Die Staatsanwaltschaft Berlin hat mangels Zeug*innen die Ermittlungen gegen „Rammstein“-Sänger Till Lindemann eingestellt, „Freie Wähler“-Chef Hubert Aiwanger soll sich schriftlich gegenüber Markus Söder erklären und in Spanien gibt es weiter massive Rücktrittsforderungen an den Präsidenten des Fußballverbandes. Außerdem: Sachsens Landtag kommt am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammen. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 29. August 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Luis Rubiales, Till Lindemann, Hubert Aiwanger – mehrere Männer in Machtpositionen sehen sich seit Tagen beziehungsweise schon seit Monaten mit Forderungen konfrontiert, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen. Während es in manchen Fällen keine vernünftigen Zweifel geben kann, weil die Vorfälle für ein Weltpublikum dokumentiert wurden, fehlen in anderen Fällen jene Beweise, die juristische Konsequenzen nach sich ziehen könnten.
Letzteres ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft Berlin bei Till Lindemann der Fall. Wie heute bekannt wurde, hat sie ihre Ermittlungen gegen den Frontmann der Band „Rammstein“ eingestellt.
Die Auswertung habe keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass Lindemann „gegen deren Willen sexuelle Handlungen an Frauen vorgenommen, diesen willensbeeinflussende oder -ausschaltende Substanzen verabreicht oder gegenüber minderjährigen Sexualpartnerinnen ein Machtgefälle ausgenutzt hat, um diese zum Geschlechtsverkehr zu bewegen“, heißt es in einer Erklärung.
Niemand wollte reden
Häufig gibt es Kritik an den Ermittlungen von Staatsanwaltschaften und Polizei bei Sexualdelikten, doch in diesem Fall blieb wohl keine Alternative zur Einstellung des Verfahrens: Es hätten sich keine Betroffenen gemeldet und jene, die in Presseberichten zitiert wurden, wollten anonym bleiben. Auch die 15-Jährige, über die der „Spiegel“ berichtet hatte, stellte sich nicht als Zeugin zur Verfügung.
Das alles ist sicherlich auch ein Erfolg der Rechtsanwälte von Lindemann, waren diese doch sehr offensiv aufgetreten. Betroffene und potenzielle Zeug*innen könnte das eingeschüchtert haben.
Sehr viel klarer ist die Sache beim spanischen Fußballverbandspräsidenten Luis Rubiales. Die gesamte Welt konnte zusehen, wie er die Nationalspielerin Jenni Hermoso küsste – was laut deren Aussagen nicht einvernehmlich geschah. Viele Spielerinnen, Vereine und Verbände fordern personelle Konsequenzen; sogar ein Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres verurteilte den Vorfall. Doch Rubiales möchte mit aller Macht im Amt bleiben.
Regionalpräsidenten fordern Rücktritt
Der Gegenwind wird allerdings immer härter. Nun haben auch die Regionalpräsidenten des spanischen Fußballverbands seinen Rücktritt gefordert. Sein Verhalten sei „inakzeptabel“ gewesen. Auch die spanische Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall. Spanien hat im internationalen Vergleich ein scharfes Sexualstrafrecht. Hier gilt beispielsweise nicht nur „Nein heißt Nein“, sondern „Nur ein ausdrückliches Ja heißt Ja“.
Realistisch betrachtet dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis Rubiales zurücktritt. Zu viele Personen und Organisationen, die ebenfalls einen großen Einfluss haben, fordern das. Sicher gibt es darunter auch Akteure wie den spanischen Nationaltrainer der Frauen, der Rubiales erst noch applaudierte und sich dann doch gegen ihn aussprach; die also heimlich mit ihm sympathisieren dürften – aber öffentlich trauen sich das nicht mehr allzu viele.
Ausgang in der Causa Aiwanger noch offen
Lindemann muss also wohl keine Konsequenzen fürchten, Rubiales vermutlich in Kürze und beim Dritten im Bunde ist der Ausgang noch völlig offen. Hubert Aiwanger soll als Jugendlicher möglicherweise ein antisemitisches Flugblatt verfasst oder zumindest besessen haben. Die Urheberschaft streitet er ab, andere Teile der Vorwürfe hingegen nicht.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat heute nach einem Gespräch mit Koalitionspartner Aiwanger erklärt, vorerst an ihm festzuhalten. Allerdings soll der Chef der „Freien Wähler“ ihm 25 Fragen schriftlich beantworten; danach werde neu entschieden. Den Inhalt des Flugblattes verurteilte Söder als „ekelhaft“.
Die Angelegenheit ist in vielerlei Hinsicht heikel: Es geht um den Umgang mit Antisemitismus als vermeintliche „Jugendsünde“ oder doch in Form verfestigter Ideologie, um Kritik an der Art der Berichterstattung der „Süddeutschen Zeitung“, der von manchen Kampagnenjournalismus vorgeworfen wird, und im Kern darum, dass das alles wenige Wochen vor der Landtagswahl in Bayern stattfindet.
Worüber die LZ heute berichtet hat: über eine positive Bilanz des Sperrkreises rund um das vergangene Heimspiel von RB Leipzig,
über die Eröffnung einer neuen Kita in Gohlis und
über die gestartete Förderung von Balkonsolaranlagen in Sachsen.
Was heute außerdem wichtig war: Auf Antrag der AfD-Fraktion wird sich der sächsische Landtag am Donnerstag mit der Fördermittelvergabe des Sozialministeriums im Zeitraum von 2016 bis 2019 befassen. Der Rechnungshof hatte diese kürzlich kritisiert. Sozialministerin Petra Köpping (SPD), die wohl als Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl 2024 antreten soll, steht seitdem in der Kritik.
Keine Kommentare bisher