„Wir können Ihnen sagen, dass wir demnächst mit den ersten Baumaßnahmen loslegen, die auch wirklich physisch ins Gebäude eingreifen“, eröffnete Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke das Pressegespräch am Donnerstag (3. November) mit einer guten Nachricht. Gemeinsam mit Dr. Ronny Maik Leder, dem Direktor des Naturkundemuseums Leipzig, informierte sie über den aktuellen Stand des Bauvorhabens, das den ehemaligen Bowlingtreff am Leuschner-Platz in das moderne neue Zuhause des Naturkundemuseums verwandeln soll.

Es ist geplant, im März 2023 damit zu beginnen, das alte Gebäude zu entkernen. „Gesundatmung des Gebäudes“, nennt Dr. Leder das Ziel hinter diesen ersten Maßnahmen. „Wir entfernen die alten Putze, damit wir auf die eigentliche Tragstruktur des Gebäudes kommen, um auch die statischen Parameter besser bewerten zu können. Es gibt dort viele abgehängte Decken, teilweise Gipsdecken und viel Putz drauf – um auf Nummer Sicher zu gehen, soll das alles abgetragen werden.“

Das teils undichte Dach wird dann provisorisch verschlossen und die Trocknung der Wände durch Querlüftung beschleunigt. Schon jetzt laufen Untersuchungen des Baugrunds und der Gebäudephysik. „Wir lernen dieses Gebäude wirklich Stück für Stück intensiv kennen, damit wir alle Eventualitäten und Risiken ausschließen können“, erklärt der Direktor des Naturkundemuseums.

Noch in diesem Jahr soll für die Entkernungsmaßnahmen ein Teilbaubeschluss erwirkt werden, um dann im März loslegen zu können. Die Kosten dafür sind mit 975.000 Euro veranschlagt – die Zustimmung des Stadtrats steht noch aus.

Die aus dieser Arbeitsphase erwarteten Erkenntnisse sind auch deshalb wichtig, um überhaupt final einen Fördermittelantrag für das gesamte Bauprojekt stellen zu können. Schätzungen zufolge werden unterm Strich etwa 52,6 Millionen Euro erforderlich sein.

So sieht es momentan im Inneren des alten Bowlingtreffs aus. Foto: Jan Kaefer
So sieht es momentan im Inneren des alten Bowlingtreffs aus. Foto: Jan Kaefer

Zehn Prozent dieser stolzen Summe muss die Stadt Leipzig als Eigenmittel selbst aufbringen, der „Rest“ soll über Fördermittel aus dem Strukturwandelprogramm des Bundes abgedeckt werden. Die Fertigstellung des dafür notwendigen Antrags braucht allerdings noch Zeit. „Wir hoffen, dass wir Ende des kommenden Jahres den Fördermittelantrag stellen können“, blickt Skadi Jennicke voraus. Und dann muss natürlich auch noch ein positiver Bescheid her.

Die Beteiligten sind wild entschlossen und optimistisch: „Das ist ein Leuchtturmprojekt – nicht nur für Leipzig, sondern für die gesamte Region. Es strahlt auch nicht nur für Sachsen, sondern für ganz Mitteldeutschland“, schwärmt Ronny Maik Leder. Er ist überzeugt, dass man das auch beim Land Sachsen und der Sächsischen Aufbaubank (SAB) verstanden hat.

Als gutes Omen darf diesbezüglich gelten, dass die vorbereitenden Arbeiten im Objekt bereits vor dem eigentlichen Antragsverfahren in Angriff genommen werden dürfen. „Das ist auch ein Vertrauensvorschuss, den wir vom Fördermittelgeber bekommen. Das gibt uns ein Stück Sicherheit“, freut sich Jennicke. Läuft tatsächlich alles nach Plan, soll im Jahr 2024 der Bau- und Finanzierungsbeschluss vorliegen. Dann können die Bauarbeiten richtig starten.

„Wie ein Diamant auf einem Ring“

Das künftige Naturkundemuseum wird in seiner Westhalle vier Geschosse tief in die Erde ragen und über drei oberirdische Geschosse verfügen, dem Oktagon des bisherigen Bowlingtreffs.

„Man geht sehr sensibel mit dem Thema des Baudenkmals um, denn das Oktagon, dieser wundervolle Bau von Winfried Sziegoleit, ist ein besonderes Denkmal und wird zu Recht als der bedeutendste postmoderne Bau der DDR bezeichnet. Das wird hier von den umgebenden Strukturen sehr sanft eingefasst, etwa wie ein Diamant auf einem Ring“, so Dr. Leder zu den Plänen.

Die optische Erscheinung des Museums beschreibt der Direktor so: „Die Decke der Westhalle öffnet sich sanft wie eine seichte Welle und gewährt damit schon erste Einblicke in die dynamische Dauerausstellung in der Westhalle. Die Besuchenden und die Menschen, die vom Innenstadtbereich Richtung Südvorstadt spazieren, werden schon hineinschauen können und sehen: Hier passiert etwas Tolles, da muss ich hinein! Und das ist genau, was wir wollen.“

Das sich schanzenartig aus dem Boden erhebende, langgestreckte Dach des Museums erinnert, im Zusammenspiel mit einer Aufschüttung an der Ostseite, auch ein bisschen an einen aus dem Meer auftauchenden Wal.

In der Westhalle wird künftig auf rund 2.100 Quadratmetern die dynamische Dauerausstellung untergebracht, welche in drei Hauptszenarien Aspekte der Leipziger Erdgeschichte, prähistorische Lebenswelten, die Kunst der Präparation und das bemerkenswerte Spektrum Leipziger Wissenschaftshistorie präsentiert. Die 600 Quadratmeter der Osthalle stehen hingegen für Sonderausstellungen zur Verfügung.

Dr. Ronny Maik Leder und Dr. Skadi Jennicke sitzen beim Pressegespräch vor dem Entwurf des künftigen Naturkundemuseums. Foto: Jan Kaefer
Dr. Ronny Maik Leder und Dr. Skadi Jennicke sitzen beim Pressegespräch vor dem Entwurf des künftigen Naturkundemuseums. Foto: Jan Kaefer

Entsprechend ihrer Fertigstellung, sollen die einzelnen Module des Bauprojektes ab dem Jahr 2027 nach und nach eröffnet werden. Als Erstes wird das Oktagon in Betrieb gehen, „weil es am einfachsten zu sanieren ist“, wie Dr. Leder erklärt.

Dort werden dann bereits die Verwaltungsstrukturen des Naturkundemuseums Einzug halten. So richtig fertig wird das neue Schmuckstück voraussichtlich im Jahr 2029 sein.

„Es wird dem Platz gut zu Gesicht stehen und bietet dem Naturkundemuseum einen wundervollen Auftritt, sodass unsere tollen Themen dort auch eine entsprechende Plattform bekommen werden“, ist Museumsdirektor Dr. Leder begeistert.

„Hier kommt wirklich zusammen, was zusammen gehört. Zwei stiefmütterlich behandelte Kinder der Stadt – Bowlingtreff und Naturkundemuseum – feiern Hochzeit. Das wird eine wunderbare Liaison und ein tolles Ergebnis werden.“

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