Die Linkspartei auf Bundesebene hat keine Doppelspitze mehr: Susanne Hennig-Wellsow hat heute ihren sofortigen Rücktritt vom Parteivorsitz erklärt und Dresdner Forscher/-innen sehen einen Zusammenhang zwischen erhöhter Übersterblichkeit und niedriger Impfquote, besonders gut zu betrachten in Thüringen und Sachsen. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 20. April 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus passiert ist.
Hennig-Wellsow gibt Vorsitz der Linkspartei ab
Die Linkspartei kommt nicht zur Ruhe. Nachdem in den vergangenen Tagen über mehrere Vorfälle von sexuellen Übergriffen im hessischen Landesverband berichtet wurde, erklärte Susanne Hennig-Wellsow heute ihren Rücktritt vom Amt der Parteivorsitzenden. Seit Februar 2021 hatte Hennig-Wellsow die Linkspartei gemeinsam mit Janine Wissler geführt.
Die #MeToo-Debatte innerhalb der Linkspartei ist ein Grund für Hennig-Wellsows Rücktritt. In der Rücktrittserklärung, die die Bundestagsabgeordnete heute auf ihrer Website veröffentlichte, bescheinigte sie ihrer Partei „eklatante Defizite“ beim Umgang mit Sexismus in den eigenen Reihen.
Als weitere Gründe für ihren sofortigen Rücktritt nannte die 44-jährige Politikerin private Umstände. Die Kraft und Zeit, die sie in der gegenwärtigen Lage in ihre Partei stecken sollte, benötige sie für ihren achtjährigen Sohn.
Mit dem Rücktritt ist Janine Wissler, die im Februar 2021 gemeinsam mit Hennig-Wellsow die Doppelspitze auf Bundesebene antrat, aktuell alleinige Parteichefin.
Forderung nach Neuwahlen des Parteivorstands
Die Linke brauche neue Gesichter, die die Erneuerung der Partei vorantreiben, schreibt Hennig-Wellsow in ihrer Erklärung. Es brauche diesen Wechsel, um die Glaubwürdigkeit der Partei zu erhalten. Die vergangenen Monate bezeichnet sie als eine der schwierigsten Phasen in der Geschichte der Linkspartei.
Der nächste Parteitag der Linkspartei findet Ende Juni in Erfurt statt. Mehrere Parteimitglieder forderten heute nicht nur eine baldige Neuwahl des Parteivorstands, sondern auch eine Neuwahl des Fraktionsvorstandes im Bundestag, den aktuell Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch innehaben.
Mit dem Rücktritt Hennig-Wellsows ist klar: Zur Ruhe kommen wird die Linke in den nächsten Monaten nicht, denn #MeToo-Debatten, eine halbierte Doppelspitze und desaströse Umfragewerte lassen die Forderung nach einer Generalüberholung der Partei immer lauter werden.
„Für die Linke geht’s um die Existenz“
Auch Leipziger Linken-Politiker/-innen äußerten sich heute zum Rücktritt ihrer Parteivorsitzenden. Michael Neuhaus, der für die Linkspartei im Stadtrat sitzt, drückte auf der Social-Media-Plattform Twitter seinen Respekt für Hennig-Wellsows Entscheidung aus und mahnte: „Wir dürfen keine Polit-Roboter werden.“ Politiker/-innen müssten sich täglich fragen, ob sie mit dem, was sie tun, dem eigenen Anspruch gerecht würden. Susanne Hennig-Wellsow habe genau das getan.
Linken-Stadträtin und Landtagsabgeordnete Juliane Nagel mahnte ebenfalls, jedoch bezog sich ihr heutiges Posting auf den Gesamtzustand der Linkspartei. Dieser sei ernst, es gehe um die Existenz. „Für Selbstbeschäftigung ist kaum Zeit. Raus mit den Spalter*innen und Ewiggestrigen, voran für eine emanzipatorische Linke“, fordert Nagel.
Erhöhte Übersterblichkeit in Sachsen und Thüringen
Themawechsel: Die meisten Corona-Infektionsschutzmaßnahmen wurden mittlerweile aufgehoben, doch die Viruserkrankung ist im Alltag vieler Leipziger/-innen nach wie vor ein Thema. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Leipzig ist vor Ostern kontinuierlich gesunken, steigt aber nun wieder an, was auch mit einem Test-Verzug über die Feiertage zusammenhängen kann.
Laut Robert-Koch-Institut beträgt die Sieben-Tage-Inzidenz für Leipzig aktuell 685. Zum Vergleich: Der Wert für ganz Sachsen liegt bei 450.
Die Sieben-Inzidenz gibt an, wie viele von 100.000 Einwohner/-innen innerhalb der letzten Woche positiv auf Covid-19 getestet wurden.
Aktuelle Forschungsergebnisse des Dresdner Ifo-Instituts belegen, dass fast alle Bundesländer im zweiten Halbjahr 2021 eine erhöhte Übersterblichkeit aufgewiesen haben. Von Übersterblichkeit wird gesprochen, wenn in einer Region mehr Menschen gestorben sind, als aufgrund der Altersstruktur zu erwarten gewesen wäre.
Dabei gibt es starke regionale Unterschiede. Im Saarland (sechs Prozent) und in Baden-Württemberg (fünf Prozent) beispielsweise blieb die Übersterblichkeit verhältnismäßig gering. Thüringen (13,5 Prozent) und Sachsen (12,6 Prozent) sind die Ausreißer in der Statistik, sie weisen mit Abstand die höchsten Übersterblichkeiten auf.
Höhere Impfquote bedingt geringere Mortalität
Laut Ifo-Institut sind in der zweiten Hälfte des letzten Jahres in Thüringen mehr als 17.000 Personen gestorben. Das sind 2.000 mehr, als anhand der Demografie zu erwarten war. In Sachsen hätten statistisch 28.200 Menschen im zweiten Halbjahr 2021 sterben sollen, es waren aber rund 31.700.
Die Wissenschaftler/-innen des Ifo-Instituts weisen darauf hin, dass die unterschiedlichen Altersstrukturen in den Bundesländern für die verschiedenen Mortalitäten nicht verantwortlich sein können, da sie bei der Berechnung berücksichtigt wurden. Die deutlich höhere Sterblichkeit in Thüringen und Sachsen muss also andere Gründe haben.
Ein naheliegender ist die vergleichsweise niedrige Impfquote. Zu diesem Schluss kommen auch die Forscher/-innen vom Ifo-Institut. Über alle Bundesländer hinweg gehe mit einer höheren Impfquote eine geringere Übersterblichkeit in diesem Zeitraum einher.
Fußballpokal-Halbfinale begleitet von erheblichen Verkehrseinschränkungen
Worüber die LZ heute berichtet hat: über einen neuen Skandal beim Landeskriminalamt Sachsen, über Stadtratsdebatten zum Thema Carsharing in Leipzig und über die Frage, warum Vonovia in Leipzig Sozialwohnungen bauen darf sowie über das Bäumefällen in Kleingartenanlagen.
Was heute außerdem wichtig wird: Am Abend, genauer gesagt um 20:45 Uhr, treffen RB Leipzig und Union Berlin zum Halbfinale des DFB-Pokals in der Red-Bull-Arena aufeinander. Rund 47.000 Fußballfans werden heute Abend erwartet. Die Stadtverwaltung hat aufgrund des Spiels mehrere Verkehrseinschränkungen rund ums Stadion veranlasst. Seit dem späten Nachmittag sind rund ein Dutzend Straßen im Waldstraßenviertel für den Autoverkehr gesperrt. Außerdem wurden im Bereich der Goyastraße und Eitingonstraße temporäre Halteverbote eingerichtet.
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