Nach der menschenverachtenden „Weihnachtsbotschaft“ des Bautzner CDU-Landrats übt Bundesinnenministerin Faeser Kritik an Kretschmers fehlender Distanzierung. Außerdem hat das Schauspiel Leipzig die Hausverbote für zwei Schauspielerinnen aufgehoben und der Dresdner Geiselnehmer hatte am dritten Adventswochenende eine weitere Frau bedroht. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 22. Dezember 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war
Nach „Weihnachtsbotschaft“ von CDU-Landrat: Das ZDF berichtet
Nachdem die „Weihnachtsbotschaft“ zum Thema Asylpolitik von Bautzens Landrat Udo Witschas (CDU) gestern für starke Kritik und überregionale (Medien)Aufmerksamkeit gesorgt hatte, hat Witschas es mit seiner Videobotschaft nun wohl auch ins „heute journal“ geschafft. Das jedenfalls legt ein Twitter-Posting des Vorsitzenden der Linkspartei im Kreis Bautzen, Silvio Lang, nahe.
Lang hat nach eigener Aussage dem ZDF heute ein Interview für einen Beitrag im „heute journal“ gegeben. Witschas selbst lehne Presseanfragen mit Verweis auf seinen Urlaub derzeit ab. Insofern keine anderen Neuigkeiten dazwischenkämen, ist der Beitrag über Bautzen heute Abend im ZDF zu erwarten, so Lang. Das „heute journal“ wird 22:05 Uhr gesendet.
Innenministerin Faeser kritisiert Kretschmer
Nachdem der Bundesverband der CDU sich gestern von Witschas Aussagen distanziert hatte, reagierte heute auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf die „viral gegangene“ Botschaft. Dabei kritisierte Faeser Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) indirekt. „Niemand besiegt Rechtsextremisten, indem er ihre Positionen übernimmt“, twitterte die Innenministerin heute. „Auch wer sich nicht klar distanziert, stärkt die Extremisten.“
Kretschmer hält trotz des Gegenwinds von der Bundes-CDU zu Witschas. Er übernahm gestern Witschas Narrativ, dass seine Videobotschaft aus dem Zusammenhang gerissen wurde und in Folge medial verzerrt dargestellt.
Und auch in Leipzig waren die menschenverachtenden Töne aus der Oberlausitz heute immer noch Thema. Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek veröffentlichte heute auf seinem Blog einen Kommentar zum „Fall Witschas“. Wie auch Bundesinnenministerin Faeser kritisierte Kasek die Nicht-Distanzierung des sächsischen Ministerpräsidenten. „Im Osten nichts Neues“, so lautet das Fazit Kaseks.
Neu ist es tatsächlich nicht, dass Udo Witschas mit rechtsoffenen Positionen für Aufregung sorgt. Im Januar beispielsweise erhielt er von den „Freien Sachsen“ und weiteren „Querdenken“-nahen Demonstrierenden tosenden Applaus, nachdem er am Rande einer Kundgebung in Bautzen – damals noch als Vize-Landrat – angekündigt hatte, die geplante Impfpflicht für medizinisches Personal im Kreis nicht umzusetzen und somit Bundesrecht brechen wolle.
Bereits 2017 entzog der damalige CDU-Landrat Bautzens, Michael Harig, dem damaligen Ersten Beigeordneten Udo Witschas die Zuständigkeit für das Ausländeramt, nachdem sehr vertraulich wirkende Chatverläufe zwischen Witschas und einem NPD-Politiker an die Öffentlichkeit gelangt waren.
Flüchtlingsrat und Caritas verurteilen Witschas Aussagen
Auch der Sächsische Flüchtlingsrat und die Caritas äußerten sich heute zu dem Vorfall. Der Flüchtlingsrat appellierte heute an Landrat Witschas, mehr Geflüchteten die Möglichkeit zur freien Wohnungswahl zu geben und plädierte für dezentrale Unterbringung, also beispielsweise in Wohnungen, was der Landrat ausgeschlossen hatte. Im Landkreis Bautzen kommen im sachsenweiten Vergleich mit Abstand am wenigsten Asylsuchende in eigenen Wohnungen unter.
Witschas „Weihnachtsbotschaft“ ist laut dem Flüchtlingsrat vorverurteilend und rassistisch. Er unterstelle allen Geflüchteten zu Unrecht pauschal, die hiesigen Regeln und Kultur nicht zu kennen, wodurch eine „fiktive Homogenität von Geflüchteten als eine Gruppe“ suggeriert werde. „Dass sich die Menschen nicht allein in Wohnungen organisieren könnten, ist eine rassistische Unterstellung.“
Der Caritasverband Oberlausitz mit Sitz in Bautzen, die unter anderem Migrationsberatung anbietet, verurteilte Witschas Aussagen heute als „zutiefst unmenschlich“. Man sei zutiefst bestürzt über die Ansprache des CDU-Landrats. Auch die Caritas prangert die pauschalen Unterstellungen, die in Witschas Worten mitschwingen, an.
Was bisher geschah
Bautzens CDU-Landrat Udo Witschas hatte am Dienstag eine Videobotschaft unter anderem auf Facebook veröffentlicht, in der er sich zur Unterbringung von Geflüchteten in Hoyerswerda äußerte. Er kündigte an, dass Asylsuchende in Hoyerswerda nicht in Turnhallen oder dezentral in Mehrfamilienhäusern untergebracht werden sollen, nachdem der Kreistag Mitte Dezember gegen die Einrichtung einer weiteren Gemeinschaftsunterkunft gestimmt hatte.
„Es ist nicht unsere Absicht, den Schul- oder Freizeitsport für diese Asylpolitik bluten zu lassen“, sagt Witschas in dem Video. Er wolle außerdem verhindern, dass „Menschen, die unsere Kultur und unsere Regularien nicht kennen“, in leerstehende Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ziehen. Er wolle „dafür unseren sozialen Frieden nicht gefährden“. Zum Abschluss der zweieinhalbminütigen Botschaft wünscht Witschas seinen Zuschauer/-innen frohe und gesegnete Weihnachten.
Dresden-Geiselnehmer hatte auch Passantin bedroht
Der Mann, der am Samstag des dritten Adventswochenendes in der Dresdner Altmarktgalerie Geisel genommen hatte und später bei einem SEK-Zugriff ums Leben kam, hatte offenbar zuvor eine weitere Frau bedroht. Das gab die Polizeidirektion Dresden heute bekannt. Demnach habe der 40-Jährige, der bei dem Vorfall eine scharfe Waffe bei sich trug, eine 50-jährige Fußgängerin mit der Pistole bedroht und sie zwingen wollen, ihr Handy herauszugeben.
Dies geschah nach Angaben der Polizei kurz nachdem der Mann vergeblich versucht hatte, in die Redaktionsräume von „Radio Dresden“ im Ammonhof einzudringen. Die bedrohte Passantin rief laut Polizeiangaben um Hilfe, woraufhin der Täter mit seinem Auto floh.
Die Polizei informierte heute außerdem darüber, dass der Täter im Ammonhof einen weiteren Mann als Geisel nahm, der aus eigener Kraft fliehen konnte. Darüber hatte der MDR bereits kurz nach dem Vorfall mit Berufung auf Zeug/-innenaussagen berichtet.
Schauspiel Leipzig nimmt Hausverbote für zwei Ensemblemitglieder zurück
Das Schauspiel Leipzig hebt die Hausverbote für zwei Ensemblemitglieder auf. Das teilte das Theater heute via Pressemitteilung mit. Konkret geht es um die Schauspielerinnen Katharina Schmidt und Julia Preuß, deren Verträge vom Haus nicht verlängert worden waren. Daraufhin wollten die beiden Frauen ein Plenum von Mitarbeiter/-innen einberufen, bei der die Theaterleitung nicht zugegen sein sollte.
Das Schauspiel erteilte den beiden Künstlerinnen kurz darauf Hausverbot. Die beiden Frauen leiteten rechtliche Schritte ein. Die Theaterleitung scheint jetzt den diplomatischen Weg zu gehen. Die Hausverbote sind mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Die beiden Schauspielerinnen haben somit die Möglichkeit, ihre bereits erarbeiteten Rollen zu spielen, heißt es in der Pressemitteilung.
Zuvor hatten der Kreuzer und die LVZ darüber berichtet.
Ex-Vizepräsidentin des Europaparlaments bleibt in Haft
Worüber die LZ heute berichtet hat:
über die Reaktion des NABU auf die Wolfsdebatte im Landtag
über mehr Geld für Leipzigs Sportbäder ab dem kommenden Jahr
Was heute außerdem wichtig war: Die Untersuchungshaft der ehemaligen Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili, wird um einen Monat verlängert. Das gab die zuständige Staatsanwaltschaft heute in Brüssel bekannt. Der 44-jährigen Griechin wird zusammen mit drei weiteren Angeklagten die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft in Brüssel ermittelt.
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