Am Samstag beteiligten sich โ€“ abhรคngig von der Quelle โ€“ zwischen 1.500 und 5.000 Personen an einer linken Demo fรผr Umverteilung sowie preiswerten ร–PNV und Wohnraum. Am Tag danach sorgt aber ein eigentlich ganz anderes Thema fรผr Diskussionen. AuรŸerdem: An einem Corona-Testzentrum am Torgauer Platz wurden Werbeplanen angezรผndet und etwa 1.500 Menschen nahmen am Halbmarathon teil. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, 15./16. Oktober 2022, in Leipzig, Sachsen und darรผber hinaus wichtig war.

Eigentlich wollte das vor einem Monat gegrรผndete Bรผndnis โ€žJetzt reichtโ€˜sโ€œ mit etwa 10.000 Menschen fรผr Umverteilung, gรผnstige ร–PNV-Tickets und bezahlbaren Wohnraum demonstrieren. Tatsรคchlich gingen am Samstag deutlich weniger Personen auf die StraรŸe: 3.500 bis 5.000 laut Bรผndnis, rund 2.000 laut Polizei und wahrscheinlich hรถchstens 1.500 als Ergebnis unserer eigenen Zรคhlungen.

Soziale und Klimagerechtigkeit im Mittelpunkt

Diejenigen, die erschienen waren, setzten aber durchaus ein kraftvolles Zeichen. Einen Schwerpunkt bildeten Gewerkschaftsreden und demzufolge die Situation von Arbeitenden โ€“ auch in den anstehenden Tarifverhandlungen. Aber auch das Thema Klimagerechtigkeit stand dank Beitrรคgen von โ€žFridays for Futureโ€œ und โ€žEnde Gelรคndeโ€œ im Fokus.

Wรคhrend des Aufzugs hatten vor allem die linksradikalen Blรถcke mit Widerstand seitens der Polizei zu kรคmpfen. Diese stรถrte sich wiederholt an angeblichen Vermummungen und hielt die Demo vor dem Neuen Rathaus wegen Pyrotechnik auf. Das Aufgebot an Polizeikrรคften wirkte fรผr eine friedliche Versammlung dieser GrรถรŸe ziemlich รผbertrieben โ€“ allerdings dรผrfte sich auch die Polizei auf ein Vielfaches an Teilnehmer/-innen vorbereitet haben.

Am Tag nach der Demo dominierten in den sozialen Medien die Diskussionen รผber ein Thema, das sich bereits im Vorfeld als mรถglicher Konflikt angedeutet hatte: Israel und die palรคstinensischen Gebiete. Die Gruppe โ€žHandalaโ€œ hatte palรคstinensische Fahnen angekรผndigt, was jedoch dem Demokonsens, auf regionale und nationale Symbole zu verzichten, widersprach.

Israel-Fahne und fehlendes Israel

Die angekรผndigten Fahnen waren am Samstag nicht zu sehen, jedoch ein Schild mit der Aufschrift โ€žGegen jede Besatzungโ€œ und einer Zeichnung des Nahen Ostens, in der Israel fehlte. Vor Ort demonstrierten einige Mitglieder der Leipziger Linksjugend, indem sie sich mit einer Israel-Fahne positionierten. Auf Twitter folgten daraufhin gegenseitige Vorwรผrfe von Rassismus und Antisemitismus.

Sicherlich dรผrften diese Diskussionen beim nรคchsten Bรผndnistreffen in einer Woche eine Rolle spielen. Gespannt sein darf man aber vor allem, wie โ€žJetzt reichtโ€˜sโ€œ mit seinen eigentlichen Forderungen weiter in die Offensive kommen mรถchte.

Ungefรคhr 1.500 Personen waren laut unserer Zรคhlung am Samstag auf der StraรŸe und ungefรคhr genauso viele waren es am Sonntag beim Leipziger Halbmarathon. Bei den Mรคnnern war Jacek Chrusciel erfolgreich und bei den Frauen konnte sich Amy Fry durchsetzen.

Auch ein bisschen Prominenz konnte unter den Teilnehmer/-innen gesichtet werden: zum Beispiel die grรผne Landtagsabgeordnete Christin Melcher. Vielleicht ja auch ein gutes Training fรผr kommende Demo-Montage. Vor zwei Wochen hatte es Melcher zusammen mit anderen Politiker/-innen auf die Route der rechten Verschwรถrungserzรคhler/-innen geschafft und dort eine โ€“ eher symbolische โ€“ Sitzblockade errichtet.

Gegenprotest durch โ€žLeipzig nimmt Platzโ€œ und โ€žLeipzig Schwurbelfreiโ€œ soll es auch morgen Abend wieder geben: Fรผr 18 Uhr ist eine โ€žZubringerdemoโ€œ geplant, die auf der Sachsenbrรผcke starten und am Neuen Rathaus enden soll. Dort ist ab 19 Uhr der eigentliche Gegenprotest geplant. Stationรคre Kundgebungen soll es zudem auf dem Richard-Wagner-Platz, auf dem Willy-Brandt-Platz und auf dem Augustusplatz geben. Die rechte Montagsdemo soll 19 Uhr auf dem Augustusplatz beginnen.

Was Menschen, die solchen Demos ideologisch nahestehen, sonst so treiben, lieรŸ sich heute einer Pressemitteilung der Polizei entnehmen. Bereits in der Nacht zu Samstag soll ein 38-jรคhriger Mann mehrere Werbeplanen an einem Corona-Testzentrum am Torgauer Platz angezรผndet haben. Auf den Container konnte das Feuer nicht รผbergreifen. Die Polizei konnte den mutmaรŸlichen Tรคter dank eines Zeugenhinweises kurz darauf stellen.

Worรผber die LZ am Wochenende berichtet hat: รผber neue Plรคne fรผr den Eutritzscher Markt, รผber einen Radweg am Hauptbahnhof und รผber fehlendes Vorkaufsrecht fรผr den Plagwitzer Bahnhof.

Was am Wochenende auรŸerdem wichtig war: In Frankreich demonstrierten mehrere zehntausend Menschen bei tendenziell linken Energiedemos, im Iran brannte ein Gefรคngnis, in dem zahlreiche jรผngst Festgenommene untergebracht sind, und in Hamburg sorgt Polizeigewalt gegen FuรŸballfans fรผr Diskussionen.

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Es gibt 10 Kommentare

Danke fรผr die sehr objektiven Berichterstattungen รผber die heutigen Demos.

Matthias, auch fรผr Sie noch mal explizit zum Verstรคndnis: Auch wenn Sie beide mit aller Macht versuchen, eine Diskussionen auf eine ganz andere Ebene zu verlagern, um von den hochbrisanten aktuellen Themen abzulenken โ€“ diesen Gefallen werde ich Ihnen nicht tun. Das ist jetzt hoffentlich auch bei Ihnen angekommen.
Sie sollten sich lieber mal das Video anschauen; auch zum Lernen, wie Differenzierungen und Objektivitรคt in der aktuell so brisanten Zeit aussehen kรถnnen.
Mehr ist zu Ihren Beitrรคgen nicht mehr zu sagen.

Sie haben keine Argumente. Nur Meinungen, diffuses Bauchgefรผhl. Lehnen die Aufforderung zum Denken, Sich-Besinnen ab. Akzeptieren keine Denkmodelle, Erklรคrungen.
Was wollen Sie eigentlich? Da niemand Sie auf Ihrer intellektuellen Stufe treffen kann, scheint es so, als wollten Sie einfach mal drauflosbrabbeln. Wundern Sie sich nicht, wenn der Beifall, die Zustimmung, das Kopfnicken ausbleiben!

ola, da gibt man sich mit groรŸem Aufwand aber alle Mรผhe. Was Sie da abliefern, ist ein ausgezeichnetes Beispiel, mit hochtrabenden, intelligent wirkenden Worten NICHTS zu sagen, um sich eines unangenehmen Themas zu entledigen; es regelrecht totzuschlagen. Doch Substanz? Vollstรคndig Fehlanzeige. Derartige Diskussionen werden die Hardliner hier nicht รคndern, das habe ich lรคngst begriffen, und wende mich mit deutlich Wichtigerem an die Differenzierungsfรคhigen hier mit einer Videoempfehlung, wo ein รผber jeden Zweifel erhabene, ehemalige Vorsitzende des NATO-Militรคrausschuss neben sehr viel anderen sehr klugen Sachen u.a. wรถrtlich sagt: โ€œDer Irrsinn kennt keine Grenzen. Ich finde es erstaunlich, dass die westlichen Regierungen das alles so hinnehmen, ohne zu versuchen, diese Eskalationsschraube zu unterbrechen, und zu verhindern, dass aus dieser Situation eine Katastrophe entsteht.โ€
Auch ich habe vielfach den Eindruck, dass bei vielen der Ernst der Lage noch gar nicht angekommen ist; dass man denkt, hier wird ein Sandkastenspielchen betrieben. Und schlimm ist auch, dass ein Meinungsstreit darรผber im Keim erstickt werden soll. 1989 war anders, keine Frage. Aber eine der Hauptforderungen war die nach Meinungsfreiheit. Und wenn man sich heute die Diskussionen, Stigmatisierungen, Verleumdungen, โ€ฆ anschaut, dann komme ich heute fรผr abweichende Meinungen zwar nicht ins Gefรคngnis. Aber wie die Diskussionen auch hier zeigen, wird mit viel grรถรŸerem (manipulativen) Geschick als 1989 die Unterdrรผckung โ€œAndersdenkenderโ€ betrieben. Indem sie zu Nazis und Querdenkern gemacht werden, anstatt sich sachlich mit deren Argumenten auseinanderzusetzen. Jegliche Diskussion darรผber wird unterdrรผckt โ€“ ein Armutszeugnis fรผr eine Demokratie!

Hallo Herr Reif, erinnern sie sich an die โ€œQuerdenkenโ€-Bewegung dieses Schwaben? Solche Positionen, solche Verschwรถrungstheorien und zum Teil wirre Ansichten, die in sich nicht stimmig sind oder Anleihen bei rechts und bei links nehmen, werden aus meiner Sicht unter Querdenkern subsumiert. Das mit โ€œAnleihen bei rechts und links = Querdenkenโ€ passt nicht unbedingt, wenn man auch nur etwas mehr Wissen รผber politische Philosophie, verschiedene Lรคnder, verschiedene Zeiten usw. besitzt, aber das haben die meisten Menschen โ€“ auch die meisten lauten und energischen โ€“ eben nicht. Knappe Begrรผndung fรผr Leute die es interessiert: Die heutige politische Landschaft lรคsst sich gut anhand von 2 Dimensionen verstehen, der 1) soziokuluturellen (mit den Polen liberal vs. konservativ) und 2) sozialรถkonomischen (mit den Polen Staatseingriff in Wirtschaftsprozess und Ressourcenverteilung vs. reiner Marktwirtschaft ohne Umverteilung) Konfliktachse. Das ergibt 4 Felder, wobei 2 der Felder durch je eine rechte und eine linke Zuordnung geprรคgt sind. Es gibt aber logisch keine Beziehung zwischen den Achsen, sodass die 2 Mischfelder bzw. die Menschen, die sich dort wiederfinden, kein โ€œDefizitโ€ oder โ€œUnplausibilitรคtโ€ markieren. Diese Art der Betrachtung des politischen Lebens ist รผbrigens eine Sache, die in der BRD und anderen Demokratien vielfach verwendet wird und auch die BPB hat zu dem Konzept einen Beitrag, der sich leicht finden lรคsst (keine Verlinkung). รœbrigens wรผrde ich ihnen Herr Reif empfehlen, sich von Journalisten generell nicht so aktivieren und beunruhigen zu lassen: Das ist nicht leicht, weil Provokation udn Vereinfachung hier aus verschiedenen โ€“ zum Teil wohlgemeinten โ€“ Grรผnden dazu gehรถrt, aber es vereinfacht das Leben. Sprechen sie lieber ruhig mit Bekannten รผber das was sie finden und was sie stรถrt.

Zurรผck zu dem Video:
Ob jetzt diese 70 da zu Querdenkern dazugehรถren? Vielleicht. Aber ich wรผrde das nicht einfach nur so behaupten. und ich wรผrde mir auch nicht erlauben, einfach grobe Schubladen aufzumachen und jeden, dessen Meinung, Haltung und Auftreten mir nicht gefรคllt da hinein zu werfen.

Ein Journalist kann das natรผrlich anders halten, jeder Mensch kann das anders halten. Diese Schubladisierung ist jedoch oft nicht zutreffend, nicht begrรผndet und sie spannt auch ein Tabu รผber bestimmte Themen generell oder Positionen zu Themen auf. Das ist in Deutschland ganz besonders gut beim Thema Kritik an Israel zu beobachten. Darรผber kann man als deutscher Nichtjude quasi nicht sprechen, ohne den Antisemitismus-Sticker verpasst zu bekommen. Das kann man hingegen in anderen Lรคndern durchaus und auch Juden selbst dรผrfen in der BRD Israel kritisieren. So ist nun mal unsere politische Staatsrรคson aus bekannten Grรผnden. Ob ich persรถnlich das richtig finde? Nein. Aber daran kรถnnen Einzelne nichts รคndern.

Im รผbrigen hatte ich mir erst heute das Video der 70 โ€œQuerdenkerโ€ in der Hainstrasse angeschaut. Ich kann mir รผber diese Demo zwar kein Urteil erlauben, weil ich auf dem Augustusplatz weilte, doch nach dem Betrachten des Video stelle ich mal die Frage in den Raum, was einen โ€œQuerdenkerโ€ eigentlich definiert?
Mein Empfinden ist, dass das in hiesiger Lesart ein Jeder ist, der nicht zu 100% den ideologischen Vorgaben Berlins bzw. aktuell vielmehr Washingtons folgt. Wenn ich da bisher ein falsches Verstรคndnis hatte, dann bitte ich das zu entschuldigen. Und ja โ€“ (nur) in diesem Falle wรคre auch ich ein โ€œQuerdenkerโ€.

Schwurbler, Nichtdenker, Von-der-eigenen-Wichtigkeit-Gehetzte, Rassisten, Antisemiten, Egomanen
22 ist nicht 89
Unlogik ist nicht Dialektik, Widerspruch keine Lรผge, Lรผgen kein Widerspruch

Man bekommt hier mit absoluter Verlรคsslichkeit den Meinungsjournalismus, denn man hier erwarten darf. Zumindest darauf kann man sich verlassenโ€ฆ

>>Die rechte Montagsdemo soll 19 Uhr auf dem Augustusplatz beginnen. Was Menschen, die solchen Demos ideologisch nahestehen, sonst so treiben, lieรŸ sich heute einer Pressemitteilung der Polizei entnehmen. Bereits in der Nacht zu Samstag soll ein 38-jรคhriger Mann mehrere Werbeplanen an einem Corona-Testzentrum am Torgauer Platz angezรผndet haben.<<

Dieser "objektive Journalismus" erinnert zunehmend an die ideologische Hetze in den DDR-Medien. Den hiesigen Autoren ist trotz der Ereignisse von 1989 die Leipziger Mentalitรคt offenbar fremd. Wir haben uns noch nie einschรผchtern lassen, im Gegenteil.

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