Bundesweit ging die Polizei heute gegen Klima-Aktivisten der „Letzten Generation“ vor – auch in Leipzig. Dabei steht nun offenbar auch der strafrechtlich brisante Verdacht einer kriminellen Vereinigung im Raum. Der wegen des Anschlags von Halle verurteile Rechtsextremist Stephan B. wollte offenbar per Geiselnahme seine Freilassung aus der Haft erzwingen, wie jetzt bekannt wurde. Und: Nach massiven Korruptionsvorwürfen wurde die Vizepräsidentin des EU-Parlaments abgesetzt. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 13. Dezember 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Staatsanwaltschaft Neuruppin geht gegen „Letzte Generation“ vor
Unter Federführung der Staatsanwaltschaft Neuruppin gingen Sicherheitsbehörden heute erneut mit Razzien gegen Mitglieder der „Letzten Generation“ vor. Seit dem frühen Morgen wurden demnach Durchsuchungsbeschlüsse an bundesweit elf Orten umgesetzt. Betroffen waren sieben Bundesländer und konkret auch die Stadt Leipzig, im Raum stehen die Tatvorwürfe der „Störung öffentlicher Betriebe“ sowie die „Bildung und Unterstützung krimineller Vereinigungen.“
Nach Angaben der Ermittlungsstellen sind vor allem Übergriffe von Aktivisten auf Pumpstationen im Fokus, durch die seit Frühjahr 2022 mehrfach die Zufuhr von Erdöl zur Raffinerie PCK Schwedt (Uckermark) unterbrochen worden war. Wegen der Örtlichkeit ist die Staatsanwaltschaft Neuruppin für die Untersuchungen zuständig. Die Ermittlungen richten sich gegen elf Personen, von denen fünf jedoch derzeit im „präventiven Gewahrsam“ sitzen, da sie in Freiheit wohl wieder Straftaten begehen würden – so die Behördensicht.
Betroffene wollen weitermachen
Anders dagegen die Sichtweise der „Letzten Generation“, die sich für mehr Klimaschutz und eine Abkehr von fossilen Energien einsetzt: Man werde sich keineswegs einschüchtern lassen und weitermachen, verkündete die Gruppierung im Nachrichtendienst Twitter. Es seien Elektrogeräte und Plakate durch die Polizei konfisziert worden, die Art und Weise der Durchsuchung wurde vielfach als einschüchternd kritisiert.
HAUSDURCHSUCHUNGEN MACHEN UNS KEINE ANGST
Es bleibt dabei: Wir alle sind die #LetzteGeneration vor den Kipppunkten.
Das Klimapaket wurde vom #BVfG für verfassungswidrig erklärt. Friedl. Widerstand gegen verfassungsfeindliche Politik ist uns eine Pflicht.https://t.co/hpIzd1rzNt
— Letzte Generation (@AufstandLastGen) December 13, 2022
Erst am 24. November hatte es, unter anderem auch in Leipzig, zuletzt mehrere Razzien gegen die „Letzte Generation“ gegeben. Der Vorwurf „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ (§ 129 Strafgesetzbuch) setzt die Annahme einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit voraus, Haftstrafen bis zu fünf Jahren sind demnach denkbar.
Geiselnahme in Haft – Rechtsterrorist will Freilassung erzwingen und scheitert
Großer Schrecken in der JVA Burg bei Magdeburg am Montagabend: Ein Häftling nahm gegen 21 Uhr zwei Bedienstete als Geiseln, knapp eine Stunde später wurde der Insasse durch Vollzugsbeamte überwältigt und die beiden Opfer körperlich unversehrt aus seiner Gewalt befreit.
Wie heute außerdem bekannt wurde, handelt es sich bei dem Täter um Stephan B., jenen rechtsterroristischen Angreifer von Halle, der eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung abzusitzen hat.
Der heute 30-Jährige hatte im Oktober 2019 an Yom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, ein Blutbad in der Synagoge Halle/Saale anrichten wollen. Als der Plan misslang, weil er nicht auf das Gelände kam, erschoss B. damals kaltblütig zwei Passanten und verletzte weitere Menschen auf seiner Flucht.
Nun laufen die Ermittlungen, wie es zu der Geiselnahme kommen konnte. Als sicher gilt schon jetzt, dass der verurteilte Mörder und Rechtsterrorist, der sich nach dem Vorfall in Isolationshaft befindet, wohl seine Freilassung erzwingen wollte. Dazu soll er laut MDR einen „selbstgebauten Schussapparat“ genutzt haben.
Bereits als Untersuchungshäftling hatte er 2020 einen Fluchtversuch aus der JVA Halle unternommen. Ende des gleichen Jahres wurde Stephan B. zur Höchststrafe verurteilt. Reue für seine monströsen Taten ließ er nie erkennen.
Möglicher Korruptionsskandal: EU-Parlamentsvize verliert ihr Amt
Wegen schwerer Korruptionsvorwürfe hat die bisherige Vizepräsidentin des EU-Parlaments ihr Amt verloren. Mit nur einer Gegenstimme sprachen sich die Abgeordneten in Straßburg für die sofortige Absetzung von Eva Kaili aus. Die 44-jährige Griechin war unter dem Verdacht festgenommen worden, sie sei durch den derzeitigen WM-Gastgeber Katar mit Geld bestochen worden, um Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Inzwischen sitzt die Politikerin in Untersuchungshaft.
Eva #Kaili ist nach dem Korruptionsskandal gerade mit 99,5 als Vizepräsidentin des EU-Parlaments abgesetzt worden. pic.twitter.com/mpjLQqrgdG
— Erik Marquardt (@ErikMarquardt) December 13, 2022
Gleiches gilt auch für drei weitere Personen, die der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie der Geldwäsche und Korruption verdächtig sind. Die belgische Staatsanwaltschaft hatte in dem Zusammenhang erst kürzlich über ein Dutzend Häuser sowie das EU-Parlament selbst durchsucht und mögliches Beweismaterial sichergestellt.
Kaili selbst ließ über ihren Anwalt alle Vorwürfe zurückweisen. Auch das Emirat Katar bestreitet offiziell jeglichen Einflussversuch. Man darf gespannt sein, ob die Ermittlungen noch mehr zutage fördern werden.
Ãœbrigens hat die EU, ebenfalls am heutigen Tage, vorgesehene Gelder für ihr Mitglied Ungarn eingefroren – weil das Land unter Ministerpräsident Viktor Orbán nicht hinreichend gegen Korruption vorginge.
Wagenplatz, Freiflächen und Ordnungsamt im Fokus
Worüber die LZ heute berichtet hat:
ein Plädoyer für den Wagenplatz Plagwitz,
das Streitthema kommunale Freiflächen,
ein Kommentar zum Ordnungsamt und der Hundestaffel,
die Bahnbrücke Wiederitzscher Straße und
einen Roman vor dem Hintergrund der legendären Lechfeld-Schlacht.
Hörsaalbesetzung in Leipzig dauert an, Gerichtsurteile und Dienstjubiläum eines politischen Schwergewichts
Was sonst noch wichtig war: Aktivistinnen und Aktivisten halten den Hörsaal der Uni Leipzig nach dem gestrigen Auftakt weiterhin besetzt. Im Laufe des Dienstags fanden mehrere Gespräche mit der Leitung der Universität statt, die Gefahr einer Räumung durch die Polizei besteht derzeit offenbar nicht.
Die Besetzer von „End Fossil“, größtenteils Studierende, fordern die Universität auf, ihren Betrieb bis 2030 klimaneutral zu machen. Außerdem soll jeder Studiengang ein Modul beinhalten, in dessen Lehrveranstaltungen über die Klimakrise und mögliche Lösungen aus der jeweiligen Fachperspektive diskutiert werden soll.
Für Donnerstag rufen „End Fossil“ sowohl die Ortsgruppen von Extinction Rebellion, Fridays for Future und „Ende Gelände“ zu einer studentischen Vollversammlung im Audimax auf. Dabei soll über die Situation im ebenfalls besetzten Dorf Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler II in Nordrhein-Westfalen informiert werden.
Beim ZDF gab es einen Warnstreik.
Eine Schlüsselfigur der Cum-Ex-Geschäfte, die zum größten Steuerskandal in der deutschen Geschichte führten, wurde heute zu acht Jahren Haft verurteilt. Teils weit höher vielen die Strafen aus, die ein Pariser Gericht gegen mutmaßliche Unterstützer des Attentäters von Nizza im Jahr 2016 verhängte.
Jubiläum eines politischen Schwergewichts – Wolfgang Schäuble (CDU) kann mit dem heutigen Tag auf genau 50 Jahre im Parlament verweisen. Er war Innenminister, Finanzminister und Bundestagspräsident, werkelte an der Deutschen Einheit mit, überlebte ein Attentat, das ihn an den Rollstuhl fesselte, gilt als unbequem, knallhart in Verhandlungen, manchmal unbarmherzig zu sich und anderen.
Seit 50 Jahren sitzt Wolfgang #Schäuble im Deutschen #Bundestag. Heute ist er Gast bei den #tagesthemen. Das ausführliche Gespräch mit ihm 22.05 Uhr in den #tagesthemen @DasErste pic.twitter.com/0xnXfcHMKI
— tagesthemen (@tagesthemen) December 12, 2022
Für seinen Umgang mit der berüchtigten CDU-Spendenaffäre zahlte der heute 80-Jährige einen hohen Preis. Mit Altkanzlerin Angela Merkel blieb er immer per Sie. Doch ob man ihn mag oder nicht – aus der deutschen Politik ist er nicht wegzudenken.
Für die einen beste Gesundheitsfürsorge, für die anderen ein Skandal: Neuseeland erschwert das Rauchen noch mehr als ohnehin schon, der jungen Generation soll es künftig per Gesetz komplett untersagt werden.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Keine Kommentare bisher