Der Krieg in der Ukraine ist nach gut vier Wochen nicht weniger grausam und brutal, scheint derzeit aber festzustecken, ohne dass die russische Streitkraft in nennenswertem Maß vorankommt. Während die ukrainische Staatsführung Kompromissbereitschaft nach Moskau signalisiert, zeichnet sich ein Ende nach wie vor nicht ab und auch in Deutschland kommen nach wie vor zahlreiche geflüchtete Menschen an.

Online-Hassnachrichten standen am Dienstag in Fokus von Razzien in 13 Bundesländern, darunter Sachsen. Hier sollen ab April die Corona-Beschränkungen weitgehend fallen. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 22. März 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Quo vadis, Ukraine?

Mit dem Einmarsch ihrer Streitmacht in die Ukraine lösten Russlands Präsident Wladimir Putin (69) und seine Getreuen am 24. Februar 2022 weltweit Zorn und Bestürzung aus. Gut vier Wochen danach steht fest, dass sich das Kalkül einer schnellen Annexion der Ukraine für die russische Führung als Illusion erwiesen hat.

Zwar meldete das russische Militär am Dienstagmorgen ein Vorrücken im Osten der Ukraine – unabhängig prüfen lässt sich diese Angabe nicht – doch selbst ein minimaler Geländegewinn würde am Gesamtbild nichts ändern.

Und der ist alles andere als schmeichelhaft: Eine richtige Strategie könne er nicht erkennen, der russische Angriffskrieg sei logistisch fehlerhaft geplant, sagte General a.D. Roland Kather im Interview mit der „Welt.“ Andere Experten teilen diese Einschätzung.

Doch das Leiden vor allem der Zivilbevölkerung schmälert das nicht. Nach Angaben der Ukraine wurden am Montagabend fünf Menschen bei einem russischen Angriff in der Kleinstadt Awdijiwka im Osten des Landes getötet.

Insgesamt wurden in dem Konflikt nach Angaben der UN bereits mehr als 2.500 Zivilisten getötet oder verletzt, die tatsächliche Zahl dürfte die Zählung übersteigen. In mehreren umkämpften Städten, darunter Cherson im Süden des Landes, drohen Versorgungslücken mit Nahrung, Wasser und Medikamenten. Auch in Mariupol harren weiterhin tausende Menschen aus.

Hier geht es zum Liveticker der ARD über Entwicklungen im Ukraine-Krieg.

Vermittlung durch den Papst?

Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj (44) hat sich einsichtig der Tatsache, dass die NATO aus Angst vor einer Ausweitung des Krieges nicht direkt eingreifen will, erneut offen für Gespräche mit Russland gezeigt.

Für eine Waffenruhe, einen Rückzug russischer Truppen und Sicherheitsgarantien wäre er bereit, von einer künftigen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine Abstand zu nehmen, sagte er im ukrainischen Fernsehen. Als Vermittler brachte Selenskyj Papst Franziskus (85) ins Spiel.

Unterhändler beider Seiten verhandeln seit kurz nach Kriegsbeginn über eine Lösung des Konflikts. Doch inwieweit der Kreml aktuell überhaupt zu einem Deal mit Kiew bereit ist, da sind sich Expertinnen und Experten uneins. Manche sehen die Friedensverhandlungen nur als Alibi-Show Moskaus.

Fest steht: Ein direktes Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen hat Putin bisher abgelehnt und der Ukraine vorgeworfen, sie ließe keinen wirklichen Willen erkennen.

232.000 Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland – offiziell

Unterdessen sind nach Aussage des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mehr als 3,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet, die meisten ins benachbarte Polen. Doch auch in Deutschland steigt die Zahl der Kriegsflüchtlinge weiter mit jedem Tag, derzeit liegt sie bei rund 232.000 – und das sind lediglich die von der Bundespolizei gezählten Personen. Hier bleibt die Situation weiter höchst dynamisch und kann sich rasch ändern.

Auch die Stadt Leipzig hat bislang mehrere tausend Menschen aus der Ukraine aufgenommen, die dem Krieg in ihrer Heimat entkommen sind. Wer sich für die Betroffenen engagieren möchte, bekommt ab sofort Hilfe und Unterstützung durch einen neuen Anlaufpunkt, den die Stadt Leipzig am Burgplatz eingerichtet hat.

Hass-Postings: Polizeibesuch in 13 Bundesländern

In 13 Bundesländern, darunter Sachsen und Thüringen, gingen Polizeibehörden am Dienstag mit Razzien gegen Hass-Nachrichten im Internet vor. Hintergrund sind potenziell strafbare Postings in sozialen Netzwerken im Kontext der Bundestagswahl 2021, im Visier stehen bundesweit etwa 100 Verdächtige. Die Verantwortung liegt bei den Staatsanwaltschaften der jeweiligen Länder.

In Sachsen wurden demnach Gebäude unter anderem in Leipzig, Dresden, Chemnitz, Zittau und Johanngeorgenstadt durchsucht, 18 Personen gelten als verdächtig. Bei den Maßnahmen geht es um Beleidigungen und Drohungen gegen Vertreter aller im Bundestag präsenten Parteien.

Seit 2021 stellt ein Gesetz Beleidigungen, Bedrohungen und üble Nachrede gegenüber Politikerinnen und Politikern unter Strafe. Ob diese auf Kommunal-, Landes- oder Bundesebene aktiv sind, spielt keine Rolle.

Der Countdown läuft: Sachsen lässt fast alle Corona-Maßnahmen fallen

Die Corona-Schutzmaßnahmen in Sachsen werden ab 3. April massiv heruntergefahren. Das teilte Sozialministerin Petra Köpping (63, SPD) am Dienstag auf einer Pressekonferenz mit. Ab diesem Zeitpunkt gelten im Freistaat dann nur noch sogenannte Basisschutzmaßnahmen, die vor allem die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen bedeuten. Zudem bleibt dort eine Testpflicht bestehen. Letzteres gilt auch für Schulen.

Wegen des kürzlich durch die Bundesregierung modifizierten Infektionsschutzgesetzes können einzelne Bundesländer zwar weiterhin in Eigenregie strengere Maßnahmen gegen die Pandemie beschließen. Voraussetzung dafür ist aber die Feststellung der pandemischen Lage, die im Freistaat – zumindest momentan – nicht gegeben sei.

Auch die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag hat sich dagegen ausgesprochen, denn trotz steigender Ansteckungszahlen lasse sich momentan keine Überlastung des Gesundheitswesens erkennen.

Allerdings möchte die sächsische Regierung nach eigenem Bekunden weiterhin in die Impfkampagne investieren und ruft Bürgerinnen und Bürger dazu auf, privaten Umgang mit anderen weiterhin einzuschränken und etwa Sicherheitsabstände einzuhalten. Man setze auf die Eigenverantwortung.

Verpasste Sternstunde, Stadtrat und ein hochpolitisches Buch

Worüber die LZ heute berichtet hat: Es hätte eine Sternstunde des Parlaments werden können, die Rede des ukrainischen Präsidenten im Bundestag – doch stattdessen lauter verpasste Gelegenheiten, beklagt Thomaskirchenpfarrer i.R. Christan Wolff in seinem Gastkommentar.

Der Leipziger Stadtrat war unterdessen erneut sehr aktiv und debattierte über die Shakespearestraße im Süden (hier und hier), Fragen des Tierschutzes und ein mögliches Sportmuseum. Unser Redakteur Ralf Julke hat sich zudem ein hochpolitisches Buch der Autorin Nora Bossing zu Gemüte geführt – seinen Eindruck gibt es hier.

Kremlkritiker erneut verurteilt und Dreiertreffen in Nahost

Was heute sonst noch wichtig war: Ein russisches Gericht hat den inhaftierten Kreml- und Putinkritiker Alexej Nawalny (45) nach einem umstrittenen Prozess zu weiteren neun Jahren Straflager und einer Zahlung von umgerechnet 8.200 Euro verurteilt.

Neue Allianzen: Der Krieg in der Ukraine, dessen mittel- und langfristige Konsequenzen bisher allenfalls bedingt abschätzbar sind, mischt auch die Karten in der regionalen Weltpolitik neu.

Dass Armut in Kombination mit explodierenden Energie- und Lebensmittelkosten gelinde gesagt nicht gerade ein Stabilitätsfaktor ist, wissen Ägyptens autokratischer Präsident Abdel Fatrah al-Sisi (67), Israels Regierungschef Naftali Bennett (49) und Muhammad bin Zayid (61), Kronprinz der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), wohl nur zu gut. Das Trio traf sich zu Beratungen im ägyptischen Scharm El-Scheich. Israel hatte erst vor kurzem diplomatische Beziehungen zu den VAE aufgenommen.

Steigende Brotpreise als Auslöser hatten schon 2011 zum „Arabischen Frühling“ beigetragen – und ein ähnliches Szenario droht nun durch massive Lieferausfälle wegen des Krieges in Europa erneut.

Neue Registrierungsstelle für ukrainische Geflüchtete geht in Betrieb

Was morgen wichtig wird: Die Stadt Leipzig eröffnet ein weiteres Ankommenszentrum für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer, um den großen Andrang aufzufangen.

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