Was haben Zigarettenfilter und Rasendünger gemeinsam? Richtig – in ihnen steckt Blut! Weiß doch jeder, oder? Nein? Warum nicht? Könnte es Gruppen und Institutionen geben, die ein Interesse daran haben, dass dieses Unwissen bestehen bleibt? Wohin fließen eigentlich die abertausenden Liter Blut, die täglich als Nebenprodukte bei der Schlachtung von Rindern, Lämmern und Co. abfallen, bevor die Kadaver ihrem künftigen Schicksal als Steaks, Würstchen und Aufschnitt zugeführt werden? Und wofür wird der „Lebenssaft“ noch verwendet?

„Die Blutfabrik“ hat die Hamburgerin Mira Landwehr ihren Recherchetext genannt, der ebendiesen Fragen auf den Grund geht. Auf 30 schwer verdaulichen Seiten gibt die studierte Historikerin und Germanistin einen Überblick über die Geschichte des Schlachtens sogenannter Nutztiere als Prozess, der über die Jahrhunderte mehr und mehr hinter verschlossene Türen verfrachtet und damit aus der gesellschaftlichen Wahrnehmung genommen wurde.

Landwehr beleuchtet eindrücklich die „Entkörperlichung“ der Fleischproduktion und beschreibt Anwendungsgebiete, in welchen Blut als „heiße Ware“ gehandelt wird.

Das Geschäft mit dem „Flüssigen Organ“, wie viele Wissenschaftler*innen die lebensnotwendige Flüssigkeit auch bezeichnen, lohnt sich: Ein Liter des blauen Blutes von Pfeilschwanzkrebsen beispielsweise, welche nur an der Ostküste Nordamerikas und in Teilen Asiens vorkommen, kostet bis zu 15.000 Euro.

Es wird bei der Überprüfung von um Medikamenten und Impfstoffen auf Verunreinigungen durch Krankheitserreger wie Salmonellen oder Kolibakterien verwendet. Erfolgreiche Lobbyarbeit sorgt dafür, dass sich günstigere und vor allem weniger tödliche Alternativen bisher nicht auf dem Markt durchsetzen konnten.

Wenn Fleischproduzenten mit werbewirksamen Begriffen wie „traditionell“ und „ursprünglich“ ihre blutige Ware besser verkaufen und Hühnerfüße aus Deutschland um die halbe Welt verschifft werden, dann läuft doch etwas falsch. Oder?

Wer denkt, aufgrund des Verzichts von Fleisch und Tierprodukten nichts zu tun zu haben mit den Machenschaften der „Blutfabriken“, wird eines Besseren belehrt: „Egal, wie man sich ernährt – vegan, vegetarisch oder fleischhaltig: Die Antworten betreffen alle und entlarven, was in Blutfabriken passiert und in welchen Produkten – oft unbekannterweise – Blut in die Verbraucherkette zurücksickert“, heißt es in der Beschreibung des selbst ernannten „grausamen Heftes“, welches im März dieses Jahres im MaroVerlag erschien.

Am 5. Oktober liest die Autorin aus ihrem Text im Ost-Passage Theater in der Konradstraße 27. Die Lesung beginnt um 20 Uhr, Vollzahler*innen bezahlen 10 Euro, ermäßigt kostet der Eintritt 7 Euro.

Karten können hier reserviert werden.

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