Millionen Tonnen Getreide stecken nach wie vor in ukrainischen Häfen fest, deren Export durch Russland blockiert wird – dahinter steckt ein zynisches Kalkül der Führung in Moskau, das der Westen mühsam zu kompensieren versucht. Zum heutigen „Weltflüchtlingstag“ mangelte es nicht an Mahnungen und Kritik am Umgang mit dem Schicksal vieler Menschen. Und: Nach Hass-Postings im Netz haben Ermittler heute Wohnungen in 15 Bundesländern durchsucht – darunter Sachsen. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 20. Juni 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Blockiertes Getreide: Putins zynisches Drehbuch
Am 24. Februar 2022 ordnete die russische Führung unter fadenscheinigen Vorwänden den militärischen Einmarsch in die Ukraine an – Millionen Menschen sind geflüchtet. Nachdem nicht zuletzt der erbitterte Widerstand der Ukrainerinnen und Ukrainer gegen den Überfall die Hoffnungen von Russlands Präsident Wladimir Putin (69), das gesamte Land rasch zu überrollen, als illusorisch entlarvte, verlegten sich die Kämpfe überwiegend auf einen kleinteiligeren Radius im Osten.
Ukraine: Suche nach Ausweg aus der Getreide-Blockade https://t.co/PHyPktwF1I #Ukraine #Getreide #Exporte
— tagesschau (@tagesschau) June 20, 2022
Und der Langzeit-Hausherr des Kreml entdeckte eine besonders perfide Kriegswaffe für sich: Die gezielte Blockade von Getreide, das in ukrainischen Häfen am Schwarzen Meer auf seine Ausfuhr wartet – und für Millionen Menschen in Afrika und Nahost essenziell für das tägliche Brot ist. Die Ukraine zählt zu den bedeutungsvollsten Getreideexporteuren der Welt.
Ausbleibende Lieferungen in ärmere Länder könnten eine riesige Hungersnot mit unvorstellbaren Konsequenzen bedeuten – und Europa durch eine Migrationsbewegung unter Druck setzen, die jene von 2015 und 2016 noch toppen könnte, wenn viel mehr verzweifelte Menschen als damals die Flucht wagen. So analysierte Kommentator Matthias Koch für das RND bereits im Mai das zynische Drehbuch Putins, in dem der Hunger Unschuldiger zur politischen Waffe wird.
Suche nach Auswegen mühsam und problembeladen
Immerhin: Das Problem wurde erkannt und die EU sucht emsig nach Auswegen, um ein furchtbares Hunger-Szenario noch aufzuhalten. Josep Borrell (75), Vize der EU-Kommission und EU-Außenbeauftragter, äußerte sich optimistisch, dass es gelingen werde, eine Einigung zu erzielen.
Schätzungsweise 20 Millionen Tonnen können aktuell nicht aus der Ukraine an die so dringend wichtigen Orte verschifft werden, weil Russlands Marine die Häfen blockiert. Sowohl Polen als auch Rumänien bieten Ausweichrouten per LKW an, die aber bei Weitem nicht ausreichen. Auch Ungarn bot sich als Transitland an.
Technisch und logistisch stoßen die Pläne allerdings immer wieder an ihre Grenzen. Russland schiebt offiziell der Ukraine die Schuld für die Blockade zu. Laut Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne) soll es bereits Freitag eine Konferenz zum Thema Getreideexporte geben – hier wird auch ihr US-Amtskollege Antony Blinken (60) erwartet.
Mahnungen, Vorschläge und Kritik zum „Weltflüchtlingstag“
Neben Hunger sind es Folgen des Klimawandels, schlechte Regierungsführung und Korruption vor Ort, Kriege, Gewalt, Ausbeutung, Armut und Perspektivlosigkeit, welche Menschen in aller Welt dazu bringen, ihre Heimat zu verlassen und nach Ruhe, Sicherheit, einem besseren Leben zu suchen.
Der Angriffskrieg gegen die Ukraine mit hunderttausenden Geflüchteten hierzulande hat das Thema auch in Europa und Deutschland wieder auf die Tagesordnung katapultiert – und global sind weitaus mehr Menschen auf der Flucht, laut Schätzungen der Vereinten Nationen etwa 100 Millionen. Die Mehrzahl flieht innerhalb der eigenen Landesgrenzen oder in unmittelbare Nachbarstaaten.
Heute ist #Weltflüchtlingstag: Aktuell sind mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht – ein trauriger Rekord. Die ganze Woche dreht sich bei uns daher um das Thema Flucht: Wir starten mit 5 Fakten, die du wissen solltest. #AufderFlucht #WITHREFUGEES #GlobalTrends @unhcr pic.twitter.com/hCrXGVjx5D
— Ärzte ohne Grenzen (@msf_de) June 20, 2022
Anlässlich des heutigen „Weltflüchtlingstages“ hat die Organisation Amnesty International die Ungleichbehandlung geflüchteter Menschen in Deutschland kritisiert. Daneben wurden unter anderem auch Forderungen nach weiteren Aufnahmen von Afghaninnen und Afghanen in der Bundesrepublik laut.
Vor gut einem Jahr, im August 2021, hatte die Rückkehr der militant-islamistischen Taliban an die zentrale Machtstelle fast zwanzig Jahre nach ihrem Sturz erneut massive Fluchtbewegungen ausgelöst.
Die FDP brachte die Forderung nach einem gesamteuropäischen Migrationsgipfel ins Spiel, um angesichts vieler Krisenherde in der Welt auch für künftige Flucht und Zuwanderung gewappnet zu sein. In Leipzig soll am Abend eine Kundgebung unter dem Motto „Aufnahme für alle“ am Willy-Brandt-Platz stattfinden.
Hass-Postings nach Erschießung von Polizisten: Razzien auch in Sachsen
Ab morgen, dem 21. Juni, wird vor dem Landgericht Kaiserslautern im Fall der Polizistenmorde von Kusel (Rheinland-Pfalz) verhandelt. Ein 39-Jähriger soll Ende Januar auf einer Landstraße einen 29-jährigen Beamten und dessen 24-jährige Kollegin bei einer Kontrolle kaltblütig erschossen haben, um illegale Wilderei zu verdecken. Das Verbrechen sorgte bundesweit für Erschütterung. Im Netz fanden sich jedoch auch erschreckende Kommentare, die das Verbrechen herunterspielten oder gar begrüßten.
Seit dem frühen Morgen wurden bei 75 Tatverdächtigen im Zusammenhang mit Hasskommentaren im Internet Hausdurchsuchungen durchgeführt. Innenminister Roger #Lewentz stellt die Ergebnisse gemeinsam mit @LKA_RLP, @bka und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz vor. #contrahassRLP pic.twitter.com/bMq4PDPkkg
— Innenministerium RLP (@innen_rlp) June 20, 2022
Einen Tag vor Verhandlungsbeginn gegen den mutmaßlichen Täter rückten Ermittler in 15 Bundesländern zu Razzien aus, bei denen es um Hass-Postings im Zusammenhang mit der Tötung der jungen Polizisten ging.
Nach Angaben der rheinland-pfälzischen Behörden geht es um Tatvorwürfe der Störung des öffentlichen Friedens durch Billigung von Straftaten, das Verunglimpfen des Andenkens Verstorbener und Beleidigung. Insgesamt gab es 80 Durchsuchungen und 150 Verfahren.
Auch Sachsen unterstützte die Maßnahmen und führte mehrere Hausdurchsuchungen durch, im Freistaat stehen neun Männer (16–45) und eine Frau (59) im Visier der Ermittler. Lediglich im benachbarten Sachsen-Anhalt gab es diesbezüglich heute keine Razzien bzw. Vernehmungen.
Stadtrat, regionale Lebensmittel und Geständnis eines Bomenbastlers vor Gericht in Leipzig
Worüber die LZ heute berichtet hat: Wieder mal dreht sich vieles um den Stadtrat: Das Lokalparlament befasste sich mit dem Thema Bienenschutz, Planungen für eine Schulsporthalle in Lindenthal, das Leipziger Amtsblatt, das endlich auf den Prüfstand kommen soll und die Leipziger Jugendhilfe. Außerdem schrieben wir über regionale Lebensmittelproduktion und eine Demonstration zum Thema agra-Tunnel bei sengender Hitze.
Am Leipziger Landgericht begann heute zudem der Prozess gegen einen 34-Jährigen, der vergangenes Jahr mehrere selbstgebaute Sprengfallen im Zentrum-West ablegte – mit teils gravierenden Folgen. Heute bat der Angeklagte um Entschuldigung. Wir haben den ersten Verhandlungstag begleitet.
Vorsichtige Entwarnung in Brandenburg und Beginn eines Mordprozesses
Was sonst noch wichtig war: Entwarnung in Brandenburg – nicht zuletzt der Regen hat die Lage bei den verheerenden Waldbränden am Montag deutlich entspannt, für die Ortschaften soll aktuell keine Gefahr mehr bestehen.
Was morgen wichtig wird: Morgen beginnt der Prozess um die Erschießung zweier junger Polizisten in Kusel (Rheinland-Pfalz) am Landgericht Kaiserslautern (siehe oben).
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Haben Sie da nicht vergessen zu erwähnen, das die ukrainische Häfen zusätzlich durch ukrainische Minen blockiert sind?