Nach einem mutmaßlichen Mordanschlag auf den Investigativjournalisten Peter Rudolf de Vries am Dienstagabend stehen die Niederlande unter Schock, heute trudelten internationale Reaktionen ein. Im Zusammenhang mit der Tat fanden bereits Hausdurchsuchungen statt, zwei Tatverdächtige sind in Haft. In Leipzig haben OB Burkhard Jung und die Fraktionsvorsitzenden heute eine Flagge gehisst, die ein Zeichen gegen Atomwaffen setzen soll. Und das LKA sucht nach Zeug/-innen, die am Montag einen Angriff auf mutmaßliche Neonazis beobachtet haben, nachdem diese sich homofeindlich geäußert hatten. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 7. Juli 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Anschlag auf niederländischen Investigativjournalisten
In den späten Abendstunden des Dienstags kamen die ersten Meldungen: Der niederländische Journalist Peter Rudolf de Vries wurde gestern Opfer eines Mordanschlags. Wie der Spiegel berichtet, schoss ein Unbekannter mehrmals auf den 64-Jährigen und verletzte ihn dabei lebensgefährlich. Die Tat ereignete sich mitten in Amsterdam. De Vries hatte gerade das Produktionsgebäude eines Fernsehsenders verlassen und war auf dem Weg ins Parkhaus.
Nach aktuellem Kenntnisstand kämpft der Journalist im Krankenhaus um sein Leben.Peter Rudolf de Vries ist einer der bekanntesten Journalist/-innen in den Niederlanden und ist vor allem mit seinen investigativen Recherchen zu Verbrechen bekanntgeworden. Für seine Arbeit hat er bereits mehrere Preise erhalten, unter anderem wurde er 2008 mit dem Emmy Award geehrt. In den 80ern wurde de Vries international bekannt, nachdem er ein Buch über die Entführung des Bierbrauers Freddy Heineken veröffentlicht hatte.
Internationale Reaktionen zu Tat
Im Laufe des heutigen Tages äußerten sich zahlreiche Politiker/-innen und NGOs zu dem Vorfall. Der niederländische König Willem-Alexander und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte bezeichneten die Schüsse auf de Vries als „Anschlag auf den Journalismus“. Auch die Bundesregierung verurteilte die Tat heute und sprach de Vries und seinen Angehörigen ihr Mitleid aus.
Der Deutsche Journalisten-Verband zeigte sich schockiert über die Tat und forderte eine lückenlose Aufklärung. Dasselbe forderte „Reporter ohne Grenzen“.
Wir sind schockiert über den Mordanschlag auf den niederländischen Journalisten Peter R. de Vries gestern in #Amsterdam. Viel Kraft für @PeterRdeV und seine Familie. Dieser Angriff muss lückenlos aufgeklärt werden! #deVries #Niederlande #Pressefreiheit
PM: https://t.co/DqjXUrPsW2 pic.twitter.com/Itao95zege— Journalisten-Verband (DJV) @DJV@federated.press (@DJVde) July 7, 2021
Die niederländische Polizei hat drei Tatverdächtige festgenommen, von denen einer wieder freigelassen wurde. Die beiden anderen befanden sich in einem Fluchtwagen auf der A4, als sie gefasst wurden. Im Zusammenhang mit der Tat durchsuchten die Beamt/-innen Wohnungen in drei niederländischen Städten.
Peter Rudolf de Vries stand zuletzt in engem Kontakt mit dem Kronzeugen Nabil B., der in einem großen Bandenprozess (der sogenannte Marengo-Prozess) gegen den mutmaßlichen Drogenboss Ridouan Taghi aussagte. Der Investigativjournalist ist das dritte Opfer aus dem Umfeld des Kronzeugen: 2018 wurde dessen Bruder erschossen, 2019 sein Anwalt. Vermutlich handelt es sich bei den Taten um Auftragsmorde.
Leipzig hisst Flagge gegen Atomwaffen
In Leipzig wurde heute Nachmittag eine grün-weiße Flagge vor dem Neuen Rathaus gehisst. Die Flagge zeigt eine weiße Friedenstaube auf grünem Hintergrund und trägt die Aufschrift „Bürgermeister für den Frieden“. Die Stadt Leipzig beteiligte sich mit der Aktion am heutigen Flaggentag des internationalen Städtenetzwerks „Mayors for Peace“, dem rund 8.000 Städte in 164 Staaten angehören.
Das internationale Bündnis „Mayors for Peace“ entstand 1982 auf Initiative des damaligen Bürgermeisters von Hiroshima, Takeshi Araki, gegründet. Hauptzweck des Netzwerks ist es, für eine Welt ohne Atomwaffen einzustehen. Mit dem jährlich begangenen Flaggentag soll der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki gedacht werden. Leipzig ist eine von 600 Städten und Gemeinden in Deutschland, die sich an „Mayors for Peace“ beteiligen.
Rechtsextreme nach homofeindlichen Äußerungen tätlich angegriffen
Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen veröffentlichte heute einen Zeug/-innenaufruf im Zusammenhang mit einem Vorfall am Montag auf der Karl-Liebknecht-Straße. Laut LKA äußerten sich zwei Mitte 40 Jahre alte Männer, die aufgrund „szenetypischer Bekleidung augenscheinlich der rechten Szene zuzuordnen“ seien, homophob über Gäste in einem Pub. Daraufhin forderte das Personal die beiden Männer auf, das Lokal zu verlassen.
Kurze Zeit später griffen laut LKA mehrere vermummte Personen die beiden mutmaßlichen Neonazis beim Einsteigen in ein Taxi an. Dabei wurde einer der Männer im Gesicht verletzt und musste laut Pressemitteilung des LKA notärztlich versorgt werden. Das LKA sucht nun Zeug/-innen, die Aussagen zu den Angreifer/-innen machen können.
Die Ermittlungen in dem Fall hat das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) des Landeskriminalamts übernommen, da „eine politische Motivation für die Tat nicht ausgeschlossen werden kann“.
2020 deutlich weniger Verkehrsunfälle
Worüber die LZ heute berichtet hat: Heute begann am Landgericht Leipzig ein Drogenprozess, der im Zusammenhang mit entschlüsselten Kriminellen-Chats steht. Außerdem porträtiert die LZ die Leipziger Judoka Marie Branser, die für die Demokratische Republik Kongo bei Olympia an den Start geht.
Und das städtische Ordnungsamt sieht offensichtlich keinen Grund, den Stadträt/-innen die Anweisungen zur Leipziger Abschlepppraxis zu zeigen.
Was heute außerdem wichtig war: Laut dem Statistischen Bundesamt wurden in Deutschland im Jahr 2020 rund 16 Prozent weniger Verkehrsunfälle im Vergleich zum Vorjahr 2019 registriert. Neben der Gesamtanzahl der Unfälle gingen auch die der Toten und Verletzten deutlich zurück.
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