Schwerste Vorwürfe treffen einen 83-jährigen Rentner, der sich seit Donnerstag vor dem Leipziger Landgericht verantworten muss: Der alte Mann soll seine Ehefrau im Juni dieses Jahres mit einem Kissen erstickt haben – und das aus purer Eifersucht. Zum Prozessauftakt bestritt der Angeklagte die Tat allerdings und schilderte, wie er den Tod seiner Frau erlebt habe.

Zumindest nach außen wirkte Herrmann G. gefasst, als Justizwachtmeister ihn am Donnerstagmorgen aus der Untersuchungshaft in den großen Saal des Leipziger Landgerichts brachten. Die Anklagebehörde wirft dem 83-jährigen Mann vor, seiner ein Jahr jüngeren Ehefrau Frieda am Morgen des 4. Juni 2021 kurz vor sechs Uhr in der gemeinsamen Oschatzer Wohnung ein Kissen auf ihr Gesicht gedrückt zu haben, sodass die 82-Jährige qualvoll erstickte.

Dabei habe er aus purer Eifersucht gehandelt: „Weil er davon überzeugt war, dass Frieda G. ein Verhältnis mit dem Nachbarn hatte“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Jakob. Für die vermeintliche Liebelei, die es offenbar jedoch nie gab, habe Herrmann G. seine Gattin bestrafen wollen.

Angeklagter: Ich habe kein Kissen in der Hand gehabt

Trotz einer Ankündigung seines Verteidigers Ralf H. Schröper, vorerst keine Angaben zum Tatvorwurf zu machen, wollte Herrmann G. dann doch aussagen. Dabei stritt er den Vorwurf des Mordes ab: „Ich habe zu der Zeit, wo meine Frau verstorben ist, kein Kissen in der Hand gehabt“, beteuerte der frühere LPG-Kraftfahrer.

Zuletzt sei er seiner Frau nachts um drei Uhr auf dem Weg zur Toilette begegnet, als diese gerade aus dem Badezimmer zurückkam. Nichts sei anders als sonst gewesen. Am frühen Morgen, so Herrmann G., stand er um 5:30 Uhr auf, setzte sich zunächst zum Fernsehen ins Wohnzimmer und bereitete dann das Frühstück vor.

Herrmann G. wird in den Verhandlungssaal geführt. Foto: Lucas Böhme
Herrmann G. wird in den Verhandlungssaal geführt. Foto: Lucas Böhme

Als er zum Ehebett ging, habe er Frieda G. dort in unnatürlicher Haltung vorgefunden und sie habe sich nicht mehr bewegt. „Sie war ganz kalt“, so der 83-Jährige. Daraufhin habe er seine Schwiegertochter alarmiert, die ein Stockwerk über dem betagten Paar wohnte. Beide waren 63 Jahre lang verheiratet.

Herrmann G. soll schon einmal versucht haben, seine Frau zu ersticken

Auf den Hinweis des Vorsitzenden Richters Hans Weiß, dass seine Frau durch Ersticken zu Tode kam, beharrte Herrmann G. weiter darauf: „Ich habe sie nicht erstickt.“ Eine Erklärung für ihren Tod konnte oder wollte er nicht nennen.

Freimütig gab der Senior allerdings seine Eifersucht zu. Schon vor einigen Jahren hatte er Frieda G. im Verdacht, dass sie ein Verhältnis mit dem Nachbarn habe. Sie habe ihm immer erklärt, dies sei nicht wahr. Zudem soll der Rentner bereits einmal versucht haben, seine Frau mit Kissen und Decke zu ersticken. Der mutmaßliche Vorfall liegt schon mehrere Jahre zurück, Frieda G. habe sich damals aber befreien können, sagte Zeugin Sigrun B. (56), eine Tochter des Paares. Sie habe von ihrer Mutter selbst davon erfahren.

Ihr Bruder und dessen Ehefrau hätten seinerzeit zugesagt, sich um die Sache zu kümmern. Der nun Angeklagte habe versprochen, es passiere nicht wieder. Herrmann G. selbst dagegen bestritt das Geschehen auf Nachfrage: Es stimme nicht.

Angeklagter spricht von möglichem Kuckuckskind

Während des Prozesses zeigte er sich äußerlich meist gefasst und bekundete sogar den konkreten Verdacht, eine seiner Töchter stamme womöglich gar nicht von ihm, sondern sei als „Kuckuckskind“ entstanden, während er bei der Armee zur Reserve war. „Das geht aber keinen was an und das ist mein letztes Wort dazu!“, rief der greise Mann sichtlich aufgebracht in den Gerichtssaal.

Nach seiner Festnahme war Herrmann G. zunächst am 6. Juni ins Krankenhaus Altscherbitz gekommen, seit 10. September sitzt er regulär in der JVA Leipzig.

Prozess unter Corona-Bedingungen

Wegen der sich verschärfenden Corona-Situation findet der Prozess unter erhöhten Sicherheitsbestimmungen statt, die Zuschauerplätze im Gerichtssaal sind stark limitiert und es besteht Maskenpflicht. Zudem musste eine Richterin der Strafkammer kurzfristig in häusliche Quarantäne und wird nun durch eine Kollegin vertreten.

Für die Verhandlung, in der auch noch ein psychiatrisches Gutachten über Herrmann G. erwartet wird, sind derzeit drei weitere Termine bis 26. November angesetzt.

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