Ein AfD-Landtagsabgeordneter hat heute zur Demonstration vor dem Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin aufgerufen. Die Polizei verhinderte die Versammlung. Außerdem fand im Bundestag heute die Orientierungsdebatte zur allgemeinen Impfpflicht statt und in Connewitz wurden mehrere Wohnungen durchsucht. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 26. Januar 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Razzia in Connewitz

Der Tag begann mit Meldungen über eine Razzia im Leipziger Stadtteil Connewitz: Etwa 100 Einsatzkräfte des Landeskriminalamtes (LKA), der Polizeidirektion Leipzig und der Bereitschaftspolizei Sachsen durchsuchten ab 6 Uhr morgens mehrere Wohnungen in verschiedenen Gebäuden im Süden der Stadt.

Im Laufe des Vormittags veröffentlichte das LKA in einer Pressemitteilung die ersten, sehr spärlichen Informationen zu den Durchsuchungen. Wegen Tatvorwürfen der Strafvereitelung, Brandstiftung und Sachbeschädigung im Zusammenhang mit mutmaßlich politisch motivierten Straftaten hatten die Staatsanwaltschaften Dresden und Leipzig Durchsuchungen angeordnet. Alles weitere zu den Hintergründen ist hier auf L-IZ.de nachzulesen.

Für viel Diskussionsstoff unter Anwohner/-innen und Beobachter/-innen auf Twitter sorgte der Umstand, dass das Springer-Medium „Welt“ anderthalb Stunden nach Beginn der Razzia bereits sehr ausführlich über die Durchsuchungen und deren Hintergründe berichtete – zu diesem Zeitpunkt gab es weder eine offizielle Pressemitteilung der Behörden noch äußerten sich diese gegenüber Medien konkret zu den Gründen und Hintergründen der Maßnahme.

„Wenn eine Zeitung über die Hausdurchsuchung vorab mehr weiß, als die Betroffenen zum Zeitpunkt selber, dann bist du in Sachsen“, schrieb etwa Jürgen Kasek, Leipziger Stadtrat für Bündnis 90 / Die Grünen, auf Twitter. Er unterstellt der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, rechtswidrig Informationen an die „Welt“ durchgegeben zu haben.

Noch am Abend waren Polizeikräfte vor Ort in Connewitz.

Michael Freitag hat für die LZ über die heutige Razzia geschrieben und dabei die Schlagrichtung der Generalstaatsanwaltschaft erfahren. Es geht bei diesen Ermittlungen um Lina E.s Lebensgefährten Johann G. und angebliche Helfer bei seinem Untertauchen. Fast schon ein Running Gag für LZ-Leser/-innen dabei: auch Henry A. wird mal wieder beschuldigt.

Der Artikel wird fortlaufend ergänzt, sobald neue Informationen zur Bilanz der Durchsuchungsmaßnahme und etwaige neue Erkenntnisse für Ermittlungen bereitstehen.

AfD-Landtagsabgeordneter ruft zur Demo vor Köppings Privathaus auf

Vor dem Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) in Höfgen bei Grimma hat heute erneut eine Demonstration beziehungsweise der Versuch einer Demonstration stattgefunden. Dazu aufgerufen hatte unter anderem der AfD-Landtagsabgeordnete Jörg Dornau, der selbst vor Ort war.

Auf seinem Telegram-Kanal postete Dornau ein Foto aus Höfgen. Darauf zu sehen ist der AfD-Politiker selbst mit zwei weiteren Männern, neben ihnen ein mit einem Plakat bespannten Wagen. „Impfzwang ist Körperverletzung“ ist dem Plakat zu entnehmen. Im Hintergrund sind ein Polizeiwagen und zwei Beamte zu sehen.

„Gegen die Zwangsimpfung!“, schrieb Dornau unter das am späten Nachmittag veröffentlichte Foto. „Frau Köpping (SED/SPD) stoppen Sie diesen Wahnsinn. Pflegenotstand und Spaltung verhindern“, hieß es auf Dornaus Telegramkanal weiter.

Laut dem Innenministerium verhinderte die Polizei vor Ort eine Demonstration vor Köppings Privathaus. Neben dem Landtagsabgeordneten Dornau hatte laut dem Innenministerium ein weiteres AfD-Mitglied zu der Versammlung aufgerufen.

Sachsens Innenminister Roland Wöller bezeichnete den Vorfall heute als das „Überschreiten einer roten Linie“. Nach dem heutigen Demonstrationsversuch zeige sich einmal mehr, dass die AfD nicht davor zurückschrecke, Politiker/-innen gezielt einzuschüchtern und zu bedrohen. „Die AfD ist ein maßgeblicher Brandbeschleuniger der Radikalisierung und versucht, unsere Demokratie von innen heraus zu zerstören“, erklärte Wöller heute. Er fordert die AfD auf, sich bei Köpping zu entschuldigen und sich von Jörg Dornau zu distanzieren.

Solidaritätsbekundungen und Ruf nach Ahndung

Kurz nachdem der Vorfall heute öffentlich wurde, verurteilten zahlreiche Politiker/-innen und Journalist/-innen den Demonstrationsversuch in den Sozialen Medien. Dabei wurden Forderungen laut, Verantwortliche rechtlich zu belangen. „Das ist inakzeptabel und gehört geahndet“, schrieb etwa Franziska Schubert, Grünen-Landtagsabgeordnete, auf Twitter.

Martin Dulig (SPD), sächsischer Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident, wiederholte auf Twitter Wöllers Worte: „Die AfD zeigt immer mehr, dass sie Brandbeschleuniger der Coronastimmung ist“, schrieb Dulig. Er bezeichnete den Vorfall als Einschüchterungsversuch, der „inakzeptabel und abscheulich“ sei. Auch er fordert die AfD auf, sich im Parlament bei Köpping zu entschuldigen.

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben mehrere Demonstrationen vor den Privatwohnungen sächsischer Regierungsvertreter/-innen stattgefunden. Zuletzt zogen Anfang Dezember etwa 30 Personen mit Fackeln vor das Haus der Gesundheitsministerin. Auch das Privathaus von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im ostsächsischen Großschönau wurde schon von wütenden Bürger/-innen aufgesucht.

Orientierungsdebatte zur allgemeinen Impfpflicht im Bundestag

Derweil lief im Reichstagsgebäude in Berlin heute die erste Debatte zur allgemeinen Impfpflicht in Deutschland. Wolfgang Kubicki (FDP), Vizepräsident des deutschen Bundestags, warnte in seiner Rede vor einer „Politisierung“ der Impfung.

Von einem „Akt der Solidarität“ zu sprechen, suggeriere, dass die Impfung vor allem auch andere vor einer Infektion schütze. Dass der Fremdschutz durch eine Impfung kaum mehr gegeben sei, argumentierte Kubicki weiter, sei mittlerweile klar und müsse bei der Debatte um eine Impfpflicht einbezogen werden.

Es gebe vielfältige „psychologische und religiöse“ Gründe, eine Impfung abzulehnen. „Es gibt gute Gründe für eine Impfung, die für eine Impfflicht aber überzeugen mich nicht“, erklärte Kubicki. Paula Piechotta, die nach der Bundestagswahl im September für die sächsischen Grünen in den Bundestag eingezogen ist, wies in ihrer Rede heute auf die unterschiedlichen Perspektiven auf die Corona-Pandemie hin, die verschiedene Abgeordnete mit in die Debatte brächten.

Schleswig-Holstein (Kubickis Wahlkreis ist Steinburg-Dithmarschen Süd) sei ein Land, das immer ziemlich gut durch die Pandemie gekommen sei und eine vergleichsweise hohe Impfquote habe, betonte Piechotta, die heute das erste Mal im Bundestag sprach. Sie verstehe, dass man mit diesem Hintergrund zu der Überzeugung kommen könne, dass es keine Impfflicht brauche.

Ihre Perspektive aus Sachsen sei eine ganz andere: Der Freistaat hat mit knapp über 60 Prozent die niedrigste Impfquote im bundesweiten Vergleich und die höchste Corona-Todesrate. Die niedrige Impfquote ist laut Piechotta ein Grund, weshalb es in Sachsen in den letzten Monaten vergleichsweise harte Corona-Maßnahmen gegeben habe.

Piechotta warb bezüglich einer möglichen Impfpflicht in ihrer Rede für eine Regelung, „die für alle Bundesländer funktioniert“. Bevor Piechotta in den Bundestag einzog, arbeitete die 35-Jährige als Fachärztin für Radiologie am Universitätsklinikum Leipzig.

Rund 1.000 Menschen demonstrieren in Berlin gegen Impfpflicht

Während die Abgeordneten im Bundestag debattierten, demonstrierten rund 1.000 Menschen in Berlin gegen eine Impfpflicht, darunter holocaustrelativierende, verschwörungsmythische und rechtsextreme Stimmen.

Unter anderem nahmen Mitglieder der rechtsextremen Splitterpartei „Der III. Weg“ und der „Patriotic Opposition Europe“ an der nicht angemeldeten Demonstration teil.

Auch mehrere AfD-Bundestagsabgeordnete ließen sich bei der Versammlung blicken, beispielsweise Dirk Spaniel, Christian Baum, Petr Bystron und Hannes Gnauck.

Torgau und Borna: Parteibüros von Grünen und Linken beschädigt

In Torgau (Landkreis Nordsachsen) und Borna (Landkreis Leipzig) beschädigten Unbekannte Parteibüros der Grünen beziehungsweise der Linkspartei. Der Torgauer Vorfall ereignete sich laut Polizei im Zeitraum zwischen Dienstagabend und Mittwochvormittag. Unbekannte warfen einen Stein gegen ein Fenster eines grünen Abgeordnetenbüros, woraufhin die Scheibe beschädigt wurde. Die Polizei beziffert den Sachschaden auf einen mittleren dreistelligen Betrag.

In Borna klebten Unbekannte laut Polizei „coronakritische Aufkleber“ an die Fensterscheiben der Linken-Kreisgeschäftsstelle Westsachsen in der Rossmarktschen Straße. In beiden Fällen ermittelt die  Polizei nun wegen Sachbeschädigung.

Leipzig ist „Host Town“ bei den Special Olympics 2023

Leipzig hat den Zuschlag für das Begleitprogramm der Special Olympics 2023 in Berlin erhalten. Das verkündete die Stadt heute, nachdem sie den Bescheid der Organisator/-innen erhalten hatte. Die Special Olympics sind die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit geistiger Behinderung und Mehrfachbehinderung. Sie darf als einzige nicht-olympische Organisation den Titel „Olympics“ weltweit gebrauchen und ist vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannt.

Die Special Olympics 2023 finden an vier Juni-Tagen statt. Leipzig wird als sogenannte „Host Town“ (dt. „Gastgeberstadt“) einer von 216 Standorten sein, an denen Athlet/-innen und deren Angehörige untergebracht werden. In den „Host Towns“ sollen durch die Kooperation inklusive Strukturen etabliert und gestärkt werden.

Die Grüne Fraktion im Leipziger Stadtrat hatte die Bewerbung Leipzigs bei den Special Olympics auf den Weg gebracht. Monika Lazar, Grünen-Stadträtin, bezeichnete die Beteiligung Leipzigs an den Special Olympics heute als Chance, mehr Menschen mit geistiger Beeinträchtigung das Sporttreiben zu erleichtern.

Holocaust-Gedenktag steht bevor

Worüber die LZ heute außerdem berichtet hat: wie bereits erwähnt über die Razzia in Connewitz, über eine Anfrage der Grünen im Leipziger Stadtrat bezüglich Schottergärten, über eine Anfrage der SPD im Leipziger Stadtrat zu der Zukunft des Leipziger S-Bahn-Systems und über den Baustart einer neuen Schwimmhalle an der Eisenbahnstraße

Was heute sonst noch wichtig war: Wie mehrere Medien heute berichteten, hat sich die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht mit dem Coronavirus infiziert. Sie ist laut eigener Aussage nicht geimpft und argumentiert seit Monaten öffentlich gegen die Impfung. Eine Einladung in die ARD-Talkshow von Sandra Maischberger musste Wagenknecht aufgrund ihres positiven PCR-Tests heute absagen.

Was morgen wichtig wird: Am 27. Januar wird der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus begangen. Die sächsische Staatsministerin Barbara Klepsch (CDU) wird beispielsweise morgen an einem stillen Gedenken der Stiftung Sächsische Gedenkstätten in Torgau teilnehmen. Mit einer Kranzniederlegung soll den Opfern der NS-Militärjustiz gedacht werden. Im sogenannten „Dritten Reich“ befanden sich in Torgau zwei große Militärgefängnisse der Nazis, Fort Zinna und Brückenkopf.

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