Das Grüne Gewölbe ist auf einen Betrüger hereingefallen und hat wohl 40.000 Euro verloren. Außerdem wurde der Angeklagte im „NSU 2.0“-Prozess zu knapp sechs Jahren Haft verurteilt und Sachsen hat erneut geraubte Gebeine aus der Kolonialzeit an Australien übergeben. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 17. November 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

40.000 Euro sind weg: Grünes Gewölbe fällt auf falschen Schmuckhändler rein

Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) sind im Rahmen der Ermittlungen bezüglich des Kunstraubs im Grünen Gewölbe vom November 2019 auf einen mutmaßlichen Betrüger reingefallen, der sich als Diamantenhändler ausgab und so 40.000 Euro vom Freistaat Sachsen kassierte. Der 54-jährige Beschuldigte ist Niederländer und befindet sich nun in Untersuchungshaft in Dresden.

Der heute bekanntgewordene Fall ist fast so spektakulär wie der Kunstraub selbst: Auf der Suche nach den gestohlenen Schmuckstücken erfuhr ein von der SKD beauftragter Rechtsanwalt von einem niederländischen Kunstdetektiv, dass einem angeblichen Diamantenhändler aus Antwerpen eines der entwendeten Schmuckstücke zum Kauf angeboten worden sei.

Konkret gab der falsche Diamantenhändler an, einen Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens für 40.000 Euro erwerben zu können.

Da der falsche Diamantenhändler laut den SKD bei einem Treffen im Dezember 2021 „einen außerordentlichen Kunstsachverstand an den Tag legte“, händigten die Vertreter/-innen der SKD dem Beschuldigten die 40.000 Euro aus. Daraufhin ergriff der Mann allerdings die Flucht, anstatt das geraubte Schmuckstück zu beschaffen.

Der Beschuldigte ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Dresden in den Niederlanden erheblich und einschlägig vorbestraft. Bereits seit Anfang März saß der Mann wegen eines anderen Falls in einem niederländischen Gefängnis, sodass die Staatsanwaltschaft Dresden nur einen Europäischen Haftbefehl erlassen musste, um den mutmaßlichen Betrüger nach Deutschland überstellen zu lassen.

Bisher hat der Beschuldigte keine Angaben zum Tatvorwurf gemacht, die Ermittlungen dauern an.

Sachsen übergibt menschliche Gebeine aus Kolonialzeit an Australien

Zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gehört auch das Grassi Museum für Völkerkunde Leipzig, wo heute zum dritten Mal geraubte menschliche Überreste aus der Kolonialzeit in einer öffentlichen Zeremonie an Australien zurückgegeben wurden. Dabei handelt es sich um menschliche Überreste von sechs Vorfahren indigener Gemeinschaften aus Australien.

„Die Repatriierung menschlicher Überreste Indigener Vorfahren ist ein wichtiger Teil der Dekolonialisierung der ethnologischen Museen Sachsens“, kommentiert das sächsische Kultusministerium die heutige Rückführung. Die Rückgabe der sterblichen Überreste sei für den Prozess der Versöhnung in Anbetracht kolonialer Vergehen fundamental.

Die heute rückgeführten Gebeine stammen aus Grabplünderungen sowie von Opfern von Unterdrückungskämpfen. Sie gelangten zwischen 1876 und 1902 als Kauf und als Schenkung an das Königlich Zoologische und Anthropologisch-Ethnographische Museum, der Vorgängerinstitution des 1945 gegründeten Museums für Völkerkunde Dresden. Dieses gehört seit 2010 als Teil der Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen zu den SKD.

„NSU 2.0“: Fast sechs Jahre Haft für Angeklagten

Im sogenannten „NSU 2.0“-Prozess hat das Landgericht Frankfurt am Main den Angeklagten Alexander M. heute zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Urteil umfasst die Delikte Bedrohung, Beleidigung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Androhung von Straftaten und Nötigung.

Zwischen Sommer 2018 und Frühjahr 2021 hatten vorrangig Frauen des öffentlichen Lebens in Deutschland digitale Drohschreiben erhalten, unter anderem Rechtsanwältinnen, Politikerinnen und Journalistinnen. Darin wurden sie beleidigt und bedroht, die Briefe waren mit „NSU 2.0“ beziehungsweise „Heil Hitler“ unterschrieben.

81 dieser rechtsextremen Drohschreiben soll Alexander M. verfasst haben. Der Berliner weist alle Vorwürfe zurück und gibt an, lediglich in rechten Gefilden des Darknets unterwegs gewesen zu sein, weshalb die Ermittlungsbehörden Teile der Drohschreiben auf seinem Rechner fanden.

Das heute gesprochene Urteil liegt unter den Erwartungen der Staatsanwaltschaft, die für Alexander M. siebeneinhalb Jahre Haft unter anderem wegen Volksverhetzung und Störung des öffentlichen Friedens gefordert hatte. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ist Alexander M. auch der Urheber von Bombendrohungen, die an Gerichte verschickt wurden.

Die Verteidigung und Beobachter/-innen kritisieren die von der Staatsanwaltschaft getragene These des Einzeltäters. Mindestens ein Drohschreiben enthielt persönliche Daten einer betroffenen Rechtsanwältin, die zuvor ausführlich an einem Computer in einem Frankfurter Polizeirevier abgefragt wurden.

Sachsen will härter gegen Extremist/-innen im öffentlichen Dienst vorgehen

Rechtsextremismus ist auch in Sachsen an der Tagesordnung, was unter anderem bedeutet, dass sich derartige Weltbilder auch in Parlamenten und Gerichten wiederfinden. Der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier ist ein Beispiel dafür. Er wollte nach dem Verlust seines Mandats in seinen Job als Richter am Landgericht Dresden zurückkehren, was ihm das Dienstgericht vorläufig untersagte.

Maier erhält seitdem volle Bezüge, ohne sein Amt auszuführen. Das Justizministerium hat einen Versetzung Maiers in den vorläufigen Ruhestand beantragt, worüber noch in diesem Jahr verhandelt werden soll.

Unter anderem wegen dieses Falls hat das sächsische Justizministerium nun einen Maßnahmenplan vorgelegt, der es dem Freistaat vereinfachen soll, gegen (Rechts)Extremist/-innen im öffentlichen Dienst vorzugehen. Der Plan beinhaltet acht konkrete Vorschläge für Gesetzesänderungen, einige davon hat Sachsen bereits im Rahmen der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 10. November 2022 vorgestellt.

Unter anderem sollen Fristen für Disziplinarverfahren und für die Erhebung einer richterlichen Klage ausgeweitet werden. Außerdem will das Justizministerium bewirken, dass Bezüge von mutmaßlichen Extremist/-innen vorläufig reduziert werden können, sollte – wie im Fall des Ex-AfD-Abgeordneten Maiers – die Ausführung der Amtsgeschäfte vorübergehend untersagt werden.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen unter anderem auf eine Änderung des Abgeordnetengesetzes und des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ab. „Mir ist völlig klar, dass es sich um hochkomplexe, schwierige Fragestellungen handelt – die wir aber mit dem richtigen Augenmaß angehen müssen und sollten, ohne die Freiheit des Mandats und die Unabhängig der Justiz aus den Augen zu verlieren“, lässt sich Sachsens Justizministerin Katja Meier zitieren.

Sie wolle mit dem Maßnahmenkatalog einen Beitrag dazu leisten, den Rechtsstaat wehrhafter zu machen. „Wir sollten uns der Debatte jetzt stellen und ein klares Zeichen setzen: Extremistinnen und Extremisten werden im Staatsdienst nicht geduldet.“

Worüber die LZ heute berichtet hat: über den Prozessauftakt am Leipziger Amtsgericht bezüglich des tödlichen Unfalls auf der Prager Straße aus dem Frühjahr 2021

über den „Demokratie-Monitor“, der im Stadtrat zu Diskussionen führte

über eine Waldbesetzung bei Dresden

über den Mord an Walther Rathenau 1922

und ob die Antwort in den Sternen liegt.

Leipzig und Plauen bleiben im Rennen um „Zukunftszentrum Deutsche Einheit“

Was heute zudem wichtig war: Leipzig und Plauen verbleiben mit ihrer gemeinsamen Bewerbung im Wettbewerb um das geplante „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“. Außerdem im Rennen sind die Standorte Frankfurt an der Oder, Halle, Jena und Eisenach. Die Standorte Mühlhausen und Sonneberg in Thüringen sind aus dem Wettbewerb ausgeschieden, wie die Auswahljury heute bekannt gab.

Dem Gewinner des Wettbewerbs winken Förderungen vom Bund in Millionenhöhe. So soll ein „Knotenpunkt für die wissenschaftliche und kulturelle Auseinandersetzung“ mit den Konsequenzen der Wiedervereinigung entstehen. Bis Ende des Jahres soll der Standort feststehen, bis 2027 soll das Zentrum dann eröffnet werden.

Lebenslang im MH17-Prozess

Ein niederländisches Gericht hat drei prorussische Separatisten zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Sie werden des Abschusses des Passagierflugzeugs MH17 im Juli 2014 beschuldigt, bei dem 298 Menschen starben. Ein vierter Beschuldigter wurde freigesprochen.

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