Auch mehr als drei Wochen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine dauern die Gefechte ebenso an wie das millionenfache Leid der Menschen. Unter anderem kam es zu heftigen Explosionen auch im westukrainischen Lwiw. Unbeirrt lieferte Russlands Präsident Wladimir Putin eine groteske Propagandashow vor zehntausenden Menschen in Moskau, die jedoch nicht pannenfrei vonstattenging. Außerdem beschloss der Bundestag eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, mit der die meisten Corona-Regeln für ganz Deutschland entfallen. Die LZ fasst zusammen, was am Freitag, dem 18. März 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Putins Propaganda-Zirkus in Moskau

Ein Meer an Fahnen, ein Dank des Präsidenten an die russische Armee für ihren „heldenhaften Einsatz“, jubelnde Menschenmengen – es war eine bizarre Show, die Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin (69) am Freitag im Moskauer Luschniki-Stadion vor zehntausenden Fans ablieferte. Bei der Veranstaltung zum achten Jahrestag der Krim-Annexion rechtfertigte der Despot die euphemistisch als „Militäroperation“ umschriebene Invasion seiner Streitmacht in der Ukraine.

Die Pläne würden umgesetzt, man wisse, was wie zu tun sei und zu welchen Kosten, verlautbarte Putin. Die Massen schwenkten Fahnen, skandierten Parolen wie „Für Russland. Für den Sieg“, feierten jenen Mann, der das Land seit dem Jahr 2000 (mit Unterbrechung von 2008 bis 2012) führt – und mit dem Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 in einen erbarmungslosen Krieg gestürzt hat.

Weniger euphorisch war offenbar die Technik eingestellt – sie war laut offizieller Erklärung jedenfalls der Grund, warum es bei der Ausstrahlung der Show im russischen Staatsfernsehen zu einem plötzlichen Schnitt kam und Putin nicht mehr im Bild zu sehen war.

Krieg in der Ukraine und drohende Katastrophe in Mariupol

Unterdessen gehen die Gefechte in der Ukraine unvermindert weiter. Nahe Lwiw schlugen am Morgen offenbar mehrere Raketen ein, die das Flughafengelände der westukrainischen Großstadt trafen, es sollen Rauch und Feuer zu sehen gewesen sein. Ersten Angaben zufolge kamen keine Menschen zu Schaden. Lwiw liegt nur rund 80 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt.

Ungleich dramatischer ist die Lage weiter östlich in der umkämpften Stadt Mariupol. Nach Aussage Russlands haben dessen Truppen und verbündete Separatisten den Belagerungsring um den Ort mittlerweile enger gezogen. Nachdem bereits rund 30.000 Zivilisten fliehen konnten, wird geschätzt, dass immer noch über 300.000 Menschen in Mariupol ausharren.

Der Stadt droht ein humanitäres Desaster, weil Wasser, Medikamente und Nahrung zunehmend knapp werden. Zudem wird von großflächiger Zerstörung gesprochen, was oft auch durch Bilder untermauert ist.

So wurden unter anderem Fotos der Trümmer des Stadttheaters verbreitet, das von einer Explosion erschüttert wurde. Im Schutzraum sollen nach verschiedenen Quellen bis zu 1.300 Menschen Zuflucht gesucht haben, nur wenige wurden bisher gerettet.

Viele Angaben lassen sich in der aktuellen Lage nicht unabhängig prüfen, weil nur noch wenig ausländische Reporter vor Ort sind. In einigen Fällen ist eine Verifizierung von Video- und Bildmaterial jedoch möglich. Nach Angaben des Stadtrats von Mariupol sollen dort inzwischen 80 % des Wohnungsbestandes zerstört sein.

Krisentelefonie und kein Ende – über 200.000 Menschen vor Putins Bomben nach Deutschland geflüchtet

International wird weiter um eine Lösung des Konflikts gerungen. Bundeskanzler Olaf Scholz (63) telefonierte erneut mit dem russischen Präsidenten und forderte ihn zu einer Waffenruhe auf, auch müsse die humanitäre Situation dringend verbessert werden. Putin dagegen soll der Ukraine vorgeworfen haben, eine Einigung durch „unrealistische Vorschläge“ zu torpedieren.

Zudem telefonierten auch US-Präsident Joe Biden (79) und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping (68) miteinander. Laut chinesischen Staatsmedien habe Xi auf eine Konfliktlösung gedrängt.

Parallel zum Ukraine-Krieg wird derzeit zwischen Unterhändlern beider Seiten über eine Einigung verhandelt. Russland fordert zentral unter anderem einen neutralen Status der Ukraine ein, was eine bisher angestrebte NATO-Mitgliedschaft ausschließen würde.

In Deutschland sind mittlerweile offiziell rund 200.000 geflüchtete Menschen aus der Ukraine angekommen. Da die Zahl nur die von der Bundespolizei und anderen Behörden registrierten Personen erfasst, dürfte ihre reale Nummer noch sehr weit darüber liegen.

Den Neuankömmlingen soll ein schneller Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem sowie zum Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik ermöglicht werden. Das Innenministerium hat eine dreisprachige Internetseite mit wichtigen Infos geschaltet.

Hier geht es zum aktuellen Liveticker der ARD zum Krieg in der Ukraine.

Trotz aller Neuinfektionen: Sonntag fallen viele Schutzmaßnahmen

Kriegsbedingt unter dem Radar der Wahrnehmung hat die Virusvariante namens „Deltakron“ in den letzten Wochen wieder für einen deutlichen Anstieg der Corona-Infektionszahlen gesorgt. Da wirkt das Signal der Politik geradezu anachronistisch: Mit der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes hat die Bundesregierung den Weg für weitreichende Lockerungen freigemacht.

Ab Sonntag, den 20. März, werden die bundesweiten Schutzmaßnahmen auf eine überschaubare Zahl von Vorschriften zurechtgestutzt, vielfach soll demnach die Maskenpflicht fallen, ebenso die Testpflicht.

Das neue Gesetz wurde am Freitag durch den Bundestag mit 364 Stimmen beschlossen, 277 Abgeordnete sprachen sich dagegen aus, zwei enthielten sich. Auch der Bundesrat hat bereits zugestimmt.

Bundesländer setzen Anti-Corona-Kurs fort

Die Impfpflicht ist nicht Teil des neuen Regelwerks, das nun bis Herbstbeginn (23. September) gelten soll. Die Bundesländer hatten sich angesichts der zunehmenden Zahl an Neuansteckungen teils äußerst verärgert gezeigt und bereits signalisiert, bis 2. April geltende Übergangsfristen zur Verordnung eigener Maßnahmen nutzen zu wollen. Danach können die Länder in Eigenregie durch Maßnahmen einschreiten, wenn sich neue Corona-Hotspots auftun.

SPD und Grüne wären vor ihrem Regierungspartner FDP eingeknickt – diesen Vorwurf mussten sich die Berliner Koalitionäre vielfach anhören.

Die Bundesregierung hatte diese Kritik zurückgewiesen und unter anderem argumentiert, dass derzeit keine Überlastung der Kliniken – bisher zentrale Rechtfertigung für Einschränkungen des Alltagslebens in der Pandemie – drohe.

Kirche in Krisenzeiten, Buchstadt Leipzig und der Traum vom Westen

Worüber die LZ heute berichtet hat: Der ehemalige Thomaskirchen-Pfarrer Christian Wolff schreibt im Gastbeitrag über sein Metier in Zeiten der Krise. Der Stadtrat tagte zum Thema Listenverfahren bei der LWB und Ralf JUlke beschäftigt sich mit der Buchstadt Leipzig. Außerdem reden wir über ein Infoterminal zur (Neu)Entdeckung des Leipziger Auwalds, einen verlorenen Ort der lokalen Frauenbewegung und einen Roman, der den Traum von einem Leben im „reichen“ Westen aufgreift.

Was sonst noch wichtig war: Drei russische Kosmonauten sind inmitten der erbitterten Konfrontation ihres Staates mit dem Westen zur internationalen Raumstation ISS gestartet. Der irdische Krieg Russlands gegen die Ukraine stellt auch die Kooperation in der Raumfahrt mit den USA vor eine Zerreißprobe.

Bücherentzug? Nicht mit uns!

Was am Wochenende wichtig wird: Der Absage der traditionellen Leipziger Buchmesse wegen der Pandemie setzt eine Gruppe von Veranstaltern, darunter auch die LZ, ein eigenes Format mit dem Namen weiter:lesen entgegen. Unter anderem der Krieg Russlands gegen die Ukraine wird im umfangreichen Wochenendprogramm auch thematisiert.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne) reist am Wochenende nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Dabei dürfte es um die Gewinnung neuer Gaslieferanten gehen, denn unabhängig davon, wann der Krieg Russlands gegen die Ukraine endet, werden die Karten auf dem Energiemarkt schon jetzt neu gemischt. Dass auch seine Gastgeberländer am Wochenende nicht gerade Vorbilder in der Menschenrechtslage sind, dürfte sicher noch für manche Kritik sorgen.

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