Nach jahrelangen Diskussionen hat der Bundestag das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen abgeschafft. Dass nur wenige Stunden später die Meldung aus den USA folgte, dass dort das Oberste Gericht das Recht auf Abtreibungen abschafft, ist ein bizarrer Zufall. Außerdem: Der Leipziger Stadtrat Sören Pellmann möchte beim Linkenparteitag zum Vorsitzenden gewählt werden und ein sächsischer AfD-Vorstand wurde wegen rassistischer Gewalt verurteilt. Die LZ fasst zusammen, was am Freitag, dem 24. Juni 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Es ist geschafft: Der Bundestag hat mit den Stimmen der Ampel-Koalition und der Linksfraktion das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen abgeschafft. Somit ist es Ärzt/-innen künftig erlaubt, ausführliche Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen anzubieten. Bislang gab es die paradoxe Situation, dass nahezu alle solche Informationen anbieten durften, mit Ausnahme eben jener Berufsgruppe, die sich am besten damit auskennt.

In den vergangenen Jahren war der gesellschaftliche Druck, den Paragrafen 219a zu streichen, immer größer geworden. Ausgangspunkt war ein Urteil gegen die Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel vor fünf Jahren. Eine parlamentarische Mehrheit für die Abschaffung des Paragrafen gibt es schon seit Jahren, allerdings wollte die SPD in der vergangenen Legislatur nicht gegen ihren Koalitionspartner Union stimmen.

Nun rückt Paragraf 218 in den Fokus

Die heutige Abstimmung im Bundestag wird die Debatte aber mit Sicherheit nicht beenden. Zum einen gibt es für Betroffene das Problem, dass immer weniger Ärzt/-innen überhaupt Schwangerschaftsabbrüche durchführen – wer diesen Eingriff möchte oder benötigt, muss also mitunter weit reisen. Zum anderen sind Abtreibungen nach wie vor grundsätzlich strafbar. Im Fokus der Bewegung steht nun also Paragraf 218, der Abbrüche generell regelt.

Diesen zu streichen, fordert unter anderem die Linkspartei. Auf ihrem heute begonnenen Bundesparteitag in Erfurt bekräftigte die Vorsitzende Janine Wissler diese Forderung. In einer emotionalen Rede, die im Saal für viel Begeisterung sorgte, verortete sie die Linke als Partei, die gegen Armut, Krieg und Diskriminierung kämpfe, neuen Klima- und queeren Bewegungen zur Seite stehe und endlich Geschlossenheit zeigen müsse.

Linke in der Krise

Die Linkspartei steckt aktuell wohl in der tiefsten Krise ihrer Geschichte. Nur mit viel Glück ist es ihr gelungen, überhaupt wieder in den Bundestag einzuziehen; bei manchen Landtagswahlen gab es krachende Niederlagen. Dazu kommen innerparteiliche Auseinandersetzungen um die Haltung zu Russland, die Personalie Wagenknecht und die Fälle sexualisierter Übergriffe innerhalb der Partei.

Auch aus Leipziger Sicht dürfe es ein spannender Parteitag werden. Am Samstag will sich der Bundestagsabgeordnete und Stadtrat Sören Pellmann als Parteivorsitzender zur Wahl stellen. Es wird eine Kampfabstimmung, deren Ausgang als offen gilt.

Bewährung für AfD-Vorstand

Bereits vor einer Woche hatte die AfD ihren Bundesparteitag in Riesa. Inhaltlich gab es eher wenige Schnittmengen mit der Linkspartei, aber auch die Rechten stecken in einer Krise. Hilfreich war nicht das verfrühte Ende des Parteitages, nachdem sich die Lager gegenseitig blockiert hatten; und hilfreich wird auch eine Meldung von heute nicht sein: Ein Mitglied des sächsischen AfD-Landesvorstandes wurde heute zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Das Amtsgericht Dresden sah es als erwiesen an, dass Daniel Zabel und vier weitere Personen als Gefängniswärter ausländische Gefangene misshandelt haben sollen. Bekannt wurden die Vorfälle dank einer internen Chatgruppe. Diese war im Zuge der Ermittlungen gegen Zabel wegen eines früheren Vergehens in die Hände der Ermittler geraten: Er hatte nach einem Todesfall in Chemnitz einen Haftbefehl an rechtsradikale Kreise weitergegeben.

Recherche zu „Spizz“-Vorfall

Worüber die LZ heute berichtet hat: über die Pläne für die Georg-Schumann-Straße und einen Grünen-Vorschlag, anlässlich des 9-Euro-Tickets wieder über günstigen ÖPNV zu diskutieren. Zudem haben wir eine Recherche zu dem Vorfall im „Spizz“ veröffentlicht, der möglicherweise einen homofeindlichen Hintergrund hatte.

Was heute außerdem wichtig war: In die Freude über den Fortschritt im deutschen Abtreibungsrecht platzte am Nachmittag die Meldung, dass das Oberste Gericht der USA wie erwartet das dortige Abtreibungsrecht gekippt hat. Außerdem: In Sachsen sind die ersten 860 Dosen mit Impfstoff gegen die Affenpocken eingetroffen. Empfohlen wird die Impfung bislang nur Risikogruppen. Für die breite Bevölkerung ist das Infektionsrisiko derzeit gering.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar