Wie geht es weiter mit der Pandemie? In Sachsen explodieren die Infektionszahlen in einem Ausmaß, dass selbst die Ausrufung des Katastrophenfalls nun nicht mehr ausgeschlossen scheint. In dieser Krisensituation wurde heute deutschlandweit an mehreren Unikliniken, so auch in Leipzig, die Arbeit niedergelegt, um für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen zu demonstrieren. Unterdessen wird politisch weiter um eine Lösung des Grenzkonflikts zwischen Polen und Belarus gerungen – nach wie vor sitzen tausende geflüchtete Menschen auf belarussischer Seite fest und hoffen auf Einlass in die EU. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 16. November 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Dramatische Coronalage in Sachsen
Angesichts geradezu explodierender Ansteckungszahlen mit COVID-19 in Sachsen könnte bereits zum Ende dieser Woche offiziell die Überlastung des Gesundheitssystems im Freistaat erreicht sein. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (63, SPD) hatte bereits am gestrigen Montag verlautbart, in Kürze mit der Ausrufung dieses Zustands zu rechnen.
Wie das Regierungskabinett in Dresden am Dienstag informierte, soll bereits ab kommendem Montag eine neue Corona-Schutzverordnung für Sachsen in Kraft treten. Demnach hätten nur noch Geimpfte und Genesene Zugang zu Geschäften des Einzelhandels (2G-Regel), Ausnahmen gelten lediglich für den Lebensmittelverkauf sowie Drogerien und Apotheken.
Bereits Montag soll in #Sachsen eine neue #Corona-Schutzverordnung mit verschärften #Regeln gelten. Dann soll laut der neuen #Verordnung ab Montag die #2G-Regel für den #Einzelhandel gelten, für Veranstaltungen gilt dann #2G+. #CoronaSNhttps://t.co/YPZyJvLmSt
— MDR SACHSEN (@MDR_SN) November 16, 2021
Wer eine größere Veranstaltung in einem geschlossenen Raum besuchen will, muss unter der neuen Verordnung neben dem Impf- oder Genesungsnachweis auch einen aktuellen Negativtest vorlegen (2G+Regel), zudem würden zusätzlich Maskenpflicht, Abstandsregeln und eine Begrenzung der Besucherzahl greifen.
Alle Neuregelungen sind hier ausführlich beschrieben auf L-IZ.de zu finden.
Zankapfel Weihnachtsmarkt: Leipzig ohne Glühwein
Zudem ist auch eine generelle Testpflicht für Besucherinnen und Besucher sowie die Belegschaft in Kliniken und Altersheimen geplant. Ferner soll an Schulen dreimal pro Woche getestet werden. Ein explizites Verbot von Weihnachtsmärkten ist auch im neuen Erlass nicht zu finden. Hier wird allerdings eine Ausweitung der 2G-Regel in sogenannten Verweilbereichen vorgeschrieben.
Zuletzt hatte unter anderem Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (46, CDU) an die Kommunen appelliert, auf die Weihnachtsmärkte ganz zu verzichten. Offenbar mit wenig Erfolg – obwohl von den großen Ansammlungen und dem Gedränge eine erhebliche Infektionsgefahr ausgehen dürfte. Auch in Leipzig soll die beliebte Tradition nach der coronabedingten Absage 2020 nun wieder aufgenommen werden – jedoch wird es auf den Weihnachtsbuden rund um den Markt keinen Alkoholausschank geben.
Sachsen vermeldet mit Stand Dienstagmittag 5.801 Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag, die 7-Tage-Inzidenz ist von 754 (Montag) auf fast 760 geklettert. Besonders dramatisch ist die Lage in den Landkreisen Meißen, Bautzen sowie Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, wo die 1000er-Inzidenz bereits gerissen worden ist. Die Bettenbelegung in den Kliniken hat bereits kritische Werte erreicht. Eine Entspannung der Situation zeichnet sich aktuell nicht ab.
Kritik und Streit: Ampelkoalition plant 3G-Regeln in Bus und Bahn
Vielmehr scheint selbst ein neuer Lockdown in Sachsen nicht mehr ausgeschlossen – oder gar die Ausrufung des Katastrophenfalls. Würde das, was im Freistaat Bayern bereits geschah, auch in Sachsen Realität, würden Behördenentscheidungen wesentlich schneller und gebündelter erfolgen können, um der Lage Herr zu werden.
Unterdessen plant die wahrscheinlich nächste Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP bereits die Einführung der 3G-Regel im Nah- und Fernverkehr, laut der nur noch Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete eine Beförderung in Anspruch nehmen könnten.
Skeptiker sehen die Pläne der „Ampel-Koalition“ allerdings als rechtlich problematisch und nicht durchsetzbar an. Aktuell streiten Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft sowie Bundespolizei, wer überhaupt für Kontrollen zuständig wäre.
Streiks an Hochschulen und Uniklinik
Während der sich zuspitzenden Krise an Sachsens Krankenhäusern wurden heute mehrere Unikliniken bestreikt – so auch in Leipzig, wo rund 150 Beschäftigte die Arbeit niederlegten und für bessere Arbeitsbedingungen sowie eine zusätzliche Pauschalbezahlung im Monat demonstrierten.
Neben dem zusätzlichen Geld tritt das durch die Coronakrise massiv belastete Klinikpersonal auch für Änderungen im Tarifvertrag ein. Zum Streik hatte die Gewerkschaft ver.di aufgerufen. Laut deren Aussage war zuvor in mehreren Verhandlungsrunden für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ein neues Angebot ausgeblieben.
Auch an den Hochschulfakultäten waren Beschäftigte heute zum Streik aufgerufen, unter anderem soll auf prekäre Arbeitsverhältnisse im akademischen Betrieb aufmerksam gemacht werden.
Eine neue Verhandlungsrunde ist Ende November angesetzt.
Video: LZ
Polen geht mit Wasserwerfern gegen Migranten und Geflüchtete vor
Blicken wir noch ein Stück weiter weg – genauer gesagt, an die polnisch-belarussische Grenze, wo seit mehreren Tagen tausende geflüchteter Menschen aus Krisenregionen, vor allem aus Nahost, festsitzen – und das bei Temperaturen, die nachts unter 0 Grad fallen und auch tagsüber nicht weit über den Gefrierpunkt kommen. Mehrere Geflüchtete kamen im bewaldeten Grenzgebiet bereits ums Leben.
Dramatische Lage an der Grenze zwischen Polen und Belarus https://t.co/8wBN0G7Wtc #Polen #Migration #Hilfsorganisationen
— tagesschau (@tagesschau) November 16, 2021
Hier zeigen Bilder vom Dienstag, wie polnische Sicherheitskräfte mit Wasserwerfern gegen tausende Flüchtlinge und Migranten am Grenzübergang Kuznica-Brusgi vorgehen, um sie daran zu hindern, polnisches Staatsgebiet zu betreten. Nach Angaben Polens hätten sich die Wartenden aggressiv verhalten und Steine geworfen. Die Informationen lassen sich derzeit nicht unabhängig prüfen, da Polen auch Medienvertretern den Zugang ins Grenzgebiet verweigert.
Keine Lösung für die Menschen in Sicht
Seit Monaten schon provoziert der belarussische Langzeit-Machthaber Alexander Lukaschenko (67) mit einer gezielten Anlockung von Menschen aus Krisengebieten in Afrika und Nahost, die dann aus seinem Land gezielt Richtung EU geschleust werden – so jedenfalls der Vorwurf.
Die Aktion ist offenbar ein gezieltes Manöver, um sich für Sanktionen zu rächen, die nach der gefälschten Präsidentschaftswahl 2020 gegen das autoritäre Regime Lukaschenkos verhängt worden waren.
Der als „letzter Diktator Europas“ bezeichnete Autokrat, der auf die Schutzmacht Russland im Hintergrund zählen kann, baut offenbar darauf, dass sich die EU seit dem großen Zustrom geflüchteter Menschen der Jahre 2015/16 mit Bildern großer Trecks an den Außengrenzen unter Druck setzen lässt.
Eine ähnlich zynische Instrumentalisierung von Menschen für eigene Forderungen versuchten bereits der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan (67) im Frühjahr 2020 und die Regierung Marokkos erst in diesem Jahr in der Enklave Ceuta.
Scharfe Kritik an Merkels Telefonat mit Lukaschenko: Die Bundeskanzlerin habe damit den belarussischen Machthaber de-facto anerkannt und sich erpressbar gemacht, sagte der grüne Außenpolitiker @nouripour im Interview: 🎧https://t.co/wvYTX7RGvx
— MDR AKTUELL (@MDRAktuell) November 16, 2021
Doch eine Aufnahme der tausenden Menschen, von denen viele nach Deutschland wollen, zeichnet sich aktuell nicht ab. Während die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (67, CDU) zum Unmut mancher mit dem offiziell nicht anerkannten Machthaber in Minsk telefonierte, haben es sowohl Noch-Außenminister Heiko Maas (55, SPD) als auch der wahrscheinlich kommende Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) abgelehnt, die Geflüchteten in die Bundesrepublik zu holen.
Der Irak will schon in zwei Tagen einen ersten Evakuierungsflug starten, um gestrandete Landsleute zurückzuholen. Doch eine breite Lösung für die an der Grenze ausharrenden Menschen ist noch nicht in Sicht.
Worüber die LZ heute berichtet hat: Über Erfolge für eine deutsch-ägyptische Grabungskampagne und für Geschichtsfans einen historischen Online-Stadtplan von Leipzig. Außerdem geht es um den Drohnen-Einsatz der Stadt Leipzig, die Revitalisierung des Zschampert und eine Leipziger Kindheit in Buchform.
Was heute sonst noch wichtig war: Trotz inhaltlicher Differenzen soll die neue Bundesregierung aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen bis zur Nikolauswoche Anfang Dezember stehen – so jedenfalls der optimistische Zeitplan.
Was morgen wichtig wird: Der Buß- und Bettag, letzter Mittwoch vor dem kommenden Totensonntag und dem Ende des Kirchenjahrs, beschert vielen Menschen in Sachsen einen arbeitsfreien Tag mitten in der Woche. In allen anderen Bundesländern wurde dieser gesetzliche Feiertag übrigens bereits 1994 abgeschafft.
Für alle, die also freihaben, könnte der Tag mitten in Zeiten der Krise mal eine Gelegenheit zur Ruhe und zum Innehalten sein – unabhängig von persönlicher (Nicht)Religiosität.
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