auch die Maßnahmen im Arbeitsprogramm 2023 keine Auswirkungen auf den Semesterticketpreis hätten. Gemeinsam mit dem Studierendenrat habe man sich aber im Rahmen der Coronakrise an den MDV gewandt. „Wir haben uns für eine Rückerstattung beziehungsweise Teilrückerstattung der Kosten für das Semesterticket eingesetzt“, erzählt Preuß vom Studierendenrat.

Der Verkehrsverbund lehnte jedoch mit Verweis auf das nur mit kleineren Einschränkungen aufrechterhaltene ÖPNV-Angebot und den hohen bürokratischen Aufwand ab. Knapp 40.000 Studierenden einen Einzelbetrag zurückzuerstatten, wäre unverhältnismäßig aufwendig.

Auch an der jährlichen Erhöhung hielt der MDV fest, was Preuß kritisiert: „Wir als Studierendenvertretung hätten uns hier definitiv ein Entgegenkommen der Verkehrsbetriebe erhofft.“ Eine weitere Vertragsverlängerung wird breit diskutiert werden, so Preuß weiter.

Bald ein sachsenweites Semesterticket?

Am 13. September 2021 änderte sich derweil die Verhandlungsposition für alle Studierendenräte im Freistaat. Die sächsische Staatsregierung brachte an besagtem Tag das „Gesetz zur Stärkung der ärztlichen Versorgung und der verfassten Studentenschaft im Freistaat Sachsen“ auf den Weg.

Dr. Claudia Maicher (B90/Die Grünen). Foto: Kristen Stock
Dr. Claudia Maicher (B90/Die Grünen). Foto: Kristen Stock

Damit werden nicht nur 40 Medizin-Studienplätze pro Jahr eingerichtet, die eine hausärztliche Versorgung auf dem Land sichern sollen, sondern es wird auch die Austrittsoption aus der verfassten Studierendenschaft abgeschafft. Mit der 2012 geschaffenen Option konnten Studierende aus der Studierendenschaft austreten und sich damit der Semestergebühr für den ÖPNV und dem Anteil für die Studierendenschaft entziehen.

Im Sommersemester 2022 werden alle bisher ausgetretenen Personen mithilfe des Gesetzes wieder Mitglieder in der Studierendenschaft; zukünftige Austritte sind nicht mehr möglich.

„Mit dem Wegfall der Austrittsoption aus der Verfassten Studierendenschaft wird die Demokratie an den Hochschulen gestärkt und Bürokratieabbau gelebt“, erklärt Holger Mann, SPD-Hochschulpolitiker.

Claudia Maicher, hochschul- und wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Sächsischen Landtag, ergänzt: „Die Entscheidung stärkt auch die Position der Studierendenräte in den Verhandlungen mit den Verkehrsverbünden über ein sachsenweites Semesterticket. Sie werden fortan von allen Studierenden durch die Wahl legitimiert und sprechen damit ausnahmslos in deren Namen.“

Laut Maicher wäre das eine Chance für klima- und umweltbewusste sowie preiswerte Mobilität im Freistaat.

„Studieren wird teurer: Warum die Semesterbeiträge seit Jahren steigen“ erschien erstmals am 1. Oktober 2021 in der aktuellen Printausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG. Unsere Nummer 95 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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Dass der MDV lieber teuer als gut ist, ist seit Jahren ein offenes Geheimnis. Kein Wunder, denn die LVB ziehen im Hintergrund die Fäden.

Lizzy, es heißt VerkehrsVERbund. So von wegen deutsche Sprache.

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