In der Martinstraße 13 im Leipziger Osten eröffnet demnächst das Café Lux, das Generationen zusammenbringen und für Austausch im Kiez sorgen will. Bei Kaffee und Kuchen, Bingo-Treff, Lese-Abend oder Konzerten möchten Nina Grote, Freya Endrullis und Arne Ehrnstorfer einen Raum für Begegnung schaffen, der keine Altersbegrenzung kennt.
Nur wenige BerĂĽhrungspunkte
Wenn Jung und Alt aufeinandertreffen, kann es schnell zu Konflikten kommen: Die einen schimpfen auf „die Jugend von heute“, die anderen stören sich an den Geschichten der „Ewig-Gestrigen“, die manchmal alles besser zu wissen scheinen. Wer sich aber die Zeit nimmt und sich aufeinander einlässt, merkt vor allem eins: Es gibt vieles, das man voneinander lernen kann. Nicht jede/-r von uns hat im Alltag viel zu tun mit Menschen, die sich außerhalb der eigenen „Alters-Blase“ befinden. Gerade Begegnungen mit Senior/-innen finden für viele – wenn nicht gerade in der Arbeit – ausschließlich im Familienverband statt. Sowohl Jung als auch Alt bleibt zum Großteil unter sich.
Dabei gibt es viele Gemeinsamkeiten – und sei es die Vorliebe für Kuchen: „Uns ist aufgefallen, dass die Generationen heutzutage nur wenige Berührungspunkte haben. Oftmals sind ältere Menschen in Café-Konzepten auch gar nicht vorgesehen“, kritisiert Nina. Die Idee zum Generationen-Café hatte die 30-Jährige bereits seit einigen Jahren im Kopf. In ihrem Bundesfreiwilligendienst beim BUND Leipzig lernte sie Freya kennen, die schnell begeistert war von Ninas Konzept.
Die beiden jungen Frauen starteten eine Ausschreibung und fanden schließlich im Februar 2020 mit Arne zusammen. Von da an begann die Suche nach einer geeigneten Immobilie im Leipziger Osten. Alle drei wohnen in der Gegend und waren sich einig, dass das Café hier im Kiez sein Zuhause haben sollte.
„Es gibt in der Gegend nicht viele Orte zum Zusammenkommen – gerade für ältere Menschen. Wir stehen seit längerem im Kontakt mit dem Senior/-innenbüro auf der Eisenbahnstraße. Auch von dieser Seite wurde uns signalisiert, dass der Bedarf besteht“, erzählt Nina. „Es wird viel getan für jüngere Menschen, für Student/-innen. Senior/-innen stehen im Gegensatz dazu oft ein wenig am Rand. Viele wohnen allein und haben außerhalb des Supermarkt-Besuchs nur noch wenig Kontakt zu anderen, das wollen wir ändern.“
Mehr Barrierefreiheit, weniger Englisch
Seit Monaten werkelt, malert und verkostet das Trio in Vorbereitung auf die Eröffnung ihres Cafés. Bis dahin gibt es noch einiges zu tun – besonderen Wert legen die drei auf eine helle, freundliche Gestaltung der Räume und barrierefreie Zugänge zu jedem Bereich. Denn schon eine kleine Stufe am Eingang kann für Hemmungen sorgen, die dem Besuch im Café um die Ecke für ältere oder bewegungseingeschränkte Menschen im Weg stehen.
Um deren Wünsche und Anliegen zu erfassen, haben die drei im Vorfeld eine Umfrage im nahe gelegenen Senior/-innenheim durchgeführt. „Es sind teilweise kleine Details, an die man vielleicht selbst nicht unbedingt denkt“, erzählt Nina. „Das beginnt bei der Musikauswahl oder der Art der Speisen und geht weiter damit, dass das Menü nicht mit englischen Begriffen gespickt sein sollte, die für ältere Generationen nicht verständlich sind.“ Aus diesem Gedanken heraus entstand auch der Name des Cafés: „Lux“ ist kurz, lässt sich leicht aussprechen und gut merken.
Beim Speisenangebot achten die drei außerdem auf die Verwendung regionaler Produkte für saisonale Küche. Obst und Gemüse beispielsweise soll vom Biohof in Rochlitz kommen, das Brot vom Bäcker um die Ecke. Außerdem wird der Großteil der Speisen vegan sein. „Vor allem der Kuchen wird ohne tierische Produkte gebacken werden. Das wollen wir gern weiter normalisieren. Dafür sollen vor allem traditionelle Rezepte, wie Blechkuchen oder Donauwelle, vegan umgewandelt werden“, erklärt Freya das Küchenkonzept. Unterstützung beim Backen, Kochen und für Kaffeekreationen erhalten sie von Freund/-innen und Bekannten.
Abgesehen vom kulinarischen Menü sollen aber auch Events, wie Musik- oder Spielnachmittage, die Menschen ins Café locken und zusammenbringen. Themen über den Kuchentellerrand hinaus gibt es zumindest unzählige.
Arne sieht gerade in den gemeinsamen Aktionen die Schnittpunkte, die den Austausch erleichtern: „Ich könnte mir vorstellen, dass man viele der älteren Menschen über die Veranstaltungen begeistern kann. Zeitzeugen-Gespräche zu organisieren wäre beispielsweise toll. Es ist wichtig, Erfahrungen weiterzugeben über Zeiten, in denen wir Jüngere noch nicht gelebt haben. Solche Erlebnisse geraten sonst irgendwann einfach in Vergessenheit.“
Im hinteren Bereich des Cafés wird außerdem ein Co-Workingspace entstehen, der an Abenden ebenso für Vorträge, Veranstaltungen oder Vereinstreffen genutzt werden kann. Auch dient das Café gleichzeitig als Ausstellungsraum für lokale Künstler/-innen.
Los geht’s im Oktober, wer neugierig geworden ist, wird unter instagram/luxleipzig mit regelmäßigen Updates versorgt.
„Das Alter ist auch nur eine Zahl: Im Leipziger Osten entsteht ein Generationen-Café“ erschien erstmals am 1. Oktober 2021 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 95 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafĂĽr.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Es gibt 2 Kommentare
Guter Einwand mit der Nachkriegszeit. Zu DDR-Zeiten hat man sich auch mal nen Rasenmäher geteilt, oder den Wohnwagen vom Arbeitskollegen mit genutzt, der ĂĽber die Ferien eh schon am See stand. Mangel macht “öko”, ganz ohne englische “-ing” Wortfärberei 🙂
Das mit vegan und Co, man sieht es auch am Stil des Insta-Accounts, ist halt deren Art. Aber ich wĂĽrde es eher als Angebot sehen denn als Erziehungsversuch. Dass wenig Englisch in der Speisekarte steht, ist doch auch eine gute Idee um auf das Zielpublikum zuzugehen.
Die Idee ist sehr gut. Aber warum will man wieder hier als Erzieher auftreten, und die älteren MitbĂĽrger “normalisieren” und Ihnen beibringen, wie man sich richtig vegan ernährt. Geht das nicht auch ohne? So bliebt wieder der fade Beigeschmack einer Erziehung von oben herab, einer Beeinflussung von Menschen mit den “aktuellen ” Themen. Ich drĂĽcke trotzdem die Daumen.
Übrigens, nach dem Krieg haben sich viele Menschen ohne Fleisch ernährt..