Mehrere an die Öffentlichkeit gekommene antisemitische Vorfälle in zwei Tagen: Während die Aufarbeitung des Vorfalls im Leipziger Hotel Westin im Gange ist – mittlerweile wurden mehrere Anzeigen gestellt –, hat die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau über einen Vorfall vom Dienstag berichtet. Unbekannte haben antisemitische Sprüche an die Wände der Holzbaracken im ehemaligen NS-Vernichtungslager gesprüht. Außerdem ist ein Datenskandal am Magdeburger Uniklinikum ans Licht gekommen, der in Zusammenhang mit dem Überfall auf eine Prokuristin in Leipzig vor knapp zwei Jahren stehen soll. Und die „Rigaer 94“ in Berlin wurde erneut durchsucht. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 6. Oktober, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus passiert ist.

Antisemitismus-Vorwurf gegen Westin: Beschuldigter Mitarbeiter erstattet Anzeige

Gestern durchrüttelte der Antisemitismus-Vorwurf des jüdischen Rockmusikers Gil Ofarim gegen das Leipziger Westin-Hotel die lokale und überregionale Nachrichtenlage. Im Laufe des heutigen Tages kamen weitere Informationen, die mit dem Vorfall in Zusammenhang stehen, an die Oberfläche. Zum einen hat sich der Manager der Sängerin Patricia Kelly zu Wort gemeldet, wie queer.de berichtet.Piero Vecchioli erhebt ebenfalls Vorwürfe gegen das Hotel Westin, welche er schriftlich niederlegte: Im Juni vergangenen Jahres soll er auf seinem Hotelzimmer von einem Mitarbeiter homophob beleidigt und als „Drecks-Schwuchtel“ bezeichnet worden sein. Ob es sich dabei um denselben Mitarbeiter handelt, dem nun antisemitische Äußerungen vorgeworfen werden, ist unklar. Vecchioli berichtet von einem „Hotelmanager“ in seinem Fall.

Zum anderen liegen Polizei und Staatsanwaltschaft mittlerweile mehrere Anzeigen vor, die im Zusammenhang mit dem Vorfall am Montagabend im Hotel Westin stehen. Der Hotelmitarbeiter, der sich mit den Vorwürfen konfrontiert sieht, hat laut Polizei Anzeige wegen Verleumdung und Bedrohung erstattet. Zudem habe ein unbeteiligter Dritter eine Anzeige wegen Volksverhetzung eingereicht, diese dürfte sich gegen den Mitarbeiter des Westin richten.

Die Polizei bestätigte gegenüber LZ auf Nachfrage, das Überwachungsvideo des Hotels sichergestellt, aber noch nicht ausgewertet zu haben.

Antisemitischer Vandalismus in Auschwitz

Ein weiterer Antisemitismus-Vorfall wurde gestern bekannt. Spiegel-Berichten zufolge haben Unbekannte judenfeindliche Sprüche auf Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau in Polen geschrieben. Die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau veröffentlichte gestern Nachmittag ein englischsprachiges Statement auf Twitter, in dem es den Vorfall als „ungeheuerliche Attacke gegen das Symbol für eine der größten Tragödien in der Geschichte der Menschheit“ bezeichnete.

Der Vorfall soll sich am gestrigen Dienstag (5. Oktober) ereignet haben. Bei den Schmierereien handele es sich um Referenzen auf das Alte Testament, die häufig von Antisemit/-innen wiedergegeben würden, und Zeilen, die den Holocaust leugnen. Die Worte sollen auf Deutsch und Englisch auf neun Holzbaracken gesprüht worden sein.

Die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau hat laut eigener Aussage Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Derzeit wird Videomaterial von Überwachungskameras ausgewertet.

Datenskandal an Magdeburger Uniklinik im Zusammenhang mit Leipziger Angriff auf Prokuristin 2019

Im November 2019 drangen Unbekannte in die Leipziger Wohnung einer Mitarbeiterin eines Immobilienunternehmens ein, schlugen auf die Frau ein und flüchteten anschließend. Nun, fast zwei Jahre nach dem Vorfall, hat das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) einen ersten Ermittlungserfolg erzielt.

Wie die „Volksstimme“ berichtet, wurde eine Mitarbeiterin des Uniklinikums Magdeburg vom Dienst suspendiert, weil sie sensible „Adress- und Meldedaten“ auf der Arbeit abgerufen und weitergegeben haben soll. Der Fall soll in Zusammenhang mit dem Angriff auf die Prokuristin stehen – in welchem konkret, ist bisher nicht bekannt. Die Mitarbeiterin soll unter anderem persönliche Daten von AfD-Politiker/-innen „an die linksextremistische Szene weitergegeben haben“.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen des Datenlecks am Magdeburger Uniklinikum eingeleitet.

Erneute Durchsuchung in „Rigaer 94“

In Berlin haben über 300 Polizeikräfte heute erneut die sogenannte „Rigaer 94“ durchsucht. Das teilbesetzte Haus in Friedrichshain steht seit Jahren im medialen Fokus, da dort immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Polizei, Behörden und Besetzer/-innen stattfinden. Die heutige Durchsuchung habe auf Antrag des Hauseigentümers stattgefunden, so berichtet es RBB. Ein richterlicher Beschluss lag vor.

Bei der Hausdurchsuchung wurden die Personalien von 26 mutmaßlichen Bewohner/-innen in insgesamt 24 Wohnungen festgestellt. Einige Personen sollen der Polizei den Zutritt verweigert haben. Der Twitter-Account „rigaer94“ schrieb, dass die Beamt/-innen Privaträume durchsuchten, obwohl der Gerichtsbeschluss dies eindeutig untersage.

In einem ersten auf ihrer Website veröffentlichten Statement schrieben die Bewohner/-innen, dass bei der Durchsuchung Türen zerstört und Putz abgeschlagen wurde. Zudem sollen die Polizeikräfte Zeichnungen von Grundrissen gemacht und bauliche Veränderungen seit der letzten Durchsuchung dokumentiert haben.

Laut dem Beschluss sei das Ziel der Durchsuchung die Vorbereitung von Räumungsklagen gegen alle besetzten Räume oder im Hinterhaus gemietete Wohnungen, so die Besetzer/-innen. „Jedoch gibt es keinen Zweifel, dass die Durchsuchung angesetzt ist, um die rebellischen Strukturen eine Woche vor der Räumung des Köpi-Wagenplatzes zu schwächen.“

Beim „Köpi-Wagenplatz“ handelt es sich um einen Wagenplatz in der Köpenicker Straße in Berlin, der laut richterlichem Beschluss vom Juni geräumt werden muss. Die taz hat dazu ausführlich recherchiert.

Seit heute wieder 3G-Regel für Innenbereiche

Worüber die LZ heute berichtet hat: Über ein Generationen-Café, das im Leipziger Osten entsteht, über den Bericht des sächsischen Verfassungsschutzes für das Jahr 2020, der nun mehr als neun Monate nach Jahresende vorgestellt wurde, und erneut über den geflüchteten Mann, dessen Bein bei einem Polizeieinsatz Ende 2019 in Dölzig gebrochen war.

Was heute sonst noch wichtig war: Seit heute gelten in Leipzig wieder verschärfte Corona-Maßnahmen. Konkret ist die 3G-Regelung seit heute wieder in Kraft. Das heißt, dass nur nachweislich Geimpfte, Genesene und Getestete in viele Bereiche Einlass bekommen dürfen, zum Beispiel in der Innengastronomie, Hallenbädern und Veranstaltungsräumen. Hintergrund ist, dass die Sieben-Tage-Inzidenz für Leipzig erneut fünf Tage in Folge über 35 lag.

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