Bundesweit gingen am Samstag Tausende Menschen für ein besseres Bildungssystem auf die Straße, auch Leipzig war mit einer Demo beteiligt. Hier wurde zudem durch Aktivisten am Samstagabend die Besetzung eines Hauses verkündet. Und: Angesichts anhaltend hoher Zuwanderung wird wieder verstärkt über Migration und mögliche Grenzkontrollen debattiert. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 23./24. September 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Rund 30 Demos für die Bildungswende, auch in Leipzig
Das Bildungswesen Deutschlands ist in Schieflage und muss verbessert werden: Dies dürfte wohl der Konsens Tausender Menschen sein, die am Samstag bundesweit demonstrierten. So auch in Mitteldeutschland. Mehrere hundert Menschen gingen etwa in Leipzig auf die Straße.
Der Aufruf zum Demonstrieren kam von „Bildungswende jetzt!“, einem Zusammenschluss von Eltern, Schülern, Lehrkräften, Sozialarbeitern und Erziehern. Ausgangspunkt des eigenen Selbstverständnisses sind Demokratie, Gerechtigkeit, Individualität, Menschenwürde, solidarisches Miteinander, der Anspruch auf eine selbstbestimmte Zukunft, gleiche Rechte sowie die Umsetzung der Ziele der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), heißt es auf der Website.
Zu den Forderungen des Bündnisses gehören ein Gipfel mit dem Bundeskanzler ebenso wie mindestens 100 Milliarden Euro Investitionen in Bildung. Zudem müssten dringend mehr Lehrkräfte und Kita-Erzieher ausgebildet und Lehrpläne an Schulen überarbeitet werden. Zahllose Lehrerinnen und Lehrer seien überlastet, zum Teil ausgebrannt.
Hausbesetzung in Leipzig: Verdrängung und Gentrifizierung beklagt
Aktivistinnen und Aktivisten gaben am Samstagabend die Besetzung des ehemaligen Bahnbetriebswerks Leipzig-Hauptbahnhof-Süd in der Hermann-Liebmann-Straße bekannt. Vor dem Gebäude wurde eine Spontanversammlung unter dem Motto „Die Häuser gehören uns“ angemeldet, an der etwa 200 Personen teilnahmen. Die Besetzer wenden sich nach eigenen Angaben gegen Gentrifizierungsprozesse und eine zunehmende Verdrängung alternativer Projekte im Osten Leipzigs. Bereits am Samstag fand im Bereich der Bennigsenstraße eine öffentliche Zusammenkunft gegen die Verdrängung unkommerzieller Projekte statt. Vor Ort gab es eine Kundgebung am Torgauer Platz und Redebeiträge, dazu Dosenwerfen, ein Quizrad, Infostände und Musik.
Was die Hausbesetzung angeht, so wurde in einem Offenen Brief an Stadtrat, Eigentümer und Ämter Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Aktuell laufen polizeiliche Maßnahmen und Ermittlungen wegen Verdachts auf Hausfriedensbruch, die Aktion dauert an. Am Sonntagnachmittag versammelten sich geschätzt 200 bis 300 Personen, überwiegend jüngere, aber auch ältere Generationen aus der Nachbarschaft vor Ort, um Solidarität zu bekunden. Aktuell scheinen die Eigentumsverhältnisse für Haus und Grundstück etwas unklar.
Yaro Allisat hat hier mehr Details zur Besetzung für uns zusammengefasst.
Hohe Zuwanderungszahlen: Was tun?
Ein Thema, das seit der „Flüchtlingskrise“ 2015/16 faktisch nie verschwunden, aber aufgrund zwischenzeitlich gesunkener Zuwanderungszahlen und anderer Themen verdrängt war, bestimmt nun wieder die Debatten: Durch die anhaltende Migration von Menschen, die auf verschiedenen Routen nach Deutschland einreisen, und die Folgeprobleme sind Themen wie Notunterkünfte, Kapazitätsgrenzen, Abschiebungen und Grenzschutz wieder in die Schlagzeilen gerutscht. Sächsische Kommunen sehen sich weiterhin einer hohen Zahl Geflüchteter gegenüber, die z. B. über die Route von Belarus via Polen die Grenze überqueren, oft durch Schleuser unter teils lebensbedrohlichen Bedingungen transportiert.
So kamen allein im August 5.000 Personen nach Sachsen. Erst vor wenigen Tagen griff die Bundespolizei im Grenzgebiet Zittau-Löbau-Bautzen 105 Migranten in 36 Stunden auf. Meldungen dieser Art sind derzeit nahezu täglich zu lesen.
„Weckruf“ an Regierungen, Faeser prüft Grenzkontrollen
Angesichts dessen haben die Kommunen Sachsens jetzt einen „Weckruf“ an die Bundesregierung sowie die Staatsregierung Sachsens versandt, wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet. Gefordert werden stärkere Integrationsmaßnahmen für Zugewanderte mit Bleibeaussicht und zugleich Sofortmaßnahmen zum Stopp der irregulären Einwanderung.
Zudem, so warnt das Papier, seien Aufnahme- und Integrationskapazität vielerorts überschritten, auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Wegen des ungebremsten Zustroms würden Menschen wohl die kommenden Monate in einer Zeltunterkunft überwintern müssen, heißt es weiter. Zu den Unterstützern des „Weckrufs“ zählt auch Leipzigs OBM Burkhard Jung (65, SPD).
Auf Landes- und Bundesebene wird derweil intensiv diskutiert, wie die Problematik zu lösen sei. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (53, SPD) lenkt nach monatelanger Ablehnung offenbar ein und erwägt die temporäre Einführung von Grenzkontrollen an Sachsens Grenzen zu Polen und Tschechien.
Was dies bewirkt, bleibt aus Sicht vieler gleichwohl fraglich: Wenn ein Asylwunsch an der deutschen Grenze geäußert wird, müsse dieser auch durch Deutschland geprüft werden, eine Zurückweisung sei in der Regel also nicht möglich, so die Argumentation. Heiko Teggatz (50), Vize-Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft und Befürworter von Grenzkontrollen, argumentiert dagegen, die Polizei dürfe Menschen abweisen, sofern kein Asyl beantragt werde.
Worüber die LZ heute und gestern berichtet hat:
Hausbesetzung im Leipziger Osten: Besetzer*innen wollen unkommerzielle Räume retten
Öffentlichkeitsarbeit oder schon Wahlkampf: Was dürfen die Stadtratsfraktionen eigentlich?
Klares Ja zu einer Petition: Stadt soll Ergebnisse aus #besserBahnfahren auswerten
Der Stadtrat tagte: Der Kahlschlag auf dem Sozialen Arbeitsmarkt 2024 wird einschneidend + Video
Kommentar: Antrag Nr. X+1 zu Falschparkern und Gehwegparkern
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Was sonst noch wichtig war:
Sonntagnachmittag setzte sich auf dem Leipziger Simsonplatz die Kidical Mass in Bewegung: Das Aktionsbündnis machte mit zahlreichen Kindern und Eltern auf Rädern auf die Notwendigkeit eines sicheren Verkehrs in Leipzig aufmerksam.
Etwa 20 Personen, die der linksextremen Szene zugerechnet werden, sollen sich laut Verfassungsschutz für ein Leben im Untergrund entschieden haben. Ein Vergleich mit der terroristischen RAF wird jedoch zurückgewiesen.
Wegen Streitigkeiten um die Finanzierung werden Warnungen vor einem Aus des Deutschlandtickets laut.
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Brexit-Gegner haben in London für eine Rückkehr in die EU demonstriert.
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