Am Sonntag trafen in Leipzig fast zwei Demonstrationen aufeinander, die wenig Sympathie füreinander haben dürften: die einen ziemlich rechts und im „Querdenken“-Spektrum unterwegs, die anderen queer und kapitalismuskritisch. Außerdem: Am Wochenende ging in Leipzig das Internationale Fußballbegegnungsfest, die 100-Jahrfeier der VLW und der 7. Beneflitz über die Bühne. Und die Sanierung der Hauptfeuerwache verteuert sich auf 30 Millionen Euro. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, 9./10. Juli 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Wenn Neonazis, Reichsbürger und Querdenker zu einer patriotischen Demo durch Leipzig aufrufen, ist Volker Beiser nicht fern. Der ehemalige NPD-Funktionär, der im vergangenen Jahr vor allem durch die „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ einige Bekanntheit erlangte, trat an diesem Sonntag sogar als Anmelder der am Völkerschlachtdenkmal startenden Versammlung in Erscheinung.
An den Themen hat sich nicht so viel geändert. Es geht um den Sturz der Regierung, um die angeblich zugunsten weniger Reicher geplante Neuordnung der Weltwirtschaft, für die die Pandemie ein willkommener Anlass gewesen sei, und um Chips, die einer der Redner gegen seinen Willen implantiert bekommen haben will.
Nach der Auftaktkundgebung zog die Demonstration mit einigen dutzend Teilnehmer/-innen Richtung Innenstadt. Gegendemonstranten versuchten mehrmals Sitzblockaden zu errichten, konnten den Aufzug jedoch bis auf eine längere Unterbrechung auf der Höhe der Alten Messe nicht effektiv behindern.
Parallel eine Demo für eine intersektionale Zukunft
Gleichzeitig beteiligten sich mehrere hundert Menschen an einer Demonstration von „Queering Defaults“. Der Aufzug führte vom Augustusplatz in den Leipziger Süden und anschließend zum Clara-Zetkin-Park.
Die Demonstration unter dem Motto „Die Zukunft ist intersektional – Räume queer(er) machen“ versteht sich als eine Art Gegenentwurf beziehungsweise Alternative zur großen Christoper-Street-Day-Demonstration.
Ähnlich wie bei der Stonewall-Demo zu Beginn des Monats kritisieren die Aktivist/-innen, dass es sich die großen Feierlichkeiten zu sehr im kapitalistischen Alltag gemütlich gemacht haben. Doch „queerer Kapitalismus“ sei keine Option.
Volles Haus dank Toter Hosen
Große Veranstaltungen gab es an diesem Wochenende auch abseits politischer Demonstrationen. So feierten beispielsweise mehrere zehntausend Menschen am Samstagabend mit den „Toten Hosen“ auf der Festwiese. Zuletzt sorgte ja unter anderem schon „Rammstein“ für ähnliche Zahlen, doch nach mehr als zwei Jahren Pandemie sind Veranstaltungen dieser Art immer noch etwas ungewöhnlich.
Ein ganzes Wochenende IFBF 2022
Was am Freitag mit einem interkulturellen Fest auf dem Richard-Wagner-Platz begann, fand heute seinen Abschluss beim „Max und Leo Bartfeld“-Pokal der 30 Jugendmannschaften aus Deutschland, Tschechien, Jordanien, Armenien, Israel und der Ukraine.
Den sportlichen Höhepunkt im Rahmenprogramm des Internationalen Fußballbegegnungsfestes stellte daneben traditionell ein Freundschaftsspiel der BSG Chemie Leipzig gegen ein Team mit jüdischem Bezug dar. Diesmal zu Gast im Alfred-Kunze-Sportpark war am Samstag (9. Juli) der israelische Viertligist Maccabi Bosmat Tivon. Insgesamt 802 zahlende Zuschauer verfolgten die Partie, in der es viele Tore zu bejubeln gab, auf die es an diesem Tag aber letztlich gar nicht so ankam.
Nach einem schon recht deutlichen Halbzeitstand von 4:0 machten sich bei den Gäste aus Bosmat Tivon in der zweiten Halbzeit die Reisestrapazen sowie die Tatsache, dass einige Stammkräfte fehlten, deutlich bemerkbar. So schraubte der Leipziger Regionalligist das Ergebnis zum Abpfiff auf 13:0 hoch. Jeweils zweimal trafen dabei Simran Dhaliwal sowie Manassé Eshele und Maximilian Jagatic, die beide neu im 1. Männerteam der Leutzscher sind.
Für Cheftrainer Miroslav Jagatic ging es an diesem Nachmittag allerdings um mehr als die sportliche Komponente: „Das war ein Freundschaftsspiel und so sollte es auch bewertet werden“, sagte er im LZ-Interview. „Es geht um das Thema Begegnung, für das wir ein Statement setzen wollten. Das ist das Primäre. Fußball ist ein Bindeglied und wir freuen uns, wenn wir Freunde begrüßen können und ein Freundschaftsspiel austragen. Dabei ist das Resultat nicht relevant.“
Max und Leo Bartfeld Pokal geht in die Ukraine
Apropos Relevanz. Deutlich relevanter wohl, dass den am heutigen Sonntag im Rahmen des zum Internationalen Fußballbegegnungsfest gehörenden „Max und Leo Bartfeld Pokal“ in der Sportschule Egidius Braun eine ganz besondere Mannschaft gewonnen hat.
Mit den „Refugees United Ukraine RP“ setzten sich die erstmals teilnehmenden und spielstarken Gäste aus dem kriegsumtobten Land beim mittlerweile größten internationalen Jugendturnier Deutschlands durch.
60 Jugendliche, teils aus den aktuellen Kriegsgebieten, hatte der veranstaltende Leutzscher Verein Tüpfelhausen in diesem Jahr mithilfe des Auswärtigen Amtes nach Leipzig geholt, um dem Schrecken daheim positive Erlebnisse entgegenzusetzen. Nun fahren sie sogar mit dem begehrten Pokal nach Hause.
Über 3.800 Runden beim 7. Beneflitz
Eine weitere sportliche Veranstaltung war am Samstag das 7. Beneflitz. Dabei handelt es sich um einen Spendenlauf, der von der Leipziger Kinderstiftung und den Johannitern organisiert wird und bei welchem Sponsoren die gelaufenen Runden im Clarapark zugunsten finanziell benachteiligter Kinder vergüten.
Mit den Geldern werden Ferienfahrten für die Kinder organisiert und Schulmaterialien gekauft.
Vor Ort wurden dieses mal über 3.800 Runden von je 500 Metern erlaufen, darunter auch jene des teilnehmenden LVB-Geschäftsführers Ulf Middelberg. Ein genaues finanzielles Ergebnis wollen die Veranstalter noch verkünden, da rings um den Beneflitz weitere Spenden eingehen.
Besonders stach jedoch mit Nino ein junger Teilnehmer hervor, der an der Seite seines Vaters sagenhafte 24 Runden von je rund 500 Metern, also einen 12.000 Meterlauf schaffte.
Eine Strecke, wie sie gewöhnlicherweise nur von den auch in diesem Jahr wieder mitlaufenden Sportlern des SC DhfK Leipzig geschafft wird, um den Laufsponsoren – darunter mehrere Leipziger Mittelständler und die L-Gruppe – möglichst viel Geld für finanziell schlechter gestellte Kinder „abzunehmen“.
VLW Genossenschaft macht die 100 voll
Gesamt zwei volle Tage lang feierte ausnahmsweise mal sich selbst die Vereinigte Leipziger Wohnungsgenossenschaft. Das 100-jährige Jubiläum war am 5. Juli 2022 voll und deshalb stieg die Party am Stammsitz der Wohnungsgenossenschaft in der Hartz-Straße an diesem Wochenende.
Zur Feier des Tages gab es am Samstagabend neben Livemusik und einer Zaubershow dann auch eine kurze Geschichte der VLW, dargestellt in einer Lichtshow an der Hauswand des Unternehmens. Teile der Historie der Leipziger Genossenschaft gibt es hier auf der LZ nachzulesen.
Kostenexplosion bei der Feuerwehr
Abseits aller großen Veranstaltungen wurde am Wochenende auch über Lokalpolitik und Themen mit Auswirkungen auf die Lokalpolitik diskutiert. So berichteten wir gestern darüber, dass die Sanierung der Hauptfeuerwache erneut teurer wird.
Nun soll die gesamte Maßnahme bereits 30 Millionen Euro kosten. Ursprünglich war mal von 19 Millionen die Rede und das letzte Wort ist damit möglicherweise noch nicht gesprochen.
Jung gegen Englisch als Verwaltungssprache
Auch nicht das letzte Wort gesprochen ist bei der Frage, ob Englisch in den Verwaltungen neben Deutsch die zweite Amtssprache werden soll. Das hatte die FDP vorgeschlagen. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) erklärte in seiner Funktion als Vizepräsident des Deutschen Städtetages, dass das nicht realistisch und mit zu viel Aufwand verbunden sei.
Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat: über eine moderne Kompostanlage, die in Cröbern den Betrieb aufgenommen hat, über einen Offenen Brief auf einen Offenen Brief zum Thema Energieberg Seehausen und über den Kampf gegen die Folgen der Klimakrise am Beispiel des Vorderen Rosentalteiches.
Am Sonntagabend fiel dann auch die Entscheidung um die Oberbürgermeisterschaft in Dresden. Den Livebericht dazu finden sie hier.
Was am Wochenende außerdem wichtig war: Die sächsische AfD hat auf ihrem Landesparteitag erneut Jörg Urban zum Vorsitzenden gewählt, die thüringische Polizei hat nach eigenen Angaben ein Rechtsrockkonzert in Sonneberg verhindert und die Diskussionen über die Zeit nach dem Ende des 9-Euro-Tickets dauern an.
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